25.04.2023

Projekt

Sun-Ways‘ Solarschienen zur Ökostrom-Erzeugung

Sun-Ways hat das Ziel, mit Solarschienen zur Schweizer Stromversorgung beizutragen. Bildquelle: Sun-Ways
Sun-Ways hat das Ziel, mit Solarschienen zur Schweizer Stromversorgung beizutragen. Bildquelle: Sun-Ways

Das Schweizer Start-up Sun-Ways will Solarmodule auf Bahnschienen installieren und so grünen Strom gewinnen. Ein spezieller Zug soll die Solarmodule zwischen den Schienen ausrollen. Mehr über das Solarschienen-Projekt hier.


Das Potenzial von Solarschienen

In Europa sind abertausende Kilometer Bahngleise vorhanden. Allein in Deutschland misst das Streckennetz an die 40 000 Kilometer. Immer mehr Bemühungen drehen sich darum, Züge zu einem klimafreundlichen Transportmittel zu machen, indem sie etwa mit erneuerbarem Strom fahren. Das Schweizer Start-up Sun-Ways schlägt nun vor, dass die Gleise als Solarschienen selbst zum Klimaschutz beitragen könnten.

Ihre Idee, Solarmodule auf Bahnschwellen zu installieren, ist nicht neu. Die Module verbrauchen keine Extraflächen, sondern bedecken den bereits versiegelten Gleisbereich. Und da die Schienen standardisiert sind, lassen sich Solarpaneele leicht planen und einbauen. Mitarbeitende von Bahnunternehmen warten die Strecken ohnehin regelmäßig, und die vorhandenen Oberleitungen könnten den erzeugten Strom recht unkompliziert in das lokale Verteilernetz leiten.

Sun-Ways hat für Mai 2023 den Start eines Pilotprojekts angekündigt. Im Schweizer Kanton Neuenburg soll ein Gleisabschnitt mit Solarmodulen ausgestattet werden. Bis zum Jahr 2024 soll die Strecke zehn Kilometer messen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts sollen zeigen, wie groß das Potenzial von Solarschienen zur Ökostrom-Erzeugung ist.

Ein Sonderzug würde die Solarpaneele verlegen. Bildquelle: Sunways
Ein Sonderzug würde die Solarpaneele verlegen. Bildquelle: Sun-Ways

Eine eigene Installationsmethode

Die Idee der Solarschienen ist nicht neu, aber Sun-Ways punktet mit einer besonderen Installationsmethode für die Paneele. Diese werden in einer Fabrik vormontiert und auf einen Spezialzug des Schweizer Gleisbauunternehmens Scheuchzer geladen. Dieser Zug fährt dann die Strecke entlang und rollt die Paneele wie einen Teppich zwischen den Schienen aus. Sobald die Solarzellen liegen, löst der Zug einen Mechanismus aus, um die Module zwischen den Schienen einzuklemmen. In einem nächsten Schritt schließen Fachkräfte die Paneele manuell an das Netz an.

Die 3D-Animation von Sun-Ways zeigt, wie die Solarschienen in Praxis aussehen könnte:


Sun-Ways Solarschinen: Großes Potenzial

Laut Sun-Ways hat dieses Vorgehen großes Potenzial. Allein in der Schweiz könnte eine Fläche von etwa sieben Quadratkilometern für Solarstrom in Gleisbetten verfügbar sein. Streckenabschnitte in Tunneln oder mit viel Schatten müssen abgezogen werden. Insgesamt könnte der erzeugte Strom etwa 350 000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Schweiz könnte pro Jahr etwa eine Terrawattstunde Ökostrom erzeugen. Das sind zwei Prozent des aktuellen Stromverbrauchs des Landes. Sun-Ways betont, dass es keine Lösung für die ganze Energiewende bietet, aber einen wichtigen kleinen Baustein liefert.

