28.02.2023

Projekt

Telosa: Die Stadt der Zukunft?

Visualisierung von Telosa City. Schon 2030 sollen die ersten 50.000 Bewohner*innen einziehen. Bildquelle: Telosa
Visualisierung von Telosa City. Schon 2030 sollen die ersten 50.000 Bewohner*innen einziehen. Bildquelle: Telosa

Die geplante Stadt „Telosa“ in den USA ist eines von derzeit vielen Beispielen für Planstädte, die zeigen, wie das urbane Leben in der Zukunft aussehen könnte. Mehr über das Projekt eines Milliardärs hier.


City of Telosa

Schwimmende Städte wie Oceanix Busan (Südkorea) und langgestreckte Städte wie The Line (Saudi-Arabien) gehören zu den Visionen für die Stadt der Zukunft. Auch in den USA ist nun mit Telosa City ein futuristisches Projekt in Planung. Der Milliardär Marc Lore, ein Unternehmer, der unter anderem mit Walmart und Amazon Geschäfte macht, möchte einen Teil seines Vermögens für die Zukunftsstadt nutzen. Insgesamt soll das Projekt etwa 400 Milliarden US-Dollar (375 Milliarden Euro) kosten.

Telosa City soll mitten in der Wüste zwischen Nevada, Arizona und Utah entstehen. Etwa 150 000 Hektar Fläche sind geplant. Laut Lore sollen schon im Jahr 2030 etwa 50 000 Menschen in der Stadt leben. Interessierte können ihren Wunsch, in Telosa zu leben, bereits registrieren. Der Name der Stadt kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „höchstes Ziel“. Damit sind sowohl Nachhaltigkeitsziele als auch die Vielfältigkeit der Bevölkerung gemeint.

Die neue Stadt soll beinahe ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Alle Gebäude sollen Solarpaneele haben. Mehrere Wasseraufbereitungsanlagen sollen sparsam mit der in der Wüste umso wertvolleren Ressource umgehen. Und zugleich soll Telosa City eine 15-Minuten-Stadt werden: Bewohnende sollen alle Geschäfte des täglichen Bedarfs in unmittelbarer Nähe vorfinden. Autos sollen in Telosa nicht nötig sein, denn der Fokus liegt auf Fußgänger*innen und Radfahrenden. Eventuell doch benötigte PKWs sollen elektrisch und autonom unterwegs sein.

Vogelperspektive von der geplanten Stadt Telosa City. Bildquelle: Telosa
Vogelperspektive von der geplanten Stadt Telosa City. Bildquelle: Telosa

Nachhaltigkeit in der 15-Minuten-Stadt

In Telosa werden keine Fahrzeuge erlaubt, die fossile Brennstoffe benötigen. Stattdessen soll die Stadt gut zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen sein. Auch Scooter, Fahrräder und autonome Fahrzeuge gehören zum Plan.

Der große, zentrale „Equity“-Wolkenkratzer wird das Wahrzeichen von Telosa werden. Er bietet unter anderem Platz für die Speicherung von Wasser, für aeroponische Farmanlagen und für ein Dach mit Photovoltaikanlagen.

Gemeinsam mit den Architekt*innen von BIG und finanziert von Privatkapital, Philanthropie, öffentlichen Krediten und Subvention soll Telosa die „offenste, fairste und inklusivste Stadt der Welt“ werden. So beschreibt es Lore auf der Website der Stadt. Dort steht auch, dass Telosa so sozial und umweltfreundlich wie eine skandinavische und so frei und voller Möglichkeiten wie eine US-amerikanische Stadt sein soll.

Der zentrale Turm von Telosa City soll "Equity" heißen. Bildquelle: Telosa
Der zentrale Turm von Telosa City soll „Equity“ heißen. Bildquelle: Telosa

Ein neues Gesellschaftsmodell

Telosa soll nicht nur nachhaltig und ultramodern sein, sondern auch bewusst vielfältig. Zunächst sucht der Milliardär Lore daher nach 50 000 „diversen Menschen“, die in Telosa einziehen, um ein neues Gesellschaftsmodell zu verkörpern. Details zu dieser Diversität sind noch nicht bekannt, aber es ist davon auszugehen, dass Menschen mit verschiedensten Hintergründen, Altersgruppen und Fähigkeiten gemeint sind.

Zudem soll in Telosa die „Gleichheit“ regieren. Laut dem Investoren soll es keine privaten Eigentümer in dieser Zukunftsstadt geben. Vielmehr würde eine Stiftung das Geld aus Pachtverträgen in soziale Leistungen investieren. Bewohnende der neuen Stadt in der Wüste sollen direkten Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können. Diese Idee hat Lore vom Wirtschaftswissenschaftler Henry George, der schon im 19. Jahrhundert von einer steuerfreien, kommunalen Gesellschaftsform träumte. Dies wurde jedoch bisher nur in sehr kleinen Skalen umgesetzt.

Erste Visualisierungen und Entwürfe zeigen eine sehr moderne Stadt mit begrünten Hochhäusern, Landschaftsparks und Spazierwegen. Zahlreiche Gewächshäuser, Solarpaneele und Windräder weisen darauf hin, dass sich die Wüstenstadt vermutlich zu einem großen Teil selbst versorgen wird.

Bis zu fünf Millionen Menschen sollen einmal in der utopischen Stadt wohnen. Neben ihrer Avantgarde-Architektur zeichnet sich Telosa durch kommunale Ressourcen, Dürre-Resistenz und einen sehr geringen ökologischen Fußabdruck aus.

Die Straßen in Telosa werden von allen geteilt und sind fußgängerfreundlich. Bildquelle: Telosa
Die Straßen in Telosa werden von allen geteilt und sind fußgänger*innenfreundlich. Bildquelle: Telosa

Telosa – Utopie oder Realität?

Ob Telosa wirklich zum Vorbild für andere Städte wird, wie Lore es sich wünscht, zeigt sich noch. Kritik, etwa aus einem Guardian-Artikel, bezieht sich unter anderem darauf, dass hier ein Milliardär die Zukunft vorschreiben will. Auch ist die Frage, ob und wie eine Stadt ohne Steuern funktionieren kann, noch gänzlich ungeklärt.

Spätestens im Jahr 2030 wird sich zeigen, ob es gelingen kann, ein derartig großes Projekt in der Wüste zu bauen. Andere futuristische und intelligente Städte, wie etwa Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten, scheitern unter anderem daran, dass nur wenige Menschen in einer Planstadt leben möchten. Bis 2050 sollen laut Lore etwa 5 Millionen Menschen in Telosa City leben.

Eine weitere Kritik besteht darin, dass es sich hier um ein Eitelkeitsprojekt handelt. Denn anstatt eine nachhaltige Stadt ganz neu (und in der Wüste zu bauen), ist es auch möglich, mit einem derartig großen Budget bestehende Städte wesentlich zu verbessern. Dies geht nicht nur schneller, sondern verbraucht auch weniger Ressourcen.

Die dänische Architektengruppe Bjarke Ingels wurde von Lore damit beauftragt, den Masterplan für Telosa zu erstellen. Bisher steht noch nicht genau fest, wo die Stadt entstehen wird. Günstiges Bauland in den Wüsten von Utah, Idaho, Nevada, Arizona, Texas und Appalachia könnte in Frage kommen.

Übrigens: Mehr zum Prototyp für Oceanix Busan, die schwimmende Stadt, lesen Sie hier

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