12.04.2022

Aktuelles

Carlo Scarpa Preis 2022 geht nach Berlin

erfahren Sie hier. Der Eingang des Natur Park Südgelände in Berlin-Schöneberg (Foto: Marco Zanin für Fondazione Benetton Studi Ricerche)
erfahren Sie hier. Der Eingang des Natur Park Südgelände in Berlin-Schöneberg (Foto: Marco Zanin für Fondazione Benetton Studi Ricerche)


Der Carlo Scarpa Preis 2022 geht an das Berliner Südgelände

Nach 25 Jahren geht der Carlo Scarpa Preis erstmals wieder an eine Parklandschaft in Deutschland. Welches Berliner Areal die Jury ehrt, lesen Sie hier.

Der Internationale Carlo Scarpa Preis, benannt nach dem italienischen Landschaftsarchitekten, geht im Jahr 2022 an den Natur Park Südgelände in Berlin. Damit erhält zum ersten Mal seit 25 Jahren wieder eine deutsche Parklandschaft den Preis.

Die italienische Benetton Studien- und Forschungsstiftung mit Sitz in Treviso gab die Preisvergabe am 16. März 2022 in Mailand bekannt. Schon seit 1990 wird der Carlo Scarpa Preis jährlich ausgelobt. Er würdigt landschaftsarchitektonische besondere Orte, die naturbezogene, historische und gestalterische Werte miteinander in Beziehung setzen. Der Natur Park Südgelände steht laut der Stiftung für das besondere Naturverständnis Berlins. Er stellt eine Brücke zwischen Ökologie, Kunst und städtischer Kultur dar.

Der Natur Park Südgelände wurde von der Stadt Berlin gesichert und vom landeseigenen Unternehmen Grün Berlin GmbH entwickelt und betrieben.

Christoph Schmidt, Geschäftsführer Grün Berlin: „Wir freuen uns sehr über die hochkarätige Auszeichnung des Carlo Scarpa Preis. Der langgestreckte Natur Park Südgelände steht nicht nur beispielhaft für die Umwandlung einer ehemaligen Berliner Bahnstrecke in einen Park. 1999 als dezentrales Projekt der EXPO 2000 in Hannover eröffnet, ist das Schöneberger Südgelände eine Mischung aus wilder Natur, technischen Relikten und erlebbarer Kunst: ein Stück Stadtnatur, das untrennbar mit der politischen, sozialen und urbanen Geschichte Berlins verbunden ist.“

Ehemals Rangierbahnhof, jetzt Naturpark. (Foto: Marco Zanin für Fondazione Benetton Studi Ricerche)
Alle technischen Elemente des Bahnhofs wurden erhalten. (Foto: Marco Zanin für Fondazione Benetton Studi Ricerche)

Der Natur Park Südgelände

Luigi Latini, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Fondazione Benetton Studi Ricerche, sagte: „Der Natur Park Südgelände steht für eine intensive Vermittlung von Natursinn, für Erinnerungskultur, Innovation und ästhetische Forschung. Seine Geschichte wird als Schlüssel zu einem umfassenderen Verständnis einer Stadt verstanden, die eine außergewöhnliche Beziehung zur Natur entwickelt hat und eine besondere Vorstellung von ‘urbaner Natur’ vermittelt.“

Der Natur Park Südgelände steht dabei auch für die ganze Stadtnatur in Berlin, weit über den Stadtteil Tempelhof-Schöneberg hinaus. Denn das Gelände ist Teil eines geschützten Biotopverbundes und Freiraumsystems, das über acht Kilometer lang als linearer Bereich von Norden nach Süden durch Berlin verläuft.

Das Parkgelände bietet viele Nutzungs- und Erholungsangebote. Es vernetzt stadthistorisch und -politisch wichtige Orte und dient zugleich als Wegeverbindung zu Fuß und mit dem Rad. Es liegt auf dem Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs Tempelhof, der 1952 stillgelegt wurde. Danach eroberte die Natur die Gleise und Bahnhofsflächen zurück. Bis heute sind hier die technischen Elemente des Bahnhofs, aber auch Umwelt und Kunst zu sehen. Die wilde Natur wird von einem Team aus Gärtner*innen sowie von Heidschnucken-Schafen gepflegt. Zum Areal gehört auch die knapp 5 000 Quadratmeter große Lokhalle mit Wasserturm und Brückenmeisterei. Sie wurde denkmalgerecht zu einem kulturellen Veranstaltungs- und Atelierstandort saniert.