Und auch für die spätere Nutzung ist gesorgt: Laut Sun-Ways ist es möglich, die Solarschienen rasch wieder einzusammeln und später neu auszulegen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn Wartungsarbeiten an den Gleisen stattfinden, bei denen die Paneele eher stören. Daher plant das Start-up ein flexibles System.


Skepsis an Solarschienen und Solarstraßen

Ähnliche Hoffnungen gab es in der Vergangenheit bereits für Solarstraßen, die aus speziell gehärteten Solarmodulen bestehen. Ein Pilotprojekt in Frankreich scheiterte jedoch an den hohen Kosten, vielen beschädigten Paneele und den unerwartet lauten Geräuschen von Autoreifen auf dem Kunstharzbelag. Daher gibt es nun auch Skepsis an den vorgeschlagenen Solarpaneelen im Gleisbett. Die Umsetzung der Solarschienen ist laut Fachleuten herausfordernd. So sagte etwa Martin Heinrich vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme dem Standard, dass die Wartung eine große Herausforderung darstelle. Er sorgt sich darum, dass die Solarmodule die Wartung von Streckenabschnitten behindern oder aufhalten könnten.

Ähnlich wie bei der Solarstraße ist auch bei den Solarschienen die Belastung der Paneele eine Sorge. Denn Züge fahren mit hohen Geschwindigkeiten über die Solarzellen, wobei unter anderem Steinschlag entsteht. Der Abrieb von Schienen und Bahnrädern könnte die Paneele verschmutzen und eine regelmäßige Reinigung erhöht den Wartungsaufwand immens. Falls sich die Solarmodule einmal lösen, könnte das sogar den Zugverkehr gefährden. Zwar sind Standardmodule bereits sehr robust, aber bei der Nutzung von Solarpaneelen im Gleisbett sind besonders hohe Sicherheitsanforderungen gefragt. Und auch die Einspeisung des erzeugten Stroms führt derzeit noch zu Fragezeichen. Laut Sun-Ways lässt sich die produzierte Elektrizität noch nicht in die Züge einspeisen. Jedoch sollte es möglich sein, den Strom an nahegelegene Haushalte weiterzuleiten. Künftig sollen die Paneele an das Bahnstromnetz angeschlossen werden können.

Trotz der Kritik bieten Solarschienen auch viele Vorteile. Bildquelle: Sunways
Trotz der Kritik bieten Solarschienen auch viele Vorteile. Bildquelle: Sun-Ways

Chancen für den Bahnverkehr

Für die skeptischen Anmerkungen hat Sun-Ways viele Antworten. Das Start-up weist unter anderem darauf hin, dass sich die Solarschienen leicht warten lassen. Die Reinigung sei mit zylindrischen Bürsten an Zügen möglich, und im Winter könnte ein eigenes System Schnee und Eis zum Schmelzen bringen, damit die Solarzellen weiterhin funktionieren. Ein Blendschutzfilter soll außerdem dazu beitragen, dass Zugführer*innen nicht geblendet werden. In den nächsten Jahren möchte Sun-Ways nach Deutschland, Italien, Österreich, Asien und in die USA exportieren.

Solarmodule auf Bahnschwellen werden auch andernorts getestet. Das britische Unternehmen Bankset Energy zum Beispiel testet die Idee auf einem Testfeld der Deutschen Bahn im Erzgebirge. Dabei kommen schmalere Solarmodule zum Einsatz, die einzeln auf den Schwellen liegen. Ergebnisse sind noch nicht bekannt.

Fraglich ist jedoch, ob die Technologie dringend nötig ist. Schon heute nutzt zum Beispiel die Deutsche Bahn 65 Prozent erneuerbare Energien in ihrem Bahnstrom, während in Österreich ein Drittel des Bahnstroms aus ÖBB-eigenen Wasserkraftwerken stammt. Laut Deutscher Bahn fahren die ICEs, ICs und ECs sogar bereits zu 100 Prozent mit Ökostrom.

Weiterlesen: In Mexiko-Stadt soll einer der größten Solarparks der Welt entstehen, und zwar auf dem Dach des riesigen Zentralmarkts der Metropole.

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