16.03.2023

Gesellschaft

Deutschlandtakt kommt noch nicht so bald

Ein Zug fährt in einen Bahnhof ein.
Vorbild für den „Deutschlandtakt“ war das Bahnsystem der Schweiz. Foto: Unsplash

Das Vorhaben, Züge in Zukunft schneller und in häufigerer Frequenz durch Deutschland fahren zu lassen, wird Deutschlandtakt genannt. Die Bahnen der Deutschen Bahn und von anderen Anbietern wie Flix Train sollen an Verkehrsknotenpunkten im 30- bis maximal 60-Minutentakt fahren.


Züge sollen im "Deutschlandtakt" häufiger fahren

Mit dem „Deutschlandtakt“ soll nichts geringeres geschaffen werden als ein komplett neues System für den deutschen Nahverkehr: Anstatt lange Zugfahrten von einem Bahnhof auf die andere Seite Deutschlands in Kauf zu nehmen, soll das Umsteigen an Verkehrsknotenpunkten eine schnellere und zuverlässigere Bahnfahrt ermöglichen. An diesen Bahnhöfen sollen die Züge in deutlich häufigeren Takt fahren als bisher. Dieses Prinzip soll nach dem Motto „Erst Fahrplan, dann die Infrastruktur“ funktionieren.
Bisher war es genau andersherum: Der Fahrplan orientierte sich an den vorhandenen Bahnstrecken, Umsteigen war nur entlang der Strecke möglich und führte teilweise zu zu langen oder zu knappen Umsteigezeiten. Ziel des „Deutschlandtakts“ ist es nun, den Bahnfahrenden direktere Anschlüsse, kürzere Wartezeiten und somit ein insgesamt zuverlässigeres Erlebnis beim Zug fahren zu bieten.

Konkret bedeutet das: Der Deutschlandtakt als Plan sieht vor, die Infrastruktur neu auszubauen, und somit schnellere Zugfahrten in ganz Deutschland zu ermöglichen. Je mehr Knotenpunkte es gibt, desto mehr Orte zum Umsteigen zwischen Zügen gibt es und desto mehr Verbindungen werden in Zukunft möglich sein. Idealerweise soll dabei eine so genannte „Nullsymmetrie“ entstehen: Züge sollen im neuen Netz entweder zur Minute 0 oder zur Minute 30 einfahren. Zwischen zwei Knotenpunkten soll die Fahrzeit insgesamt 60 Minuten, also eine Stunde Fahrzeit beinhalten.


Beispiele für Knotenpunkte in der Zukunft

  • Stuttgart – Berlin – in ca. viereinhalb Stunden erreichen (Zeitersparnis: ca. eine Stunde)
  • Berlin – Düsseldorf – in ca. dreieinhalb Stunden (Zeitersparnis: ca. 40 Minuten)
  • Görlitz – Nürnberg in ca. vier Stunden erreichen (Zeitsersparnis: ca. eine Stunde und eine Viertelstunde)

Das neue „Knotensystem“ soll, laut dem Verkehrsplaner Phillipp Schröder, der auf dem offiziellen Blog zum „Deutschlandtakt“ zu Wort kommt, auch zu einer Entlastung des Streckennetzes führen. Denn ein Neuausbau von Strecken sei im Gegensatz zu Umbaumaßnahmen auf bestehenden Gleisen parallel zum bestehenden Verkehrsnetz zu leisten. Manche Verbindungen, bei denen das Umsteigen in einen anderen Zug erforderlich ist, erreichen Fahrende im Moment nur sehr knapp. Der neue Deutschlandtakt soll dagegen auch längere Umsteigezeiten beinhalten.

Der Deutschlandtakt soll zu Zeitersparnissen führen. Bild: Deutschlandtakt.de

Versprechen einer flächendeckenden, zuverlässigen Verbindung

Nicht nur die Verbindung zwischen den Großstädten in Deutschland soll durch den neuen Deutschlandtakt gelöst werden. Auch Menschen auf dem Land sollen unabhängiger von ihrem Auto werden können, in dem die Abfahrtzeiten der Nahverkehrszüge an die Fernverkehrszüge angepasst werden sollen.

