02.09.2020

Redaktion

G+L 09/​20: Wohnquartiere

die das neue Erlenmattquartier in Basels Norden maßgeblich prägen. Foto: Ariel Huber

Schwarzbrot als Kür

Ohne Grün geht es nicht – weder im Stadt- noch im Wohnraum. Das hält uns die Corona-Pandemie deutlich vor Augen. Vor welchen Herausforderungen Landschaftsarchitekten und Planerinnen bei der Realisierung grüner Wohnquartiere stehen und wie das Ergebnis aussieht, damit beschäftigen wir uns in der Septemberausgabe. Das Editorial der G+L 9 von Redakteurin Tanja Gallenmüller.

Corona war das beherrschende Thema der vergangenen Monate, auch in Garten + Landschaft. Und auch in dieser Ausgabe spielt das Virus wieder eine wesentliche Rolle, obwohl der aktuelle Hefttitel schon Ende 2019 feststand, wo Covid-19, zumindest hierzulande, noch kein Thema war. Der Lockdown offenbarte deutlich: Ohne Grün geht es nicht in unseren Städten. Und ohne wohnungsnahes Grün schon gar nicht. Wenn Ausgangsbeschränkungen unseren Bewegungsradius, unsere Freizeitaktivitäten und den sozialen Austausch auf ein Minimum reduzieren, rückt das direkte Wohnumfeld mehr denn je ins Bewusstsein. Glücklich diejenigen, die einen Garten, einen grünen Innenhof oder gar einen öffentlichen Park in unmittelbarer Nachbarschaft haben. Oder zumindest einen Balkon. Doch nicht jedem ist dieses Glück vergönnt. Je dichter unsere Städte werden, umso größer wird der Kampf um jeden Quadratmeter Freiraum. Bebauen bringt Geld, Grün kostet.

Vielen Landschaftsarchitekten mag es daher wie Michael Kaschke von WES aus Hamburg gehen: Mehr Schwarzbrot als Kür scheint es ihm, den Freiraum von Wohnquartieren zu planen. Das liegt vor allem an dem meist geringen Budget, das die Wohnungsbaugesellschaften für den Außenraum bereitstellen. Da gilt es kreativ zu sein und aus dem Schwarzbrot trotzdem eine Kür zu machen. Die nötigen Herausforderungen dafür bietet dieses Arbeitsfeld jedenfalls: Man muss nicht nur mit kleinen Budgets und immer weniger Platz klarkommen. Darüber hinaus heißt es, den Bedürfnissen nach Spiel, Sport und Erholung möglichst aller Anwohner und Anwohnerinnen gerecht zu werden, eine gute Anbindung an die öffentliche Infrastruktur zu gewährleisten und die Anpassung an den Klimawandel sowie ökologische Aspekte zu berücksichtigen.

Zuschlag für das beste Konzept: Projekt Wohnquartier

Das verlangt nicht nur Planern viel ab, auch Politik und Verwaltung sind mehr denn je gefragt. Den Landschaftsarchitekten, deren Projekte wir in dieser Ausgabe vorstellen, gelingt der Spagat: Im Berliner Möckernkiez haben die Planer von hochC zum Beispiel viel erreicht: Jeder Hof ist individuell ausgestattet, die Anwohner identifizieren sich mit ihrem Grün und helfen bei der Pflege kräftig mit. Und gruppe F machte aus der Not überschwemmter Keller in der dänischen Siedlung Kirkebjerg vielseitige und Artenvielfalt fördernde Außenanlagen, deren Basis ein kostensparendes landschaftsbasiertes Regenwassermanagement ist. Auch viele Städte haben erkannt, worauf es ankommt: So zählen in Heilbronn zum Beispiel bestimmte Klimaanpassungsmaßnahmen bereits zum Standard im Bebauungsplan und nicht mehr allein der Grundstückspreis entscheidet über die Nutzung eines Areals, sondern das beste Konzept bekommt den Zuschlag. So geschehen beim Neckarbogen, über den wir unter anderem mit dem Baubürgermeister der Stadt, Wilfried Hajek, sprechen.

Das höchste Ziel sollte sein, ein für alle Bewohner und Bewohnerinnen einer Stadt lebenswertes Wohnumfeld zu schaffen. Hoffen wir, dass auch hier Corona bei all seinen negativen Auswirkungen etwas Gutes mit sich bringt und uns langfristig die Augen öffnet für das Wesentliche: das Grün vor unserer Haustür.

Die G+L zu den Wohnquartieren finden Sie ab dem 4.9. bei uns im Shop.

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