08.09.2022

Projekt

Playful Parklet in Melbourne

Spezial | Parklets
Vor blauem Himmel stapeln sich mehrer Paletten © Photo by Dylan Hunter on Unsplash
Das Playful Parklet will mehr als ein Palettenmöbel sein. Foto: Dylan Hunter via Unsplash

Forscher*innen der RMIT University, Melbourne, haben ein nicht-kommerzielles Parklet entwickelt, das einen Ort zum Spielen und für Begegnungen im öffentlichen Raum bieten soll – ein sogenanntes „playful parklet“. Ein solches Parklet wurde 2021/22 an verschiedenen Standorten in Melbourne, Australiens zweitgrößter Stadt, aufgestellt. Mehr zu der Idee und dem Konzept des „playful parklet“ sowie bisherigen Erkenntnissen der Forscher*innen lesen Sie hier.

Playful Parklets für Aufenthalt ohne Konsum

Parklets oder Schanigärten tauchten während der Pandemie allerorts auf. Durch sie konnten Restaurants im Außenbereich Flächen bestuhlen und Straßenräume umnutzen. Die Idee dahinter: wegfallender Innengastronomie und begrenzten Sitzplatzangeboten etwas entgegenstellen. Und so einen ökonomischen Verlust wettmachen. Für den öffentlichen Raum bedeutet es jedoch viel mehr, wenn Verkehrsräume bespielt werden. Flächen, die bisher meist PKWs vorbehalten waren, rücken plötzlich ins Nutzungsspektrum von Passant*innen. Allerdings bleibt diese Nutzung meist an Konsum gebunden. Das Parklet ist Besucher*innen des jeweiligen Restaurants vorbehalten. Diese Abhängigkeit löst ein Projekt der RMIT University auf. Die Forscher*innen aus Melbourne entwickelten das Playful Parklet. Sie installierten seit 2021 nicht-kommerzielle Parklets an mehreren Standorten im Stadtgebiet Melbournes. Damit schufen Sie einen Ort der Begegnung, der nicht mit Konsum einher geht. Vielmehr kreierten sie Stadträume, die zum Spielen und Verweilen einladen. Und das in Räumen, die bisher anders konnotiert waren.

Das Playful Parklet als Symbiose aus Theorie und Praxis

Das Projekt verbindet dabei Praxis und Theorie. Denn neben den Forscher*innen der RMIT University beteiligten sich Akteur*innen aus unterschiedlichen Sparten. Künstler*innen, Artist*innen und lokale Behörden realisierten das Projekt gemeinsam. Am Anfang stand die Idee, das traditionelle Gastro-Parklet in einen öffentlichen Raum umzuwandeln. Um dieses Ziel in die Praxis umzusetzen, begannen die Forscher*innen zunächst mit einer breiten Recherche. Zwischen Februar und Juni 2021 untersuchten sie insgesamt 594 Parklets in der gesamten Metropolregion Melbourne. Anschließend stand die tatsächliche Umsetzung der Playful Parklets in der Praxis an.

Realisierung im Stadtgebiet Stonnington

Im Dezember desselben Jahres trafen sich Verantwortliche des Playful Parklet Projekts mit Vertreter*innen des Stadtbezirks Stonnington. Während der Recherchearbeit ergab sich eine Zusammenarbeit von RMIT und dem Gemeinderat. Die Kooperation hielt für beide Seiten Vorteile bereit. So verpflichteten sich die Playful Parkelts Initiator*innen zum Beispiel dazu, das Parklet vor Ort auf- und wieder abzubauen. Weiterhin organisierten sie einen Veranstaltungsplan. Im Gegenzug kümmerte sich die City of Stonnington um gemeindeinterne Beschlüsse. Oder um die Kommunikation mit Betroffenen. Gemeinsam einigten sie sich auf die ersten Orte für Protoypen im Viertel. Sobald diese feststanden, begann die nächste Projektphase.

