09.06.2022

Aktuelles

Der Pritzker-Preis: ein Überblick

Eines der Projekte von Francis Kéré

Eines der Projekte von Francis Kéré

Alles, was Sie über den Pritzker-Preis und die Gewinner*innen dieses sowie der vergangenen Jahre wissen müssen.

Der Pritzker-Preis für Architektur ist ein internationaler Preis, der jedes Jahr an lebende Architekt*innen oder an eine Gruppe von Architekt*innen für bedeutende Leistungen verliehen wird. Die Familie Pritzker aus Chicago rief den Preis 1979 über ihre Hyatt Foundation ins Leben. Die Stiftung ist bis heute für die Verleihung der renommierten Auszeichnung verantwortlich.

Mit dem Pritzker-Preis sollen zeitgenössische Architekt*innen geehrt werden, „deren Bauwerke eine Kombination aus Talent, Vision sowie Engagement zeigen, die durch die Kunst der Architektur beständige und bedeutende Beiträge für die Menschheit und die gebaute Umwelt hervorgebracht haben“.

Die Auszeichnung besteht aus einer Bronzemedaille sowie einem Preisgeld von 100 000 USD. Sie wird im Rahmen einer Zeremonie an einem architektonisch bedeutenden Ort der Welt verliehen. Der Preis, der auch als Nobelpreis der Architektur bezeichnet wird, wird „ungeachtet der Nationalität, der Rasse, des Glaubens oder der Ideologie“ vergeben. Das dazugehörige Medaillon trägt eine lateinische Inschrift, die von dem antiken römischen Architekten Vitruv inspiriert ist: firmitas, utilitas, venustas (Festigkeit, Nutzen und Freude).

Derzeit ist Manuela Lucá-Dazio Exekutivdirektorin des Pritzker-Preises. Die Nominierungen stammen von Architekt*innen, Wissenschaftler*innen und Kritiker*innen. Sie müssen bis zum 1. November eingereicht werden. Die Jury besteht aus fünf bis neun Expert*innen.

Eines der Projekte von Francis Kéré
Eines der Projekte von Francis Kéré, die Lycée Schorge Secondary School. (Foto: Francis Kéré)

Der Pritzker-Preisträger 2022

Im Jahr 2022 wurde der Pritzker-Preis an Francis Kéré verliehen, der damit der erste afrikanische Architekt ist, der den Preis erhält. Kéré wurde in Burkina Faso geboren. Seine Arbeit wird weltweit hoch geschätzt. Er hat nicht nur in seinem Geburtsland, sondern auch in Afrika, Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika gearbeitet. Der 55-Jährige bezieht sich in seinen Werken oft auf seine Kindheit, die von einem starken Gemeinschaftssinn geprägt war. Nach seinem Studium in Deutschland erfüllte er sich einen seiner Träume und entwarf eine Grundschule für sein Heimatdorf Gando. Dies war sein erstes Gebäude, das 2001 fertiggestellt wurde. Viele weitere Gebäude folgten.

Laut dem Pritzker-Preis-Komitee sind dies die Fragen, die Francis Kéré in seinem Werk beantwortet. „Welche Rolle spielt die Architektur in einem Kontext extremer Knappheit? Was ist die richtige Herangehensweise an die Praxis, wenn man gegen alle Widrigkeiten arbeitet? Sollte sie bescheiden sein und riskieren, sich den widrigen Umständen zu beugen? Oder ist Bescheidenheit der einzige Weg, um sachdienlich zu sein und Ergebnisse zu erzielen? Sollte sie ehrgeizig sein, um Veränderungen anzuregen? Oder besteht die Gefahr, dass Ehrgeiz fehl am Platz ist und zu einer Architektur des bloßen Wunschdenkens führt?“

Der diesjährige Gewinner des Pritzker-Preis, Francis Kéré. (Foto: Lars Borges)

Andere Pritzker-Preisträger*innen

Der erste Preisträger des Pritzker-Preises war der Architekt Philip Johnson, der „für 50 Jahre Vorstellungskraft und Vitalität, die sich in einer Vielzahl von Museen, Theatern, Bibliotheken, Häusern, Gärten und Unternehmensstrukturen niedergeschlagen haben“, die Auszeichnung bekam.

