31.12.2021

Aktuelles

Wie sieht die Stadt der Zukunft aus?

Bericht 2021

Was wünscht sich die Bevölkerung für die Stadt der Zukunft? Auf diese Frage hat eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit dem Difu und einem Meinungsforschungsinstitut Antworten gefunden. Die zeigen, dass die Menschen sich mehr urbane Wildnis und weniger Abfall in der Stadt wünschen.

Die Planung und Gestaltung der Städte liegt zumeist in den Händen von Profis. Stadtplaner*innen, Landschaftsarchitekt*innen und Architekt*innen gestalten tagtäglich urbane Lebensräume. Fast selbstverständlich ist dabei heute, dass Bürger*innen involviert werden, dass sie partizipieren und mitreden dürfen. Oft geschieht dies anlässlich einer konkreten Planungsaufgabe. Eine weite, langfristige Perspektive und übergeordnete Wünsche werden dabei selten abgefragt. Die hat nun die Bertelsmann Stiftung interessiert. Zusammen mit dem Deutschen Institut für Urbanistik und dem Meinungsforschungsinstitut Kantar Public hat die Stiftung eine Befragung zur Stadt der Zukunft durchgeführt.

Stadt der Zukunft – Cover zum Monitor Nachhaltige Kommunen, Bericht 2021, Visionen zur Stadt der Zukunft

Stadt der Zukunft: Negative Bilder helfen nicht weiter

Alle Abbildungen: Bertelsmann Stiftung, DiFu und Kantar Public.

Was wünschen sie sich für die Stadt der Zukunft? Diese Frage leitete eine repräsentative Bevölkerungsbefragung, die die Bertelsmann Stiftung und das Deutsche Institut für Urbanistik zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Kantar Public durchführten. In dieser Erhebung wurden den Befragten neun Zukunftsvisionen gezeigt und zur Diskussion gestellt. Dafür beschrieben die Szenarien vereinfacht, wie eine Stadt der Zukunft aussehen und organisiert sein könnte. Diese Bilder der Zukunft waren bewusst positiv geprägt. Sie wollten keine Angst machen, keine Sorgen kreieren. Vielmehr ging es der Bertelsmann Stiftung darum, das Interesse der Menschen an der Gestaltung der Städte zu wecken und sie zu einem Mitwirken zu animieren. Denn Nachhaltigkeit kann in städtischem Alltag, in Politik und kommunaler Arbeit nur gedeihen, wenn die Bevölkerung dieses Thema und die dazugehörigen Ziele mitträgt. Und dafür braucht es nicht nur negative Szenarien. Nicht nur die Folgen des Klimawandels sind zu präsentieren. Wichtig ist es auch, positive Bilder zu zeigen und Lust auf die Stadt der Zukunft zu machen.

Stadt der Zukunft – Ergebnisse der repräsentativen Befragung: Erwünschtheit der Zukunftsvisionen

Wünsche der Bevölkerung für die Stadt der Zukunft

Die Befragung hat überraschende Ergebnisse gebracht. Die Wünsche der Bevölkerung für die Stadt der Zukunft unterscheiden sich deutlich vom heutigen Bild der Städte. Das Szenario der „urbanen Wildnis“ fand zum Beispiel die größte Zustimmung. Die Mehrheit der Befragten wünscht sich also eine Kommune, die dem Verlust der Artenvielfalt entgegensteuert, die vielfältige Lebensräume für Flora und Fauna bietet und diese auch auf bebauten Flächen respektiert. Eine solche urbane Wildnis steht also ganz oben auf der Wunschliste der Bevölkerung. Darüber hinaus fanden Szenarien einer zukünftigen Stadt viel Zustimmung, in der weniger Abfall vorliegt und in der Verbrauch von Ressourcen geringer ist. In diesem Bild der Stadt der Zukunft ist das Prinzip der Kreislaufwirtschaft von großer Bedeutung. Denn genau die kann helfen, Ressourcen- und Energieverbräuche auf ein Minimum zu reduzieren. Das dritte Szenario, das den Befragten zusagt, war eine Stadt, in der Wohnraum für alle da ist. In dieser Stadt der Zukunft steht allen Menschen ausreichend viel, angemessener und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung.

