Am 1. Mai 2021 feierte das Empire State Building – eines der berühmtesten Gebäude der Welt – seinen 90. Geburtstag. Die Architekturikone in New York City erlebte in den letzten neun Jahrzehnten Fahrstuhlstürze von über 300 Metern, eine Flugzeugkollision und sollte ursprünglich als Anlegemast für Zeppeline aus Europa dienen. Hier haben wir für Sie fünf spannende Fakten zum Empire State Building zusammengefasst.
Als sich in den goldenen Zwanzigern der USA die Wirtschaft von einem Rekord in den nächsten aufschwang, begann in New York ein Wettlauf um das höchste Gebäude der Welt. Mehrfach korrigierten die Planer*innen des Empire State Buildings und des nahegelegenen, ebenfalls im Art-déco-Stil entworfenen Chrysler Buildings ihre Skizzen vor allem in eine Richtung: nach oben.
Den letzten Bleistiftstrich im Rennen zogen die Architekt*innen des Büros Shreve, Lamb and Harmon: Mit 102 Stockwerken und einer Dachhöhe von 381 Metern löste das Empire State Building im Jahr 1931 nach nur elf Monaten das Chrysler Building als höchstes Gebäude der Welt ab. Die darauffolgenden 40 Jahre und bis zur Eröffnung des World Trade Centers 1972 behielt das Empire State Building diesen Titel. Über so lange Zeit hinweg das höchste Gebäude der Welt zu sein – das schaffte kein Gebäude nach dem Empire State Building.
Jetzt feierte das Empire State Building am 1. Mai 2021 seinen 90. Geburtstag. Wir sagen: herzlichen Glückwunsch! Unzählige Geschichten haben sich seit dem ersten Spatenstich rund um den berühmtesten Wolkenkratzer der Welt entsponnen. Fünf besonders interessante stellen wir Ihnen hier vor.
Sky Exposure Plane bestimmt Formensprache
Konstruiert ist das Gebäude als genietete Stahlrahmenkonstruktion mit eingesetzten Fassadenelementen aus über 5 000 Kubikmeter Granit und Indiana-Kalkstein, der ihm seine Farbe verleiht. Seine Form mit den charakteristischen Rücksprüngen wurde nicht zuletzt vom New Yorker „Zoning Law“ mitbestimmt. Die Bauordnung von Edward Bassett, ein Gründungsvater der modernen Stadtplanung, stammt aus dem Jahr 1916. Damals versuchte man den Bau immer höherer Wolkenkratzer, so auch des Empire State Buildings, zu regulieren. Zu groß war die Angst, dass die Straßen zu schmalen und dunklen Schluchten werden.
Deswegen dürfen bis heute Gebäude eine imaginäre, ab einer bestimmten Höhe abgeschrägten Grenze nicht überschreiten. Mit anderen Worten: Mit zunehmender Höhe muss sich der Querschnitt eines Gebäudes in New York verjüngen, um übermäßige Abschattung benachbarter Gebäude und Straßenzüge zu verhindern. Das besagt die Bauregelung „Sky Exposure Plane“, die letztendlich auch die charakteristischen Rückstufungen mit den Aussichtsplattformen verantwortet. Vor allem die Plattform in der 86. Etage auf 320 Metern ist besonders beliebt bei vielen Besucher*innen der Stadt New York. Ihre Entstehung ist jedoch eher ein Resultat rechtlicher Vorschriften als der ursprüngliche Wille der Architekt*innen.
Schneller und billiger fertig als geplant
Die Fertigstellung des Empire State Buildings hat bei einem durchschnittlichen Bautempo von viereinhalb Stockwerken pro Woche nur ein Jahr und 45 Tage gedauert und damit kürzer als geplant. Anscheinend ist das der guten Baulogistik zu verdanken. Detaillierte Pläne sorgten für die Koordination der insgesamt 3 400 Bauarbeiter*innen. Eine Leistung, die aufgrund des Know-hows vor Ort vollbracht werden konnte. New York City begann nämlich bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bauen von Hochhäusern. Dieser Erfahrungsschatz fehlte in anderen Städten.
Doch nicht nur die schnelle Fertigstellung dürften die Bauherr*innen gefreut haben, auch die Baukosten lagen unter Budget. Der traurige Grund dafür war allerdings auch die Ende 1929 beginnende Great Depression, die die Lohnkosten fallen ließen. Die damals knapp 41 Millionen Dollar Baukosten entsprächen heute über einer halben Milliarde Dollar. Zum Vergleich: das höchste Gebäude der Welt heute, der Burj Khalifa in Dubai, hat mit 1,5 Milliarde Dollar dreimal so viel gekostet wie das Empire State Building.
