Diese Folge der ZDF-Kinderserie „Löwenzahn” ist nicht nur etwas für die Jüngeren unter uns. Denn: Bärstadt bekommt eine neue Schule und alle können durch die Beteiligung an einem Ideenwettbewerb mitentscheiden, wie diese aussehen soll. Mehr dazu hier.
Löwenzahn und der Ideenwettbewerb in Bärstadt
„Wer hat am meisten Ahnung, was gut ist für die Kinder?“, fragt der listige Kontrahent des freundlichen Bauwagenbesitzers Fritz Fuchs am Ende der Episode Löwenzahn. „Na, die Kinder!“, antwortet diese ohne Zögern, während im Hintergrund Schüler*innen und Schuldirektorin ihren Entwurf für den Schulneubau feiern. Die Folge, die in der ZDFmediathek verfügbar ist, befasst sich auf amüsante Weise mit dem Architekt*innenberuf und dem Wesen von Ideenwettbewerben. Das Setting ist folgendes: In der Kleinstadt Bärstadt soll ein neues Schulgebäude errichtet werden. Die Direktorin ruft daraufhin einen offenen Ideenwettbewerb aus. Der gekürte Entwurf soll anschließend Realisierung finden. In der Folge treten zwei Bewerber*innenteams an. Der engstirnig und uninspiriert dargestellte Lehrer Herr Kluthe intrigiert dabei gegen das junge, kreative Trio um die Schüler*innen Emmy und Lou unter Beihilfe von Bauwagenbesitzer Fritz Fuchs. Als diese sich zur Teilnahme bewerben möchten, reagiert Lehrer Kluthe pikiert und hinterfragt, was ein Mann aus einem Bauwagen denn von Architektur verstehe. Die den Wettbewerb entscheidende Antwort: Fritz, Emmy und Lou haben Fantasie.
Vom Sinn und Zweck eines Bauwerks
So machen sich die drei munter ans Werk. Ihre erste Prämisse lautet dabei, dass der Neubau nicht langweilig werden solle. Daran schließen sich aber die ersten Schwierigkeiten an. Wie kann der Entwurf für eine unkonventionelle Schule im Detail aussehen? Eine Zwischensequenz in der Löwenzahn-Folge erklärt, wie wichtig bei der Gestaltungsfindung die Definition von Zweck und Aufgabe des geplanten Bauprojekts ist. Die Pyramiden des alten Ägyptens verfügen zum Beispiel weder über Fenster noch Türen. Als Grabstätten benötigen sie diese jedoch auch nicht. Und die Ritterburgen im Mittelalter sind unwirtlich mit hohen Zinnen und dicken Mauern. Kalt und dunkel im Inneren, aber standhaft nach außen. Die Schule soll nun also ein Platz zum Lernen und Entdecken sein. Emmy und Lou finden Inspiration in Fritz Fuchs‘ Bauwagen. Sie wünschen sich eine bunte Umgebung. Weiterhin erhoffen sie sich eine Verknüpfung mit der Natur. Und die Schaffung gemütlicher Orte. Gleichzeitig soll das Gebäude zweckmäßig sein.
Den Bestand achten und die Anforderungen erfüllen
Auf dem ausgeschriebenen Bauplatz für den Neubau steht ein alter, großer Baum. Die zu bebauende Fläche wird dadurch begrenzt. Aber auch hier findet das Team Inspiration in Vorbildern aus der Realität. Wenn der Platz zum Bauen immer kleiner wird, wachsen die Gebäude verdichtet in die Höhe. Um den Bestand zu achten, entwickeln sie die Idee eines Baumhauses. Schnell bringt sie das Raumprogramm jedoch auf den Boden der Tatsachen zurück. Nicht nur die Klassenzimmer, auch eine Aula, eine Mensa, ein Musikzimmer und eine Turnhalle sind unterzubringen. Der Baum auf dem Gelände kann diese Last unmöglich tragen. Doch der nächste Geistesblitz lässt nicht lange auf sich warten. Statt den Bestandsbaum als tragendes Element zu nutzen, entwerfen sie einen Bau in Form eines Baumes. Ein kreativer Einfall mit Potential. Bis der Konkurrent Kluthe auf das Reglement hinweist. Und die Zuschauer*innen von Löwenzahn lernen, dass die Leistung der Architekt*innen weit mehr beinhaltet als nur die schöne Idee.
Bauen in der realen Welt
Fluchtwege, die Feuerwehrzufahrt, Blitzschutz, Statik und Sicherheit sind zu beachten. Auch an die Unterbringung von Sanitäranlagen hat das junge Team bisher nicht gedacht. Plötzlich erscheint die Aufgabe gar nicht mehr so frei und einfach. So entwickeln Architekt*innen zwar räumliche Ideen am kleinen Modell. Details und Einzelheiten müssen jedoch präzise am Computer gezeichnet und geplant werden. Manche statischen Entscheidungen werden gar am Schütteltisch 1:1 überprüft, um Erdbebensicherheit zu garantieren. Die auf den Millimeter exakt gezeichneten, finalen Pläne sind elementar auf der Baustelle. Laut den Redakteur*innen der Serie hat die Devise, gut geplant ist halb gebaut, nicht von ungefähr ihre Berechtigung. Hinterfragt wird im Format aber die Einstellung des konkurrierenden Designers Herrn Kluthe. Sein Modell zeigt einen eckigen, grauen Bau. Mit der Begründung, nur eine ordentliche Schule bringe ordentliche Kinder hervor, will er den Entwurf durchsetzen. Glücklicherweise geben Emmy, Lou und Fritz in der Serie Löwenzahn aber noch nicht auf.
Offene Wettbewerbe zur Inklusion
Sie kreieren eine Vision, in der Kinder mit eigenen Augen und Ohren die Welt erkennen und entdecken sollen. Statt ewigen Sitzens im Klassenzimmer, fordern sie mobilen Unterricht unter freiem Himmel auf Terrassen. Dort angebautes Gemüse und Kräuter könnten in einer schuleigenen Gemeinschaftsküche verarbeitet werden. Ein Baumwipfelpfad und eine Sternwarte ergänzen das Programm. Und die überdachte Mensa würde bei gutem Wetter zum Freiluftatrium, indem das Glasdach abgenommen wird. In der Kinderserie wird der Entwurf trotz wiederholter Sabotage durch den Konkurrenten, prämiert. Und die Schuldirektorin sieht sich in der Ausrufung eines offenen Ideenwettbewerbs für den Neubau bestätigt. So zeigt die Löwenzahn-Folge auf einfache, aber charmante Art die Vorteile des Wettbewerbswesens und die Herangehensweisen im Architekturberuf. Die Erwiderung der Rektorin an den kritischen Kontrahenten am Ende ist eine Aufforderung, alle Akteur*innen – in diesem Falle, die Schüler*innen – zu beteiligen, denn: „Es wäre doch interessant zu sehen, wie Kinder selbst ihre Zukunft gestalten würden.“
Auch interessant: In der Märzausgabe 2022 der G+L diskutieren wir Lern- und Bildungsräume des 21. Jahrhunderts. Mehr zu den neusten Schulhöfen erfahren Sie im Editorial von Chefredakteurin Theresa Ramisch.