15.07.2022

Gesellschaft

Die Tempo-30-Zone in Deutschland

Tempo-30-Zone in Berlin, Foto: Wolfraum Däumel
Tempo-30-Zone am Maybachufer in Berlin. Foto: Wolfraum Däumel via https://www.suwolf.de, Copyright: CC BY-SA 3.0 DE

Die Tempo-30-Zone innerorts könnte Realität werden. Welche Straßen betrifft es? Wie können Sie selbst Straßen vorschlagen? Welche Vor- und Nachteile hat die Tempo-30-Zone? Was ist „für immer <30“? Alles was Sie dazu wissen müssen.

Sieben Städte wollen Tempo-30-Zonen in der ganzen Stadt

Seit 2021 werben sieben deutsche Städte für die Tempo-30-Zone in der ganzen Stadt. Aachen, Augsburg, Freiburg im Breisgau, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm möchten im Rahmen eines Pilotprojektes großflächig das Tempo reduzieren. Nur auf wenigen Hauptverkehrsstraßen sollen dann noch Geschwindigkeiten von 50 km/h erlaubt sein. Die Städte möchten mit dieser Initiative eine Gesetzesänderung erwirken. Die Initiative wird von Agora Verkehrswende und vom Deutschen Städtetag unterstützt.

„Wir möchten nach den Bundestagswahlen kurzfristig eine Regelung schaffen, die es den Kommunen ermöglicht, im gesamten innerörtlichen Straßennetz flexibel und sachorientiert über ein für die jeweilige Situation angemessenes und stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau zu entscheiden.“ Schon im Juli 2021 erklärte die Initiative ihre Absicht, eine Änderung der Straßenverkehrsordnung zu erwirken. Damit könnten Städte künftig selbstbestimmt und großflächig Tempo 30 vorgeben.

Dabei betonen die sieben Pionierstädte, dass es sich nicht um eine Initiative gegen Autofahrer*innen handele. Vielmehr sollen die erweiterten Tempo-30-Zonen den Bewohner*innen der jeweiligen Kommunen zugutekommen. „Die Leistungsfähigkeit für den Verkehr wird durch Tempo 30 nicht eingeschränkt, die Aufenthaltsqualität dagegen spürbar erhöht“, so eine Erklärung der Städte.

Tempo-30-Zone: Schild
Foto: Felix Müller via Pixabay

Die Vorteile an Tempo-30-Zonen

Schon lange gibt es in deutschen Innenstädten sowie in der Nähe von Schulen und Kindergärten Tempo-30-Zonen. Diese sollen die Straßen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sicherer machen. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich 1,3 Millionen Menschen weltweit im Straßenverkehr. Durch ein verringertes Tempo lässt sich diese Zahl deutlich reduzieren. Und auch Autofahrer*innen sind bei Tempo 30 sicherer unterwegs.

Zudem bieten die Zonen mit geringerem Tempo den Vorteil, dass sich Verkehrslärm und Luftbelastung reduzieren lassen. In Städten wie Frankfurt am Main wurden bereits Fahrverbote diskutiert, um hohe Stickstoffbelastungen zu reduzieren. Bereits bei Tempo 30 lassen sich die Emissionen deutlich reduzieren.

Im Ausland ist man bereits einige Schritte weiter: Seit Ende September 2021 gilt für einen Großteil der Pariser Straßen das Tempolimit 30. 59 Prozent der Pariser*innen unterstützen diese Geschwindigkeitsbegrenzung. In Spanien sind sogar rund 80 Prozent aller städtischen Gebiete Tempo-30-Zonen. Hier hängt die Höchstgeschwindigkeit von der Anzahl der Fahrspuren ab. Bei einspurigen Straßen ohne Markierung in der Mitte ist sogar nur Tempo 20 erlaubt.

 

Die Idee hinter Tempo 30

Tempo-30-Zonen werden von vielen Organisationen, aber auch von Anwohner*innen und Umweltschützer*innen unterstützt. In Deutschland ist es derzeit nach wie vor nötig, eine Abweichung vom üblichen Tempo 50 in der Stadt zu begründen. Daher ist es meist nur in Wohngebieten sowie zum Kinder- und Lärmschutz möglich, das Tempo zu reduzieren. Viele Tempo-30-Zonen sind kurz oder gelten nur zu bestimmten Zeiten.

Laut der Deutschen Umwelthilfe ist dies nicht ausreichend, um die positiven Effekte dieser Zonen auf den Verkehrsfluss, das Mobilitätsverhalten, die Umweltlasten und die Unfallzahlen zu entfalten. Daher fordert die Organisation bundesweit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften.

Die Umwelthilfe verweist auf die positiven Zahlen aus anderen europäischen Städten, wo seit Einführung von Tempo-30-Zonen bis zu 70 Prozent weniger Unfälle pro Jahr verzeichnet werden. Auch die Weltgesundheitsorganisation spricht sich für Tempo 30 in allen Städten und Dörfern der Welt aus, um Menschenleben zu schützen.

Mit der Initiative „Für immer unter 30“ bietet die Deutsche Umwelthilfe Materialien und Unterstützung für Kommunen, die Tempo-30-Zonen einführen möchten. Bereits 140 Kommunen haben sich in Deutschland zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Gemeinsam fordern sie von Bundesverkehrsminister Wissing mehr Gestaltungsspielraum. So ließe sich das Tempo 30 auf Hauptstraßen von Kommunen anordnen. Bisher hat es jedoch noch keine Änderungen der Straßenverkehrsordnung zu Tempo-30-Zonen gegeben.

Spielende Kinder in einer Tempo-30-Zone
Tempo-30-Zonen bieten mehr Sicherheit für Kind. Foto: Katharina N. via Pixabay

Hintergrund: Seit 1979 unter 30

Tempo-30-Zonen kommen in Deutschland zum Einsatz, um den Verkehr zu beruhigen. Es ist gemäß der „Vision Zero“ deutlich weniger wahrscheinlich, dass Menschen bei einer Kollision bei Tempo 30 sterben als bei Tempo 50. So soll es gelingen, die Anzahl der Verkehrstoten in Deutschland auf Null zu reduzieren.

Die erste verkehrsberuhigte Zone in Deutschland entstand in der Hamburger Lindenallee im Jahr 1979. In dieser Tempo-30-Zone wurden außerdem Gehweg und Fahrbahn kombiniert, Parkzonen eingerichtet und begrünte Verschwenkungen gebaut. Die nahegelegene Innenstadt von Buxtehude wurde 1983 zur ersten größeren Tempo-30-Zone in Deutschland. Andere Städte wie München und Köln folgten.

Heute ist Freiburg eine der aktivsten Städte im Bereich der Verkehrssicherheit und Umweltfreundlichkeit. Mit einem Modellversuch möchte die Stadt demonstrieren, wie Tempo 30 in der ganzen Stadt funktionieren könnte. Im Sinne der Mobilitätswende animiert Freiburg auch andere Städte dazu, sich der Initiative von Agora und dem Deutschen Städtetag anzuschließen.

Lesen Sie hier mehr zur Verkehrswende und zur Zukunft des Radverkehrs in Deutschland.

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