23.04.2014

Projekt

Stadtentwicklungsplan München

Am 13. Februar wurde auf einer Abendveranstaltung den Kandidaten für das Amt des Münchner Oberbürgermeisters die 48-seitige “Tutzinger Erklärung” überreicht. Einen Monat, bevor die Münchner ihr neues Stadtoberhaupt wählen. Die Erklärung ist das Ergebnis der Tagung „Mehr Platz für Alle!“ von 31. Januar bis 2. Februar in der Evangelischen Akademie Tutzing. Dort nutzten 120 Teilnehmer die Zeit, um mittels der Erklärung einen „Stadtentwicklungsplan Öffentlicher Raum/Menschengerechte Stadt“ für die Stadt München anzustoßen. Eingeladen hatten zu beiden Veranstaltungen die Urbanauten in Zusammenarbeit mit anderen lokalen Interessensgemeinschaften zu Wohnen und öffentlichem Raum. Mit den drei Kandidaten Sabine Nallinger (Grüne), Michael Mattar (FDP) und Josef Schmid (CSU) wurden wichtige Punkte aus der Erklärung diskutiert. Der SPD-Kandidat Dieter Reiter und auch sein Vertreter blieben der Veranstaltung fern.

In den vergangenen drei Jahren wuchs München um 90.000 Menschen, etwa so viel wie im gesamten Jahrzehnt zuvor. Das führt zu einem angespannten Immobilienmarkt, notwendigen Anpassungen der Infrastruktur und Befürchtungen der Menschen, dass sich ihr München nachteilig verändert oder seine Identität verliert. Andererseits ist München in der komfortablen Lage dank hoher Steuereinnahmen voraussichtlich bald schuldenfrei zu sein. Geld für Investitionen in den öffentlichen Raum müsste also verfügbar sein. Umso mehr wundern sich viele Bürger, warum so wenig passiert, um den öffentlichen Raum zu stärken und lebenswerter zu machen.

Um zu zeigen, wie Bewohner ihr Umfeld „menschengerecht“ gestalten können und welche Wege andere Städte einschlagen, wurden etwa Strategien aus Wien, Hamburg, Berlin, Rotterdam und Zürich vorgestellt. Die Stadt Zürich hat beispielsweise beschlossen, dass künftiges Wachstum ausschließlich innerhalb der heutigen Stadtgrenzen stattfinden soll. Das funktioniert nur über Nachverdichtung, was auch in München nötig sein wird. In Hamburg wenden sich Bürger mit eigenen Konzepten an die Verwaltung, die dann für alle transparent darlegt, ob, wann und in welchem Umfang die Projekte durchführbar sind. Wenn sie abgelehnt werden, ist dies ausführlich zu begründen.
Nach der Renaturierung der Isar locken die neu gestalteten Ufer viele Münchner an. Nun laufen Diskussionen, wie der innerstädtische Abschnitt für die Menschen noch besser erschlossen werden kann. Foto: J-Cornelius/flickr.com

Den größten Teil der dreitägigen Veranstaltung an der Evangelischen Akademie widmeten die Teilnehmer und Organisatoren der Arbeit an der „Tutzinger Erklärung“. Darin verfassten sie Wünsche und Forderungen an die Verwaltung, aufgeteilt in fünf Gruppen zu Münchner Stadtentwicklungsthemen:

1. Stadtentwicklung im Spannungsfeld von Nachverdichtung und öffentlichem Raum
2. Kreuzungen zu Stadtplätzen! Dächer zu Gärten! Straßen zu Boulevards!
3. Kulturelle Qualifizierung des öffentlichen Raumes – Kunst, Kultur, Feste, Märkte und Biergärten
4. Der „öffentliche Zwischenraum” – digitale und urbane öffentliche Räume zusammendenken
5. Isarlust – die Wiederentdeckung des innerstädtischen Isarraums als öffentlicher Raum.

Gefordert wird, bezahlbaren Wohnraum durch Nachverdichtung und Innenentwicklung zu schaffen und zu erhalten. Damit verbunden soll der öffentliche Raum für Fußgänger und Radfahrer deutlich attraktiver werden. Von einer autogerechten Stadt soll sich München wieder zu einer menschengerechten entwickeln. Trotz der Tatsache, dass Autos nur noch ein Drittel des gesamten Verkehrsaufkommens in München ausmachen, ist der öffentliche Raum immer noch sehr stark auf diese Nutzung fixiert. Nach 1963 soll es nach dem Wunsch der Unterzeichner nun endlich wieder einen Stadtentwicklungsplan geben. Dieser soll den öffentlichen Raum neu vom Menschen aus denken und mit alten Paradigmen brechen. Über ein für alle Tagungsteilnehmer im Internet zugängliches Dokument wurden die Thesen während der Tutzinger Tagung parallel bearbeitet. Der Peer-to-Peer-Gedanke, also die Arbeit gleichberechtigter Gruppen in einem Netzwerk bei der Erarbeitung der Erklärung, ist richtungsweisend für deren Inhalt. Denn auch bei der Gestaltung der Stadt sollen die Bürger mitbestimmen und sich mit eigenen Initiativen engagieren.

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