Die Stadt Naumburg, Saale in Sachsen-Anhalt ist für ihren Dom „St. Peter und Paul“ bekannt. Zusammen mit seinem Umfeld ist er sogar Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Doch die Freiraumgestaltung ist in die Jahre gekommen und hält dem vorhandenen Nutzungsdruck kaum noch Stand. Deshalb lobte Naumburg einen einphasigen nichtoffenen Realisierungswettbewerb mit Ideenteil aus. Wer diesen für sich entscheiden konnte und wie die Umfeld-Neugestaltung aussehen wird, sehen Sie hier.
Historisches bewahren — Zukunft gestalten
2018 wurden der Dom und anliegende Gebäude im Ensemble in die UNESCO-Weltkulturerbe Liste aufgenommen. Drei Jahre später wies man auch die angrenzenden Platz- und Straßenräume als Denkmalbereich aus. Es hieß, sie seien von besonderer städtebaulicher, kulturell-künstlerischer und technisch-wirtschaftlicher Bedeutung. Naumburg gewann somit schnell an touristischer Anziehungskraft. Jetzt zählt der Naumburger Dom mit seinem Umfeld als einer der Höhepunkte entlang der „Straße der Romanik“. Dies bringt aber auch wachsende Ansprüche mit sich, wie steigende Besucherzahlen. Auf diese veränderten Rahmenbedingungen muss man nun gestalterisch reagieren.
Die „Umfeld-Neugestaltung für das UNESCO-Weltkulturerbe Naumburger Dom“ wurde dafür Teil des Bundesprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“. So kann die Stadt 600.000 Euro Fördermittel zur Vorbereitung und Realisierung des Projekts in Anspruch nehmen. Die Neugestaltung des Naumburger Domplatzes folgt dabei dem Motto „Historisches bewahren — Zukunft gestalten“. Oberbürgermeister Armin Müller (CDU) bezeichnet das Vorhaben als „Premium-Projekt, auch für uns als Stadtverwaltung“.
Interessenkonflikt um Naumburger Domplatz
Bereits vor zehn Jahren wollte man den Naumburger Domplatz umplanen. Dies scheiterte jedoch an einem Streit um die Beseitigung der Lindenallee. „Aus dem damaligen Prozess haben wir gelernt. Zum einen, dass eine frühzeitige Bürgerbeteiligung heutzutage selbstverständlich ist. Und auch das Thema Stadtklima hat natürlich enorm an Bedeutung gewonnen“, sagte Bau-Fachgebietsleiterin Ute Freund hierzu. Die Herausforderung des Projektes liegt also nicht allein im Denkmalschutz, sondern auch in der Vereinigung widersprüchlicher Nutzungsinteressen. Denn um den Naumburger Domplatz reihen sich mitunter eine Schule, eine Kita und Gastronomie.
Dieses Mal bezog Naumburg die Stadtgesellschaft mit Rundgängen und Workshops aktiv mit ein. So erarbeitete man gemeinsam die Vorgaben des Wettbewerbs. Ein Beispiel hierfür ist der Erhalt der Lindenallee und des Ekkehardbrunnens. Die Teilnehmenden waren dabei Personen aus der Kirchgemeinde, der Anrainer- und Bürgerschaft, des Inklusionsbeirats, der Politik und Wirtschaft sowie vieler weiterer Initiativen. Das Ziel war es, dass möglichst viele Interessen in den Arbeitsgruppen vertreten waren und diese den Wettbewerbsgewinn mittragen werden.
Historisches Stadtquartier mit Multifunktionalitätsanspruch
Heute ist der Naumburger Domplatz stark sanierungsbedürftig. Die Straßenführung bildet eine Zäsur und die vorhandenen Materialmixturen sind der Historie nicht würdig. Was müssen das Domumfeld und die Seitengassen also in Zukunft bieten?
Es braucht eine städtebaulich und gestalterisch hochwertige Umstrukturierung hin zu Multifunktionalität. Hier muss man Denkmalschutz und Barrierefreiheit, Autoverkehr und hochwertigen Aufenthaltsbereich vereinen. Aber auch der Umweltschutz — Stichwort Ökodienstleistungen und Ressourcenökonomie — spielt eine wichtige Rolle. Der Masterplan dient dabei als Grundlage für die langfristige und nachhaltige Entwicklung des Naumburger Domplatzes. Und nicht nur das. Es soll auch eine Initialzündung für das Stadtquartier und ganz Naumburg sein.
Die Preisträger
Das Preisgericht kürte UKL Ulrich Krüger Landschaftsarchitekten aus Dresden zum Sieger. Platz zwei ging an plandrei Landschaftsarchitektur aus Erfurt. Das Büro Levin Monsigny Landschaftsarchitekten aus Berlin erhielt den dritten Preis.
Ruhige Grundstruktur für Naumburger Domensemble
UKL setzt auf eine einheitliche und intuitive Formensprache für den Naumburger Domplatz. Zum einen wird der vorhandene Belagsmix reduziert. Die Randbereiche formuliert man dafür mit kleinteiligem Mosaikpflaster aus. Den Dom mit angrenzenden Platzbereichen bettet man in Kalksteinpflaster. Statt Borden grenzen Pflasterrinnen und taktile Leitsysteme die Beläge voneinander ab und stellen somit die Barrierefreiheit sicher. Dieses Belagssystem führt UKL auch bei den angrenzenden Gassen fort. Die Randbereiche des Platzteppichs werten lange Holzbänke auf, von denen man hervorragende Blickbeziehungen auf die UNSESCO-Anlage hat. Generell bringt man an prädestinierten Stellen unauffällig Fahrradbügel sowie Pkw-Stellplätze unter.
Zum anderen formuliert man die zwei Platzteile in ihrem jeweiligen Charakter stärker aus. Der östliche Bereich als „vorderer Domplatz“ bleibt dabei in seiner Struktur und Raumwirkung ähnlich. Der westliche Bereich dagegen unterliegt einer größeren Veränderung. Er soll das Umlaufen des Westchors ermöglichen. Man wird dabei durch den Domgarten, vorbei an einem Skulpturgarten und einem hübschen Café mit Sitzmöglichkeiten gelenkt. Den Endpunkt der Besichtungsreise des Naumburger Bauensembles markiert der „hintere Domplatz“. Der dort vorhandene Simsonbrunnen wird mit einem Fontänenfeld und Stufen neu in Szene gesetzt.
Ode an das Grün und die Geschichte
Auch die Grünflächen des Naumburger Domplatzes sind nun klar ablesbar. Im Nordwesten erhält man die zweireihige „historische Lindenallee Domlinden“. Der „vordere Domplatz“ wird durch zwei grüne Inseln belebt. Diese rahmen einmal den Ekkehardbrunnen mit Götterbaum und einmal die Friedenslinde. Die Bestandsbäume bleiben also raumprägend. Als südliche Begrenzung des „hinteren Domplatzes“ plant man eine Baumreihe. Die Baumartenwahl hat dabei einen historischen Bezug: die Kirsche greift die frühgotischen Bildhauerwerke des Westlettners auf. Auch die mit Wein berankte Pergola hat hier ihre Inspiration gefunden. Allgemein dienen die Grünflächen auch der Regenwasserableitung.
Nun müssen wir uns aber noch etwas gedulden. Die Neugestaltung des Naumburger Domplatzes wird voraussichtlich erst 2026 starten.