Verwirklicht werden sollte der Plan ursprünglich bis zum Jahr 2030. Ebenfalls wurde im Koalitionsvertrag der SPD, Grünen und FDP, der so genannten Ampel-Regierung, vorgesehen den Schienengüterverkehr bis 2030 um 25 Prozent zu steigern. Zu gute kommen soll der Deutschlandtakt nämlich nicht nur reisenden Personen, sondern auch dem Transport von Waren. Allerdings scheint es an der Umsetzung der ehrgeizigen Pläne noch zu hapern..

Auch im ländlichen Raum soll der "Deutschlandtakt" zu einer Zeitersparnis führen. Grafik: Deutschlandtakt.de

Zeitplan wird sich verschieben

Als die Planungen für den „Deutschlandtakt“ 2018 begannen, war das Ziel, ihn 2030 durchsetzen zu können. Doch 2023 räumte der Staatssekretär und Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr Michael Theurer (FDP) in einem Interview mit dem ZDF ein, dass das Projekt eher in den „nächsten 50 Jahren“ umgesetzt werden sollte. Es hagelt daher Kritik von unter anderem Umweltorganisationen, da zu einem umweltfreundlichen Handeln der dringende Ausbau des Zugverkehrsnetzes gehöre. Außerdem schätzen Fachleute die geplante Investition von 48,5 Milliarden Euro zu gering ein. Sie tippen eher auf 60 Millionen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gab an, auf diese Summe aufstocken zu wollen. Beschlossen ist dies jedoch noch nicht.

Noch lässt der "Deutschlandtakt" auf sich warten. Foto: Unsplash

Theurer sagte allerdings, es sei von Anfang an klar gewesen, dass das Projekt ein „Jahrhundertprojekt“ werde und nicht innerhalb von 12 Jahre umgesetzt werden könne. Mit der Planung wurde nämlich erst 2018 begonnen, als die Schweizer bereits seit Jahrzehnten das Knotensystem in Betrieb hatten.


Pünktlichkeit durch Digitalisierung und Infrastrukturausbau

Das neue System funktioniert natürlich nur, wenn die Züge künftig pünktlich kommen. Die Pünktlichkeit will die deutsche Bahn und die Bundesregierung die Voraussetzungen mithilfe der „Digitalen Schiene“ und dem bereits genannten Ausbau der Infrastruktur bewerkstelligen. Zur digitalen Schiene gehören unter anderem ECTS-Bordcomputer sowie digitale Stellwerke.

Viele Akteure mischen bei dem komplexen Vorhaben mit. Unter anderem die Mobilitätsunternehmen Deutsche Bahn und Flixtrain, aber auch Siemens, gemeinnnützige Vereine wie Allianz pro Schiene sowie Interessenverbände wie der Bundesverband für Industrie (BDI). (Zu einer vollständigen Liste alle Akteuere geht es hier.


Schweiz als Vorbild

Das Vorbild für den so genannten Deutschlandtakt ist die Schweiz. Was in Deutschland erst neu eingeführt werden sollte, gibt es im kleinen Nachbarland bereits seit 1982: Anstatt direkter Verbindungen von Ort zu Ort gibt es Knotenbahnhöfe, an denen Reisende regelmäßig umsteigen können. Seitdem fahren Busse und Züge in der Schweiz etwa im 30 Minuten-Takt. Das berichtete zum Beispiel die Schweizer Zeitung „Tagblatt“, als die Pläne in Deutschland bekannt wurden. Auch die Pläne zum Deutschlandtakt haben Zürcher Ingenieure verfasst. In der Mobilitätsbranche ist die Beratungsfirma SMA, die den Plan und jüngst auch ein Gutachten zum Deutschlandtakt erstellt hat, auch außerhalb der Schweiz bekannt.

Schnelleres, zügiges Bahnfahren: Das soll der "Deutschlandtakt" gewährleisten. Foto: Deutschlandtakt.de
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