03.11.2016

Projekt

Mit dem Strom schwimmen

Das Zusammenspiel von Stadt und Regenwasserinfrastruktur braucht einen Paradigmenwechsel: Nur auf Basis einer durchdachten Wasserleitplanung können naturnaher Wasserhaushalt und Überflutungsvorsorge in der Stadtplanung auf lange Sicht zusammenfinden. Im Projekt “Freiraumplanerische Gestaltungsstrategien” des INIS-Vorhabens (Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung) SaMuWa wurde eine Handlungsanleitung entwickelt, die in Bochum und Gelsenkirchen modellhaft getestet wurde. 

Modellgebiet Gelsenkirchen – Verzahnung von Regenwasserbewirtschaftung und Stadtentwicklung

Im Rahmen eines Modellprojekts in Gelsenkirchen wurde ein integriertes Maßnahmenkonzept des Regenwassermanagements auf Basis einer einzugsgebietsbezogenen Defizitanalyse des urbanen Wasserhaushalts mithilfe des Werkzeugs WABILA entwickelt. Dieses im Rahmen des SAMUWA-Projekts entwickelte Wasserbilanzmodell ermöglicht eine vereinfachte Bilanzierung des urbanen Wasserhaushalts.

Auf der Basis einer umfassenden Analyse des ausgewählten Betrachtungsraums (Schritt 1) werden mithilfe von WABILA die mittleren Jahreswerte des Oberflächenabflusses, der Grundwasserneubildung und der Verdunstung des bebauten Zustands mit denen des unbebauten Zustands verglichen und Defizite im Wasserhaushalt als Grundlage für die Maßnahmenplanung identifiziert und dargestellt (Schritt 2). Im Ergebnis wird deutlich, dass das Defizit der Verdunstung in vielen Bereichen deutlich größer ist als das Defizit für die Grundwasserneubildung. Die Ergebniskarte der Defizitanalyse des urbanen Wasserhaushalts zeigt, in welchen Bereichen die höchsten Abweichungen zum Wasserhaushalt des unbebauten Zustandes bestehen und wo damit der größte Handlungsbedarf besteht.

Auf Basis dieser Erkenntnisse und unter Berücksichtigung bestehender Leitbilder und räumlicher Entwicklungsszenarien wird ein wasserbezogenes städtebauliches Leitbild erstellt (Schritt 3), welches Entwicklungsziele für verschiedene Teileinzugsgebiete mit dem Ziel formuliert, die Wasserbilanz der verschiedenen Stadträume zu optimieren. Das Wassersystem soll sichtbar und erlebbar werden und in Verbindung mit einem wasserbegleitenden Freiraumsystem die verschiedenen Stadtteile und Stadträume miteinander vernetzen und neue räumliche Qualitäten schaffen, die die Lebensqualität und die Resilienz der Stadt gegenüber Klimaeinflüssen steigern.

Die durch die Defizitanalyse identifizierten Gebiete mit erhöhtem Handlungsbedarf werden im Hinblick auf mögliche Synergiepotenziale mit anderen Fachplanungen überprüft und auf dieser Basis Transformations- und Aufmerksamkeitsräume festgelegt (Schritt 4). Für diese ausgewählten Fokusgebiete werden auf der Grundlage eines Maßnahmenbaukastens unterschiedliche Maßnahmenkombinationen mit dem Ziel der Optimierung der jeweiligen Wasserbilanz entwickelt und visualisiert (Schritt 5), etwa die Umgestaltung eines Gewerbegebiets durch Gründächer, verdunstungsoptimierte Grünflächen und Straßenzüge.

Die daraus resultierenden Konzepte werden dann mithilfe des Wasserbilanzmodells WABILA auf ihre Auswirkungen hinsichtlich der Wasserbilanz getestet, was eine iterative Optimierung der Maßnahmenplanung im Hinblick auf eine Annäherung an den natürlichen Wasserhaushalt ermöglicht. Das entwickelte Verfahren zeigt, wie im aktuellen DWA-A 102 (2016) gefordert, dass der lokale, natürliche Wasserhaushalt mit seinem jeweils lokalspezifischen Verhältnis zwischen den Hauptkomponenten Abfluss, Versickerung und Verdunstung den Ausgangspunkt für die Umsetzung integrierter Maßnahmenkonzepte darstellen kann.

Mehr zum Thema lesen Sie in Garten+Landschaft 11/2016 – Planen mit Regenwasser.

 

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