1945: Ein Bomber fliegt ins Empire State Building
Es war ein nebliger Samstagmorgen, als Colonel William Smith seine B-25 in die 28. Juli 1945 in die Nordseite des 79. Stockwerks steuerte. Sein eigentliches Ziel: der Flughafen Newark im benachbarten Bundesstaat New Jersey. Moderne Instrumentenflugtechnologie stand zu dieser Zeit nicht zur Verfügung. Als der Pilot seine Flughöhe verringerte, um dem Nebel zu entkommen, fand er sich mitten in Manhattan wieder. Es gelang ihm noch, mehrere Wolkenkratzer zu umfliegen, dann traf sein Flugzeug das Empire State Building. Es riss ein brennendes Loch von sieben Metern Durchmessern in die Fassade. 14 Personen, darunter die dreiköpfige Crew, kamen dabei ums Leben.
Betty Lou Oliver, eine junge Aufzugführerin, stürzte 75 Stockwerke in einem Fahrstuhl in die Tiefe, als Teile des Triebwerks des Bombers in die Fahrstuhlschächte eindrangen und dabei die Aufzugseile durchschnitten. Vermutlich durch die mehreren hundert Meter bereits im Schacht befindlichen Kabel und das durch den Sturz gebildete Luftkissen gebremst, überlebte Oliver trotz schwerer Verletzungen.
Der Wolkenkratzer als Landeplatz für Zeppeline
In der Überzeugung, dass transatlantische Zeppelinflüge das Reisekonzept der Zukunft werden würden, sollte die Spitze des Gebäudes einen Ankermast für die Luftschiffe darstellen, über den Passagier*innen aus Übersee mit Hilfe einer open-air-Gangway quasi mitten in New York hätten aussteigen können. Die 86. Etage wäre demnach nicht Ziel per se von Tourist*innen gewesen, sondern Mittel zum Zweck. Dort war eine Abfluglounge mit Ticketverkauf und Zollkontrollen geplant. Die ungefähr zwanzig Stockwerke von Ankermast bis zur 86. Etage hätten die Ankommenden allerdings zu Fuß und ohne Aufzug überwinden müssen. Passagier*innen mit viel Gepäck wären da ganz schön ins Schwitzen gekommen. Daran scheiterte allerdings die Idee des Landeplatzes nicht. Tatsächlich stellte sich heraus, dass das Manövrieren der Zeppeline wegen der turbulenten Aufwinde über Manhattan zu gefährlich war. Das Vorhaben wurde, noch bevor ein Mensch je über den Mast ausgestiegen wäre, eingestellt.
Das Empire State Building soll zu einem grünen Beispiel der Nachhaltigkeit werden
2009 beschloss die Betreiber*innengesellschaft des Empire State Buildings grüne Umbau- und Sanierungsmaßnahmen mit einem Volumen von 550 Millionen Dollar. Zu den Maßnahmen gehörten beispielsweise die thermische Aufrüstung der über 6 500 Fenster des Baus. Außerdem eine Versorgung des Gebäudes mit Elektrizität aus 100 Prozent Windkraft, effizientere Klimaanlagen, Sonsorik zur Überwachung und Steuerung des Raumklimas und eine vom Umgebungslicht beeinflusste Lichtsteuerung. 40 Prozent der Kohlenstoffemissionen des Gebäudes konnten so in den letzten zehn Jahren eingespart werden. Die Kosten der Maßnahmen hatten sich sogar schon nach fünf Jahren ausgezahlt.
Doch in dem sogenannten Rebuilding-Projekt nicht aufgelistet, blieb wohl die Tatsache, was das Empire State Building besonders nachhaltig macht: seine 90 Jahre. Wenig US-amerikanische Gebäude dieser Größenordnung können das von sich behaupten. Deswegen freuen wir uns umso mehr über das Jubiläum der Architekturikone und zukünftige Geschichten.
Auch interessant – wenn auch näher am Boden, aber nicht weniger majestätisch und überblickend: Die Skulptur „Brick House“ von der Künstlerin Simone Leigh ist krönender Abschluss der High Line, einer Wiederbelegung der 1980 stillgelegte Hochbahntrasse in Manhattan. Lesen Sie hier mehr dazu.
Alles Rekordhalter rund um höchste Gebäude der Welt verraten wir Ihnen hier.