11.04.2014

Porträt

Nachruf auf Oscar Niemeyer

Kühn geschwungene Formen und elegante Betonkonstruktionen – damit verbindet man das Werk Oscar Niemeyers. Der große Meister brasilianischer Architektur starb am 5. Dezember, nur zehn Tage vor seinem 105. Geburtstag. Das Werk des in Rio des Janeiro aufgewachsenen Sohns eines deutschstämmigen Kaufmanns ist immens: Über 600 seiner Entwürfe wurden gebaut, hinzu kommen rund 20 Gebäude, die zurzeit realisiert werden. Es verwundert daher nicht, dass der Architekt in einem Interview anlässlich seines letzten Geburtstags den Enthusiasmus für die Architektur und sein Schaffen beteuerte. Schon der Beginn der beruflichen Karriere des Verehrers schöner Frauen und guter Zigarren war vielversprechend: Eines seiner ersten Bauten war das Ministerium für Bildung und Gesundheit, das er gemeinsam mit keinem geringeren als Le Corbusier – dessen Assistent er kurz nach Abschluss seines Studiums war – sowie seinen Landsmännern Lúcio Costa und Eduardo Reidy Ende der 1930er-Jahren in seiner Heimatstadt baute. Verantwortlich für die Gestaltung des Außenraums war der Studienfreund Roberto Burle Marx, mit dem Niemeyer in den folgenden Jahren mehrmals zusammen arbeitete.

Staatsbegräbnis für Oscar Niemeyer. Foto: Blog de Planalto/flickr.com
Parlamentsgebäude in Brasilia. Foto: Boris Storz
Präsidentensitz in Brasilia. Foto: Boris Storz
Verlagsgebäude Montadori in Mailand. Foto: Tristan Nitot/wikipedia.org
Museum für zeitgenössische Kunst in Rio de Janeiro. Foto: Boris Storz

Der eigentliche Durchbruch gelang dem Architekten zu Beginn der 1960er mit dem Bau der Regierungsgebäude für die in nur vier Jahren aus dem Boden gestampften Hauptstadt Brasília. Gemeinsam mit dem Stadtplaner Lúcio Costa entwickelte er hier eine den Prinzipien der Moderne folgende Stadt, die bis heute als Gesamtkunstwerk zu lesen ist 1987 von der Unesco zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt wurde. Doch auch außerhalb Brasiliens hinterließ Niemeyer seine Spuren: In Paris entstand die Zentrale der kommunistischen Partei, bei Mailand das Verlagsgebäude Mondadori oder im Berliner Hansaviertel das Interbau-Wohnhochhaus.

Die schönsten Gebäude stehen aber in seiner Heimat: Dort geht seine Interpretation der klassischen Moderne mit ihren weichen Linien in der üppigen Natur auf – so im Parque do Ibirapuera, wo die vor tropischen Regengüssen und sengender Sonne schützende, langgestreckte Dachkonstruktion weiß getüncht und mit kühnem Schwung die Besucher bis heute zu begeistern vermag.

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