Nicht nur in unserer Septemberausgabe 2023 machen wir Raum für Projekte aus dem Studium. Auch hier, auf unserer Webseite, stellen Studierende ihre eigenen Arbeiten selbst vor. Die Projekte finden Sie alle auf unserer Themenseite „Studium“ – und die Septemberausgabe gibt’s in unserem Shop.
Wir sind Mühldorf – doch wer ist mit „wir“ eigentlich gemeint? Der Fokus der folgenden räumlichen Entwicklungsstrategie für Mühldorf am Inn liegt besonders auf der Etablierung eines gemeinschaftlichen Diskurses. Dieser soll bereits am Beginn des Projektes gestartet werden und in Form einer Steuerungsgruppe entstehen.
Eine zukunftsorientierte Vision
Der Projektablauf gestaltete sich folgendermaßen: Anfangs wurde eine umfangreiche räumliche Analyse in Form einer SWOT-Karte erarbeitet, um die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Stadt Mühldorf zu identifizieren. Ergebnisse der Trendanalyse lenkten den Fokus auf das übergeordnete Thema eines nachhaltigen Politikkonzeptes, welches sich auf die Themen Mobilität, Arbeitsmarkt und Raumnutzung konzentriert. Mobilität, Arbeitsmarkt und Raumnutzung sind aktuelle Themen bei der Entwicklung von Städten, aber vor allem auch bei der Transformation von Orten im ländlichen Raum. Für künftige Entwicklungen muss auf den Ort aktiv reagiert werden, um weiterhin attraktive Standorte zu gewährleisten. Mithilfe der starken Wechselbeziehung zwischen den oben genannten Themen wurde eine zukunftsorientierte Vision mit einem Zeithorizont 2053 für die bayrische Stadt Mühldorf am Inn erarbeitet.
Integriert und inklusiv gedacht
Die Analyse bezüglich der drei Hauptthemen, Mobilität, Arbeitsmarkt und Raumnutzung ergab ein Maßnahmenpaket mit 12 Eingriffen, die wichtig und umsetzbar für die Stadt Mühldorf sind. Die Maßnahmen werden nach den drei Hauptthemen Mobilität, Arbeitsmarkt und Raumnutzung kategorisiert, aber integriert gedacht und überschneiden sich in allen Belangen, um eine effiziente Umsetzung zu ermöglichen.
Stück für Stück in Richtung gemeinschaftlicher Stadtplanung
Alle sind gefragt! Um einen aktiven Wandel in der Stadt zu erzeugen, müssen alle Akteure ins Boot geholt werden. Dadurch entwickelte sich eine Strategie und ein Leitfaden, wie eine dynamische Zusammenarbeit funktionieren kann und wie Akteure weit über den Stadtrat hinaus erreicht werden können. Eine neu gegründete Steuerungsgruppe, welche zwei neue Stellen in der Stadtverwaltung besetzt, nämlich „Kümmerer Bürger“ und „Kümmerer Wirtschaft“ bringen neben dem Prozesscoach und der Stadtbaumeisterin aktuelle Themen in die Runde. Auf Basis dieser Ergebnisse kann die Stadtplanung auf die Bedürfnisse der Akteure in Mühldorf eingehen und somit die Politik richtungsweisend bei Entscheidungen unterstützen. Die Umsetzung erfolgt in kleinen Schritten. Zu Beginn werden kleine Eingriffe umgesetzt, wie beispielsweise ein Pop-up Radweg oder die Zurverfügungstellung von Flächen zur freien Nutzung, um das Bewusstsein der Bürger*innen auf eine Aktivierung und Umnutzung der Flächen zu schärfen. In zeitlichen Abständen werden erste Eingriffe wiederholt evaluiert, um eine fortlaufend angepasste bauliche Umsetzung gewährleisten zu können.
Effizienter Umgang mit der Ressource Boden
Einen räumlichen Überblick über die langfristigen Entwicklungsziele zeigt der sogenannte „Big Plan“. Hier werden die übergeordneten Ziele der Hauptthemen sichtbar. Mühldorf will im Bereich der Mobilität ein multimodales Verkehrssystem anbieten und sich so als Vorzeigeprojekt der Verkehrswende in der Region positionieren. Autofreie Quartiere, eine Stadt-Regio-Tram als auch Mobility Hubs mit nachhaltigen Transportmitteln sind hier Maßnahmen. Um den Arbeitsmarkt weiter attraktiv für alle Generationen zu gestalten will sich Mühldorf auf das Thema „Arbeit von Morgen“ konzentrieren und mit innovativen als auch gemeinschaftlich genutzten Arbeitsplätzen neuen Lebensraum schaffen. Mühldorf will außerdem die endende Ressource Boden effizient und schonend nutzen und zu einer kompakten Stadtentwicklung für eine lebenswerte Stadt mit Umland beitragen. Hierfür ist eine innerstädtische Nachverdichtung wichtig als auch klare Siedlungsgrenzen sowie Natur- und Freihalteflächen zu definieren, um weiteren Flächenfraß vorzubeugen.
Zoom-Ins zeigen Auswirkungen auf verschiedene Quartiere
Um das Projekt zu konkretisieren und die positiven Auswirkungen auf spezifische Ortsteile zu zeigen, gibt es drei sogenannte „Zoom-Ins“. Hier wurden drei verschiedene Quartiere genauer untersucht und zukunftsrealistische Auswirkungen in Axonometrien dargestellt. Das Zoom-In Gebiet am Bahnhof wurde ausgewählt, um den Bahnhof zu einem neuen Dreh- und Angelpunkt einer nachhaltigen Mobilität zu gestalten als auch das Nachverdichtungspotential südlich der Gleise auszunutzen. Nordöstlich des Bahnhofs liegt der Außenstandort der Technischen Hochschule Rosenheim. Dieses Potential soll weiter ausgeschöpft werden, um das Quartier studierendenfreundlicher als auch einen „Shared Campus“ zu gestalten. Nutzungsmischungen zwischen Arbeiten, Leben und Wohnen begrüßen außerdem einen innovativen Gewerbegebiet-4.0-Standort. Um eine Verkehrswende möglichst effizient zu gestalten, wird im Norden Mühldorfs nahe der Autobahn ein Logistikzentrum geplant, um dort Warengüter als auch Personenverkehr abzufangen und mittels einer Personen- oder Gütertram gezielt in die Stadt zu bringen. Dies kann Mühldorf langfristig entlasten, indem das hohe Aufkommen an Schwerlastverkehr und PKWs innerhalb der Stadt deutlich reduziert werden kann.
Somit kann eine diverse, lebenswerte und nachhaltige Stadtentwicklung ganz nach den Bedürfnissen und Ideen der Bewohner*innen als auch Arbeitenden geschaffen und ein zukunftsorientierter, attraktiver Standort gesichert werden.
Der Entwurf entstand im Rahmen von „Mühldorf 2053“, einem Interdisziplinären Projekt im Master Urbanistik an der Technischen Universität München. Mehr über die Hintergründe zum Projekt gibt es hier zu lesen, und die Entwürfe weiterer Studierenden finden Sie hier.