Die Auszeichnung: Eine ausführliche Dokumentation des Parks

Der Carlo Scarpa Preis 2022 wurde mit der Begründung vergeben, das Südgelände stehe für „Natursinn, Erinnerungskultur, Innovation und ästhetische Forschung“. Kern der Auszeichnung ist eine wissenschaftliche Studie zur preisgekrönten Landschaft. Diese umfasst eine ausführliche Dokumentation zu Entwicklung und Geschichte des Ortes, fotografische und wissenschaftlich Essays, Interviews mit beteiligten Akteur*innen sowie einen Dokumentarfilm. Ab Mai 2022 werden die Dokumente in englischer Sprache von der Benetton Stiftung veröffentlicht.

Veranstaltungshinweis: 

Den im Rahmen des Carlo Scarpa Preis produzierten Dokumentarfilm zeigt feldfünf in Berlin am 18. und 27. November.  Anschließenden lädt feldfünf zum informellen Gespräch über den Film und die Berliner Stadtnatur mit dem Regisseur Davide Gambino und weiteren beteiligten Personen ein. Mehr zu der zweiteiligen Veranstaltungsreihe erfahren Sie hier: Filmscreening Carlo Scarpa Preis.

Das Filmscreening bei feldfünf ist Teil einer zweiteiligen Veranstaltungsreihe des Internationalen Carlo Scarpa Preis für den Garten, der erste Teil findet im Italienischen Kulturinstitut Berlin statt.

In ihrer Begründung zum Carlo Scarpa Preis 2022 schreibt die Stiftung: „[…] wegen der immer dringlicheren Notwendigkeit, Orte als Ergebnis gemeinsamer Erfahrung und Stätte der Begegnung von Wissen und Zuhören zu sehen, positioniert zwischen sozialem Umfeld und kultureller Debatte, hat der wissenschaftliche Beirat der Fondazione Benetton Studi Ricerche beschlossen, das Carlo-Scarpa-Siegel drei Persönlichkeiten zu übergeben, die den Geist dieser gemeinsamen Erfahrung vermitteln: der Landschaftsplanerin Rita Suhrhoff (Grün Berlin, verantwortlich für den Park), dem Bildhauer Klaus Duschat (Odious) und dem Ökologen und Landschaftsplaner Ingo Kowarik. In ihren Händen ist der Preis Ausdruck der Verbundenheit und Anerkennung all derjenigen, die mit ihrer Arbeit zeigen, wie notwendig es ist, eine bewusste Beziehung zur Erde zu entwickeln, und die ihr leidenschaftliches Streben nach Wissen verbunden mit dem unermüdlichen Wunsch, sich bei der Gestaltung von Landschaften höchsten ästhetischen, ethischen und ökologischen Ansprüchen zu stellen, unter Beweis stellen.“

Auch die alten Gleise sind erhalten geblieben. (Foto: Marco Zanin für Fondazione Benetton Studi Ricerche)
(Foto: Marco Zanin für Fondazione Benetton Studi Ricerche)

Der zweite Carlo Scarpa Preis für Deutschland

Der Natur Park Südgelände ist erst der zweite deutsche Preisträger des Carlo Scarpa Preises. Davor erhielt das Dessau-Wörlitzer Gartenreich im Jahr 1997 die Auszeichnung. Es gehört auch zum UNESCO-Welterbe. Weitere Preisträger und Forschungsobjekte der Stiftung sind die Agdal-Gärten von Marrakesch (2000), das „Rose Valley Red Valley“ im türkischen Kappadokien (2020/21) sowie die Tee-Gärten im chinesischen Wuyuan (2019).

Der Carlo Scarpa Preis soll nicht nur die landschaftliche Besonderheit und Pflege bestimmter Grünflächen hervorheben. Er  soll überdies auch als Instrument, um diese nachhaltig zu schützen. Entsprechend lenkt der Preis die Aufmerksamkeit auf die intellektuellen und manuellen Aufgaben, die hinter der Erstellung und Pflege eines Parks stehen. Zudem sucht das Komitee nach besonderen Projekten, die zum Nachdenken anregen und zukunftsfähige Konzepte haben. Es besteht aus einem internationalen Team an Architekt*innen, Gartenexpert*innen, Agronom*innen, Geographiker*innen, Botanist*innen und Historiker*innen. Das Siegel des Preises basiert auf einem Design von Carlo Scarpa selbst (1906-1978).

Eine andere beeindruckende Landschaft, die 2020 mit dem Carlo Scarpa Preis geehrt wurde, ist das Rosental und die Rote Schlucht in Kappadokien.

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