Landschaftsarchitekten sind gefragt: Es gibt keinen Bereich im Wohnungsbau, wo man mit so wenig Geld so viel Mehrwert schafft, betonte Martin Linz, Projektleiter bei Stofanel, auf den beiden Diskussionsveranstaltungen des bdla Berlin/Brandenburg in der BDA Galerie Berlin und der Stiftung Baukultur Potsdam zum Thema “Freiräume im Wohnungsbau” im Oktober. Die Wohnungsbaugesellschaft ist in Berlin durchaus umstritten für ihre als luxuriös befundenen Eigentumswohnungskomplexe. Das Unternehmen schaffe aber keine gated communities, sondern realisiere qualitative Umfeldeinbindung, beschrieb Linz. Im Süden Berlins etwa ließ Stofanel zuerst eine Landschaft mit See entwerfen vom renommierten Schweizer Landschaftsarchitekten Günter Vogt und passte dann ein ”urban village“ ein.
Wohnen in der Stadt ist wieder Trend. Wie trotz eiliger Wohnungsbauprojektierungen, ob nun von kommunaler oder privater Seite, innovative Freiräume entstehen, wird der bdla Berlin-Brandenburg nach prominent besetzten Podiumsrunden auch im kommenden Jahr vorantreiben, dann mit einer großen Ausstellung.
Gute Vorbilder gibt es etliche, wie eingangs ein Streifzug bewies durch ausgezeichnete Projekte, allesamt ausgewählt seit 2009 für den Sonderpreis Wohnumfeld des Deutschen Landschaftsarchitekturpreises des bdla. Mit dem Mannheimer Centro Verde etwa wurde für ein neues Stadtviertel zuerst der öffentliche Park entworfen und gebaut, aus ihm schieben sich Grünzüge wie Finger zwischen die Baukörper. In München machte das Planungsduo zaharias landschaftsarchitekten und Ulrike Widmer-Thiel Landschaftsplanung die FrauenWohnen eG glücklich: Mit einer feinsinnigen Raumfolge aus Gemeinschaftshöfen und Spielzonen bis hin zum privaten Staudengärtchen, so geht genossenschaftliches Bauen in der Messestadt Riem. In Berlin finden sich exzellente Lösungen in problematischem Bestand, herbeigeführt durch Partizipation. Mitten in einer Marzahner Großsiedlung wurde ein abgerissenes Schulgelände zur Sonderform von urban gardening, zum kiezPARK FORTUNA, erweitert um Spazierwege entlang seltener Obstbaumsorten, gedacht für Anwohner und die ganze Nachbarschaft; so substantiell wie liebevoll gelenkt von Landschaftsarchitektin Almuth Krause und Architektin Susanne Schnorbusch.
Wie aber Ausnahmeprojekte zum Standard machen? Braucht es dazu wie in München eine Freiraumsatzung, die zwingend Landschaftsarchitekten einbindet, wie Moderator Philipp Sattler bei der Veranstaltung in Potsdam erinnerte? Davon können Hamburg und Berlin nur träumen. Braucht es starke Persönlichkeiten, die gesetzliche Weichen stellen? Schließlich war es die ehemalige Vorsitzende des bdla, Andrea Gebhard, die in ihrer Münchner Amtszeit die erwähnte Freiraumsatzung durchsetzte! Braucht es mehr Architekten, die in Kooperationen und Wettbewerben bereit sind für den Austausch auf Augenhöhe, wie BDA Architektin Julia Dahlhaus postulierte. Braucht es mehr Kommunikation und Lobbyarbeit, damit sich die Gesellschaft nicht aus ihrer Verantwortung für lebenswerte Freiräume davonstiehlt, wie Andreas Goetzmann, Fachbereichsleiter der Potsdam Stadtplanung mahnte? Nicht immer nur überzeugen wollen, sondern entscheiden, appellierte Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, und mit großem Selbstbewusstsein die Gunst der Stunde ergreifen, in den großen Budgetplanungen für Infrastrukturmaßnahmen sei Landschaftsarchitektur überhaupt nicht umstritten. Selbst kleinteilige Verzettelungen auf den unteren Ebenen, wenn es im Wohnungsbau um tausende funktionaler Anliegen geht von Entwässerung über Barierrefreiheit bis hin zu Müllstellplätzen, ließ Nagel nicht gelten. Sein Credo: „Auch in der Nachverdichtung wollen wir mit unseren Plänen Gartenkunst machen“.