Die Debatte um den Wohnungsbau in Berlin ist heftiger geworden. Gerade rechtzeitig kommt da eine kluge Online-Ausstellung: www.draussen-im-zentrum.de.
Zur Eröffnung stellte Axel Klapka, Vorsitzender der Landesgruppe Berlin-Brandenburg des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten, die Frage, was auf dem Spiel stehe, wenn unter Zeitdruck gebaut werde. „Draußen: im Zentrum“ entführt in Wohnhöfe, Bauherrenprojekte, denkmalgeschützte Siedlungen, die heute noch am Stadtrand liegen, aber morgen vielleicht schon im Zentrum. 22 Beispiele aus 19 Berliner Büros stellen Philipp Sattler und Stefan Reimann vor. Statt Plakate wählten sie gemeinsam mit Grafiker Oliver Kleinschmidt eine Installation im Netz, ein dialogorientiertes, erweiterbares Format mit ästhetisch-programmatischem Ziel.
Von neu bis erneuert
Wohnumfeldverbesserung bedeute zu oft Verschlimmbesserung, sagt Stefan Reimann. Nämlich dann, wenn Landschaftsarchitekten nur nach Pflichtenhefte ausführen sollen, was längst vorgeschrieben ist: die Lage des Müllstellplatzes, die Regenwasserversickerung oder die Feuerwehrzufahrten. „Hier bei uns ist das Draußen eine Erweiterung des Drinnen“, verspricht er als Kurator. In drei Rubriken klicken sich Besucher durch Bildstrecken und kurze Texte. Unter „Neu erstellt“ geht es um visionäre Tatkraft beim neu Bauen, verwirklicht auf Konversionsbrachen oder der grünen Wiese, wo Landschaftsarchitekten aus dem Vollen schöpfen, zum Beispiel A24 Landschaftsarchitekten in der Kaserne „Estienne et Foch“ in Landau.
Unter „Frisch erweitert“ sammeln die Kuratoren Besonderes aus der kompletten Produkt-palette der Nachverdichtung im Bestand, von Dachgarten bis Spielplatz, entdeckt in Hamburg, Wiesbaden oder München. Im Gartenhof einer Baugemeinschaft in Berlin-Kreuzberg (Herrburg Landschaftsarchitekten) dominiert üppige Pflanzenpracht. Puristisch luftig dagegen wirkt ein Innenhof in Berlin-Köpenick (Hutterreimann Landschaft-sarchitekten), der nur drei-Zutaten hat: Rasen, Gleditsien und Bänke aus hellweißen Betonriegeln.
Wie verwandelbar Freiräume sind, zeigt „Rund erneuert“ anhand von Anlagen aus den 50er- bis 80er-Jahre und den berühmten Groß-Siedlungen der Moderne. Darunter ein Unesco-Welterbe, die Hufeisensiedlung in Berlin-Britz, von Henningsen Landschaftsarchitekten an die Ansprüche der Neuzeit angepasst. Noch unbekannt ist das Umfeld eines denkmalgeschützten Studentenwohnheim in Berlin-Charlottenburg. Dort zähmten K1 Landschaftsarchitekten die Vegetation, machten aus Trampelpfaden Wege, setzten Sitzstufen an Wälle, schufen kleine Beete für urbanes Gärtnern, stets die jungen Bewohner im Blick.
Inspiration erwünscht
Vermag die Ausstellung so zu inspirieren, dass mehr Bauherren mehr Projekte jenseits von Nullachtfünfzehn wollen? Zur Vernissage wurde das diskutiert mit Reiner Nagel, Bundesstiftung Baukultur und Stefan Schautes, Howoge Berlin. Letzterer versteckte sich nur zu gern hinter den in seinem städ-tischen Unternehmen noch üblichen, als qualitätssichernd geltenden Auswahlverfahren. Reiner Nagel will eine Qualitätsoffensive mit Forderungen nach mehr Geld verbinden, 30 Euro pro Quadratmeter im öffentlichen Raum reichten nicht. Was es für eine derartige Qualitätsoffensive braucht, steht übrigens im Essay zur Ausstellung unter dem schönen Titel „Draussen, 09-15“.