Zwei Personen zeichnen mit bunter Kreide auf der Straße © Photo by Dino Demopoulos on Unsplash
Kreidestifte ergänzen die Parklets. Foto: Dino Demopoulos via Unsplash

Weiterentwicklung des Standard-Parklets

Dafür trafen die Verantwortlichen parallel zum Location-Scouting bereits Vorkehrungen. Schon im November 2021 begann die Produktion der ersten Playful Parklets. Hierbei kooperierten die Forscher*innen der RMIT mit Greenevent. Das Unternehmen beschäftigt Gartenbauer*innen, Landschaftsgärtner*innen und Florist*innen. Und hatte zu Projektbeginn bereits Erfahrung in der Thematik. Weit über 200 Parklets realisierten sie in der Vergangenheit im Großraum Melbourne. Daraus resultierte ein Repertoire an Formen und Materialien, das sich in verschiedenen Bereichen etabliert hatte.  Das Standard Parklet ist zwölf Meter lang, fast zwei Meter breit und mit einem 80 Zentimeter hohen Zaun an drei Seiten gefasst. Für das Playful Parklet-Projekt nahmen die Beteiligten einige kleine Änderungen vor. So bauten sie zum Beispiel eine niedrige Bühne ein. Weiterhin ergänzten zwei Bänke den Aufbau. Schließlich integrierten sie außerdem einen kleinen Pflanzkasten. Die zusätzlichen Elemente entwarf das Forschungsteam der RMIT und stellte sie auch selbst in der Universitäts-Werkstatt her.

Das Playful Parklet als Anlaufpunkt im Viertel

Durch die zusätzlichen Elemente sollte das Nutzungsangebot der Parklets gegenüber der Standardausführung erweitert werden. Das Playful Parklet wird weiterhin zum gemeinsamen Essen genutzt. Darüber hinaus soll es jedoch noch viel mehr sein. Beispielsweise bietet das Parklet in seiner weiterentwickelten Form eine Bühne für Workshops. Zudem schafft es Raum für Live-Musik und Installationen. Je nach lokaler Gemeinschaft und Beteiligung, können sich unterschiedliche Aktivitäten vor Ort etablieren. Und tatsächlich entwickelten sich die Parklets je nach Umgebung weiter. An einem Standort wurde ein kleiner Bücherschrank aufgebaut. An anderer Stelle erweiterte sich das Sitzangebot durch Liegestühle. Wieder woanders ergänzten bald Brettspiele, Legosteine und Kreidemalstifte das Inventar. Der Anspruch an das Parklet ist durchaus ambitioniert. Die Hoffnung: Durch den mobilen Baukörper und die Aktivitäten könnten wichtige Funktionen in unterversorgten Vierteln übernommen werden. Die beobachteten Ergänzungen der Ausgangssituation gelten in dieser Hinsicht als Erfolg.

Erkenntnisse des Projekts

Neben vielen positiven Effekten, räumen die Forscher*innen auch manchen Missstand ein. Sie begleiteten den Prozess durch Online-Umfragen, sowie Beobachtungen und Interviews vor Ort. So konnten sie anhand der Prototypen allgemeine Erkenntnisse gewinnen. Und feststellen, wo Verbesserungsbedarf besteht. Beispielsweise beschreiben sie es als große Herausforderung, Passant*innen überhaupt zur Interaktion mit dem Playful Parklet zu animieren. Die physische Form, aber auch das Veranstaltungsprogramm seien dahingehend zu überarbeiten. Der Designprozess sei noch lange nicht abgeschlossen. Wobei es an mehreren Stellen einer Optimierung bedürfe. Ein großes Manko sahen sie dabei zum Beispiel in fehlendem Schutz vor Witterung. Auch die jeweilige Ausstattung könne noch verbessert werden.

Blick in die Zukunft

Nichtsdestotrotz sehen die Verantwortlichen das Playful Parklet-Projekt als Erfolg. Vor allem die Zusammenarbeit mit Akteur*innen aus unterschiedlichsten Bereichen ist gut gelungen. Auch die Reproduzierbarkeit und gewisse Einfachheit der Parklets als solche bietet ein tolles Potential für Städte. Je nach Standort und Kontext kann es auf die Anforderungen eines Viertels reagieren. Und somit eine qualitätsvolle Komponenten im öffentlichen Raum darstellen. Für die Forscher*innen und die Beteiligten liegt eine Fortführung des Projekts auf der Hand.

In Québec ließen sich die Planer*innen des Büros Quinzhee und von Atelier Mock/up von Reisterrassen inspirieren. Mehr zu dem Projekt lesen Sie hier.

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