New York City sinkt – wie viele Städte – langsam ab. Doch das Gewicht der vielen Wolkenkratzer beschleunigt den Prozess in Manhattan. Was passiert in der Metropole und wie lässt sich das Sinken stoppen?
764 Millionen Tonnen bringen New York City zum Sinken
Der ansteigende Meeresspiegel ist für viele Städte eine schlechte Nachricht. So sinkt zum Beispiel die US-amerikanische Metropole New York City um etwa ein bis zwei Millimeter pro Jahr. Damit steigt das Überschwemmungsrisiko noch weiter. Entsprechend könnte die Stadt künftig deutlich mehr von Überflutungen betroffen sein. Die Kombination aus steigendem Meeresspiegel und sinkender Stadt ist fatal, und das Gewicht der vielen Wolkenkratzer in Manhattan verstärkt den Effekt.
Über eine Million Gebäude befinden sich in New York City. Vor allem die Wolkenkratzer sind sehr schwer mit 1,5 bis 2 Tonnen pro Kubikmeter. Zu den schwersten Gebäuden gehört das berühmte Empire State Building aus Stahl, Granit und Kalkstein mit rund 370 000 Tonnen. Auf Felsgestein ist das kein Problem, aber wenn ein Wolkenkratzer auf weicherem Untergrund in der Nähe der Küste steht, trägt er zum Sinken bei.
Laut Schätzungen einer Expertengruppe rund um den Geophysiker Tom Parsons, veröffentlicht im Fachjournal Earth’s Future, wiegen die Gebäude der Stadt etwa 764 Millionen Tonnen. Die verschiedenen und sehr diversen Oberflächenarten der Stadt verhalten sich bei Belastung unterschiedlich. Aber die lehmhaltigen Böden mit künstlichen Aufschüttungen, die etwa im Stadtteil Brooklyn verbreitet sind, geben bei Gewicht leicht nach. Das Absenkungspotenzial liegt bei Bebauung zwischen 7,5 und 60 Zentimeter – bei anderen Böden sind nur 6 bis 12 Zentimeter und bei Felsgestein nur 0,5 Zentimeter zu erwarten.
Lower Manhattan nur knapp über dem Meeresspiegel
Das wissenschaftliche Team warnt davor, zu sorglos mit der doppelten Bedrohung aus sinkendem Boden und steigendem Meeresspiegel umzugehen. Seit dem Jahr 1950 ist der Wasserspiegel an der Küste von New York um etwa 23 cm gestiegen. Und überhaupt ist das Risiko für einen steigenden Meeresspiegel an der Ostküste der USA besonders hoch.
Auch Hurrikans kommen hier häufig vor und können zu Überschwemmungen führen. Im Jahr 2021 zeigte der Hurrikan Ida zum Beispiel, dass die Abflusssysteme von New York City große Probleme damit hatten, die großen Wassermengen zu bewältigen. Wenn Gebäude zu häufig mit Salzwasser in Berührung kommen können Materialien wie Beton und Stahl schwächer werden.
Weitere Probleme in New York City sind laut der Studie mangelnde Standards für Überschwemmungsgebiete, zusätzliches Sinken durch Grundwasserentnahme und fehlende Sedimente im Hafen von New York. Letztere kamen früher vom East River und vom Harlem River und schützten die Stadt vor starken Nordostwinden und Wirbelstürmen.
Lower Manhattan ist besonders in Gefahr, da die Südspitze des zentralen, dicht bevölkerten Bezirks nur ein bis zwei Meter über dem Meeresspiegel liegt. Aber auch Staten Island, wo die Gebäudelast deutlich geringer ist, sinkt ab, was an der Bodenqualität und natürlichen Absenkungsprozessen liegt.
Weltweites Versinken in Städten
90 Prozent der Gebäude in New York City sind nicht für Überschwemmungen gebaut. Auch nach dem Wirbelsturm Sandy im Jahr 2012 erfolgte der Neuaufbau nicht nach den Standards für Überschwemmungsgebiete. Stattdessen sinkt die Stadt weiter und es scheint, als gäbe es noch keine innovativen Lösungen.
Ein Blick in andere Städte zeigt, dass New York nicht allein mit diesem Problem ist. Zum Beispiel sinkt auch Jakarta in Indonesien sehr schnell – deutlich schneller als der Meeresspiegel stieg. Teile der indonesischen Hauptstadt sinken mit einem Tempo von 2 bis 5 Zentimeter pro Jahr. Und Mexiko-Stadt ist zwar keine Küstenstadt, sinkt aber bis zu 50 Zentimeter pro Jahr aufgrund des weichen Erdbodens, da sich die Stadt auf einem früheren See befindet.
Der erste Effekt des Meeresspiegelanstiegs ist unter der Oberfläche zu beobachten. Denn die dort untergebrachten Versorgungslinien wie Kabel und Röhren sowie Fundamente leiden unter dem Salzwasser. Stürme und Fluten verschlimmern das Problem. Und mit zunehmender Urbanisierung steigt der Bedarf an Grundwasser, was dem Boden schadet und zum Absinken beitragen kann. Daher ist es sinnvoll, nachhaltigere Wege zu finden, den Wasserbedarf einer Stadt zu decken.
New York City muss für den steigenden Meeresspiegel planen
Was kann New York nun tun? Lösungsansätze für sinkende Städte hängen stets vom Kontext ab. Ein Ansatz besteht darin, einen Baustopp auszurufen, um das Sinken zumindest zu verlangsamen. Damit ist ein Baustopp auf weichem Untergrund gemeint. Stattdessen sollten neue Gebäude in New York City besser auf dem deutlich stabileren Felsboden gebaut werden.
Einige Städte haben Erfolg damit, die Wasserentnahme aus Grundwasser und Aquiferen zu verlangsamen. Die häufigste Lösung gegen den steigenden Meeresspiegel besteht jedoch darin, Barrieren zu bauen. In London gibt es zum Beispiel die Thames Barrier, die die Stadt bis mindestens 2040 vor Überflutungen von der Themse schützen soll. Venedig hat mit MOSE ein intelligentes Torsystem entworfen, das bei Hochwasser zugeht und so die Stadt vor Überflutungen schützt. Und Tokio arbeitet mit Betondeichen, Mauern, Abpumpstationen und Fluttoren sowie Frühwarnsystemen und Evakuierungsübungen.
New York City ist noch am Planen: 4 Milliarden Dollar (3,65 Milliarden Euro) sollen in Mauern, verbesserte Abflusssysteme und erhöhte Straßen investiert werden. Aber noch ist unklar, wann die Metropole anfängt, sich konkret mit dem drängenden Problem zu beschäftigen.
Übrigens: Lesen Sie im Stadtporträt mehr über New York City und seine fünf Stadtteile.