Im Jahr 2004 war die Architektin Zaha Hadid die erste Frau, die den Preis erhielt. Ryue Nishizawa gewann 2010 und war mit 44 Jahren der jüngste Architekt, der einen Pritzker-Preis entgegennahm. Weitere Preisträger*innen waren:

  • Jacques Herzog und Pierre de Meuron im Jahr 2001
  • Kazuyo Sejima und Nishizawa im Jahr 2010
  • Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramón Vilalta im Jahr 2017
  • Yvonne Farrell und Shelley McNamara im Jahr 2020
  • Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal im Jahr 2021

 

Die Geschichte des Preises

Die Idee für den Pritzker-Preis stammt von Jay sowie Cindy Pritzker, die ein größeres öffentliches Bewusstsein für Architektur fördern und gleichzeitig mehr Kreativität in diesem Beruf anregen wollten. Der Name Pritzker kommt von der Familie, die einen Ruf für ihre zahlreichen internationalen Geschäftsinteressen hat. Sie sitzt in Chicago und ist Eigentümerin der Hyatt Hotels.

Die Familie Pritzker ist seit langem für ihre Unterstützung von Aktivitäten in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Medizin und Kultur bekannt. Heute ist der Sohn von Jay und Cindy, Tom Pritzker, Vorsitzender sowie Präsident der Hyatt Foundation. Er sagte: „Als gebürtige Chicagoer ist es nicht verwunderlich, dass unsere Familie ein ausgeprägtes Bewusstsein für Architektur hat, da sie in der Geburtsstadt des Wolkenkratzers lebt, einer Stadt voller Gebäude, die von Architekturlegenden wie Louis Sullivan, Frank Lloyd Wright, Mies van der Rohe und vielen anderen entworfen wurden.”

Viele Verfahren und Auszeichnungen des Pritzker-Preises sind dem Nobelpreis nachempfunden, so zum Beispiel das Preisgeld, die offizielle Urkunde und die Bronzemedaille. Vor 1987 erhielten die Preisträger anstelle der Medaille eine Henry-Moore-Skulptur in limitierter Auflage.

Die Verleihung des Pritzker-Preises

Während die Bekanntgabe des Pritzker-Preisträgers in der Regel früh im Jahr, im Januar oder Februar, stattfindet, wird die offizielle Zeremonie im Mai abgehalten. Die Wahl des Ortes unterstreicht die Bedeutung der gebauten Umwelt und bietet einen einzigartigen Rahmen für die Zeremonie, während gleichzeitig historische, architektonische Leistungen oder Werke vorheriger Pritzker-Preisträger*innen gewürdigt werden. Die Orte werden in der Regel vor der Auswahl des Preisträger*innen ausgewählt, was bedeutet, dass es keine Verbindung zwischen den beiden gibt.

An der nur auf Einladung stattfindenden Veranstaltung nehmen internationale Gäste sowie Gäste aus dem Gastgeberland teil. Das Event besteht aus einer Begrüßung durch eine*n Würdenträger*in des Gastgeberlandes, Kommentaren der Jury, der Preisverleihung durch Tom Pritzker sowie einer Dankesrede der ausgezeichneten Person.

Im Jahr 2022 wird die Zeremonie im Marshall Building in London stattfinden, das von Grafton Architects entworfen wurde. Die Preisträgerinnen des Jahres 2020, Yvonne Farrell und Shelley McNamara, haben den Entwurf geleitet. Das Marshall Building ist das bisher größte akademische Gebäude der London School of Economics and Political Science. Es wurde 2021 fertiggestellt.

Was für Architekt*innen der Pritzker-Preis ist, der sogenannte „Nobelpreis der Architektur“, ist für Journalist*innen der Pulitzer-Preis: Der Pulitzer-Preis 2021 ging jedoch nicht an eine*n Journalist*in, sondern an die britische Architektin Alison Killing.

Scroll to Top