Die geplante Autofreiheit Berliner Friedrichstraße führt immer wieder zu Konflikten und Änderungen. Seit November 2022 durften nach einer Klage wieder Autos auf dem verkehrsbefreiten Abschnitt fahren. Ab dem 30. Januar ist dies wieder verboten. Ein Update.
Die Umwidmung und Wieder-Umwidmung
Erst im November 2022 entschied die Stadt Berlin, der Klage einer Ladenbesitzerin nahe der Friedrichstraße nachzugeben und den Abschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße wieder befahrbar zu machen. Anja Schröder hatte aufgrund wirtschaftlicher Verluste geklagt, denn die Teilsperrung führte zu mehr Verkehr und zu schlechter Aufenthaltsqualität vor ihrem Laden. Die G+L berichtete zur autofreien Friedrichstrasse hier.
Die Umwidmung des Teilabschnitts in eine autofreie Friedrichstraße ist schon lange geplant. Zwischen November 2022 und Ende Januar 2023 durften hier kurzzeitig wieder Autos fahren. Ab dem 30. Januar handelt es sich bei dem 500 Meter langen Teilabschnitt der Friedrichstraße jedoch um eine dauerhafte Fußgängerzone. Die dafür nötige offizielle Umwidmung, die bisher gefehlt hatte, wurde am 27. Januar im Amtsblatt verkündet. Diese sogenannte Teileinziehung ist nun gültig. Damit ist der Abschnitt endgültig autofrei.
Es handelt sich um einen Gewinn für die Berliner Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch: „Die Friedrichstraße als dauerhafte Fußgängerzone ist ein wichtiger Baustein im Kontext der Verkehrswende-Projekte zwischen Rathausforum, Checkpoint Charlie und Unter den Linden. Wir führen diese Maßnahmen zusammen, um den alten Kern der Hauptstadt dauerhaft lebenswert, klimarobust und attraktiv für die Berlinerinnen und Berliner und ihre Gäste zu gestalten.“
Konflikte um die Sperrung der Friedrichstraße
Die erneute Sperrung der Friedrichstraße für PKW hat für Unmut gesorgt. Ein Bündnis aus Gewerbetreibenden und Anwohnenden will sich gegen die Sperrung wehren, was zu einem Rechtsstreit führen könnte. Dieses Bündnis heißt „Rettet die Friedrichstraße!“. Es plant, beim Bezirksamt Berlin-Mitte Widerspruch gegen die Umwidmung der Straße zur Fußgängerzone einzulegen. Zudem sind Klagen vor dem Verwaltungsgericht geplant. Sind diese erfolgreich, müsste die Straße bis zum Abschluss der Widerspruchsverfahren für den Verkehr geöffnet bleiben. Notfalls würde die Initiative mit ihrer Klage sogar bis vor das Verwaltungsgericht gehen, kündigte Anwalt Marcel Templin an.
Jarasch hatte die Maßnahme mitten im Wahlkampf angekündigt. Am 12. Februar 2023 fand die wiederholte Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen statt. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD äußerte sich dazu: Sie hielt die Aktion für einen Alleingang, der nicht durchdacht sei. Es fehle ein Gesamtkonzept. Auch Wirtschaftssenator Stefan Schwarz (parteilos) kritisierte die Umwidmung, da die Beteiligung von Anwohnenden und Händler*innen fehle.
Senatorin Jarasch verteidigte ihre Entscheidung. Sie betonte, dass die Friedrichstraße zu einem modernen Stadtraum werden soll. Dies ist Teil eines größeren Projekts, die gesamte historische Mitte von Berlin fußgängerfreundlich zu gestalten. Derzeit dürfen nur noch Fußgänger*innen, Radfahrende, kleine E-Fahrzeuge, Einsatzkräfte und Lieferwagen den Teilabschnitt der Friedrichstraße nutzen.
Das Verfahren zur Zukunft
Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz kündigte in einer Pressemitteilung vom 25. Januar 2023 an, dass nach der Umwidmung unmittelbar die „Vorbereitungen für die mittelfristige Gestaltungsplanung der Friedrichstraße“ beginnen könnten. Zu dem Projekt der Stadtraumentwicklung gehören auch die Neugestaltung von Unter den Linden, die Verkehrsberuhigung von Rathausforum und Marx-Engels-Forum, der Umbau des Molkenmarkts sowie die Neugestaltung der Leipziger Straße. Laut Senatsverwaltung soll zeitnah ein detailliertes Gestaltungs- und Beteiligungsverfahren für die Friedrichstraße entwickelt werden. Dieses soll Teil eines Gesamtkonzeptes für Berlins alte Stadtmitte sein.
Das umstrittene verkehrspolitische Vorhaben der autofreien Friedrichstraße wird voraussichtlich auch weiterhin für Schlagzeilen sorgen. Denn die noch unklare Zukunft nach der Berliner Wahl bedeutet, dass sich auch in Bezug auf die Verkehrspolitik schnell vieles ändern kann. Jarasch hatte noch im Wahlkampf darauf plädiert, bald mit dem Verfahren zur künftigen Gestaltung der Friedrichstraße zu beginnen. Die Grünen-Politikerin rief dazu auf, direkt nach der Wahl am 12. Februar mit einem Wettbewerb zu beginnen, um die neue Fußgängerzone auf der Friedrichstraße zu gestalten. Wie es nun weitergeht, ist derzeit offen.