Leicht geschwungen sind die Hügel rund um die kleine Thüringer Gemeinde Kannawurf. 1 500 Hektar intensiv genutztes, klar und großräumig strukturiertes Ackerland. Wie wird es in 50 oder 100 Jahre aussehen, wenn demographischer Wandel, Klimawechsel, Digitalisierung und wirtschaftliche Dynamik ihre Spuren hinterlassen? Es geht um Visionen für 1 500 Hektar im IBA-Campus 2017 in Thüringen. Die „(Er)Findung einer neuen Landschaftstypologie des 21. Jahrhunderts“ ist das Ziel. Zehn Tage lang stellten zwölf Studenten bisherige Ansätze zur Beschreibung von Landschaft in Frage. Konkrete Faktenanalyse in Kombination mit Zukunftsfragen führte zu neuen Parametern und vier Zukunftsszenarien.
Zukunftsszenario „Business Matters“
Ökonomie als Motor zur Lösung globaler Ernährungsaufgaben und das Streben nach regionaler Lebensqualität steht im Fokus von „Business Matters“. Hier wird die Monoästhetik großer, von Robotern und Versorgungstürme kontrollierter Landwirtschaft in Thüringer Becken durch lokale grüne Korridore mit Streuobstwiesen, Weiden, ökologischem Landbau und Flusslandschaften im Siedlungsnahem Raum kombiniert. Produktion für den globalen Markt und ökologisch orientierte regionale Versorgung vor Ort.
Zukunftsszenario „Bubble Grid“
„Bubble Grid“ ist eine Vision, in der globale Versorgungskreisläufe nicht mehr funktionieren. Urbane Ballungsregionen wie Halle/Leipzig und Erfurt Weimar, gehen eine Symbiose mit der Agrarregion „Thüringer Becken“ ein. Neben der Produktion zum Beispiel von Standardprodukten wie Weizen reifen in übergroßen kuppelförmigen Gewächshäusern Exzellenzprodukte wie Kaffee, der vor Ort geröstet sich als regionale Einkommensquelle eignet. Die massive Rückgewinnung von Phosphaten aus dem biologischen Abfall urbaner Lebensräume schließt Kreislaufsysteme zur Sicherung der Erträge.
Zukunftsszenario „Versöhnung“
Die Utopien zur Entwicklung der Spezies Mensch führte zum Szenario „Versöhnung“. Hohe digitale Dynamik, organisch verknüpft im menschlichen Körper steigert sich zur komplexen Intelligenz. Ein Evolutionssprung führt zum Homo holensis, der die Logik der Naturdynamik entschlüsselt. Eine bis dato nicht mögliche Koexistenz von Mischwesen aus Mensch und Maschine zur Natur bildet sich heraus und akzeptiert das Werden und Vergehen. 2050 zeigt sich die Gemeinde Kannawurf als helle Lichtung in einem Hain aus Birken und Pappeln.
Zukunftsszenario „Polymeer“
„Polymeer“ geht von der Endlichkeit natürlicher Rohstoffquellen aus. Neue (Bau)Stoffe basieren künftig auf der Verwendung nachwachsender Rohstoffe. Große Felder mit Ölfrüchten, weite Hanf- und Pappelplantagen versorgen Biomasse – Raffinerien, die Polymere für recycelbare Ökoplastikprodukte herstellen. In direkter Nähe zum Dorf versorgen sich die 700 Kannawurfer auf 130 Hektar selbst.
Vertieft werden diese Szenarien am 30. Juni 2017 von 10 – 16 Uhr beim IBA-Werkstattgespräch im Eiermannbau in Apolda.
Mehr Informationen zum IBA Campus und den Folgeveranstaltungen finden Sie hier!