Stadt der Zukunft – Ergebnisse der repräsentativen Befragung: Erwünschtheit der Zukunftsvisionen in der Altersgruppe bis 27 Jahre

Sharing City lockt nicht

Neben den Favoriten urbane Wildnis und abfallfreie Stadt präsentierte die Befragung den Menschen auch Szenarien zur: Smart City, zur autofreien Stadt, zur Schwammstadt, zur selbstversorgenden Stadt, zur direktdemokratischen Stadt und zur Sharing City. Die meisten dieser Szenarien bekamen Zustimmung, die nur wenige Prozent unterhalb der Favoriten urbane Wildnis und abfallfreie Stadt lag. Ein Bild der Zukunft, die Sharing City, fand jedoch deutlich weniger Zustimmung. Die Vision, dass die Menschen ihr Eigentum und ihren Konsum auf das Wesentliche konzentrieren, dass sie Dinge häufiger teilen und leihen, anstatt sie zu kaufen, sprach nicht viele Menschen an. Diese Vision landete weit abgeschlagen, ganz unten auf der Liste der Wünsche der Befragten. Auch die direktdemokratische Stadt fand wenig Zustimmung, jedoch mehr als das Schlusslicht Sharing City.

Stadt der Zukunft – Ergebnisse der repräsentativen Befragung: eigenes Engagement für die Zukunftsvisionen

Handlungsbedarf vor Ort

Neben der Bewertung von verschiedenen Visionen für die Stadt der Zukunft verweist der Bericht des Deutschen Instituts für Urbanistik auf erheblichen Handlungsbedarf. Denn so sehr die Menschen sich ein Szenario wünschen, so wenig sehen sie es in ihrer Stadt bisher umgesetzt. Also auf die Frage „Wie sehr sind diese Entwicklungen, in der Stadt, in der sie wohnen, aus ihrer Sicht heute schon umgesetzt?“ kam geringe Zustimmung. Den Umsetzungsstand aller neun abgefragten Visionen liegt überall deutlich hinter ihrer Erwünschtheit. Also auch wenn das Konzept der urbanen Wildnis aus Sicht der Befragten schon heute am stärksten umgesetzt ist, zeigt sich eine deutliche Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die größte Diskrepanz zwischen Erwünschtheit und Umsetzung herrscht beim Szenario Wohnraum für alle. Hier sind Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander. Dementsprechend zeigt sich hier der größte kommunale Handlungsbedarf. Für die Stadt der Zukunft muss also an der Bereitstellung von Wohnraum für alle intensiv gearbeitet werden.

Stadt der Zukunft – Ergebnisse der repräsentativen Befragung: Umsetzungsstand der Zukunftsvisionen im Vergleich zur Erwünschtheit für die Zukunft

Klimafragen sind wichtig

Die Befragung zur Stadt der Zukunft hat auch Unterschiede in verschiedenen Altersklassen deutlich gemacht. Zum Beispiel unterscheiden sich die Vorstellungen der jungen Menschen im Alter von 14 bis 27 Jahren von der Gesamtbevölkerung. Den jüngeren Menschen sind Klima, Umwelt und Energie besonders wichtig. In dieser Gruppe findet auch das Szenario der „Selbstversorgenden Stadt“ mehr Zuspruch als bei anderen Menschen. Darüber hinaus ist für die junge Generation auch die Autofreie Stadt von Bedeutung. Insgesamt thematisiert sie viel häufiger soziale Themen und das gesellschaftliche Miteinander. Diese Anliegen sind ihnen im Zusammenhang mit ihren Wünschen zur Stadt der Zukunft wichtig. Die jüngere Altersgruppe findet auch direktdemokratische Angebote wünschenswerter als andere Gruppen. Also auch hier zeigt sich Handlungsbedarf. Es gilt in der Zukunft diesem starken Wunsch nach Partizipation verstärkt nachzukommen.

Auch interessant: Im Dezember 2021 veröffentlichte das Difu einen Leitfaden zum Thema „Städte nachhaltig planen und bauen“. Mehr dazu hier: Leitfaden Städte planen.

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