Die Bundesarchitektenkammer sieht Handlungsbedarf im Bereich der Digitalisierung der Baubranche. In einer Broschüre haben die Kammern konkrete Forderungen an die Bundesregierung formuliert. Darin wird klar, dass Digitalisierung sich auch auf viele Tätigkeitsbereiche rund um Architektur auswirkt.
Digitalisierung Baubranche Zukunftsthema
Obwohl die neue Bundesregierung kaum mehr als 100 Tage im Amt ist, richtet die Architektenkammer des Bundes bereits einen Appell an die Regierung. Die Vertreter*innen der 16 Länderkammern fordern, die Digitalisierung der Baubranche zu forcieren. Denn nur wenn digitale Werkzeuge und Planungsmethoden zur Verfügung stehen, können die politischen Ziele in Wohnungsbau und Klimaschutz erreicht werden. Die Baubranche ist eine der großen Branchen der deutschen Wirtschaft und befindet sich derzeit in einer spannenden Phase. Dazu trägt auch die Digitalisierung bei. Sie ist allerdings kein Selbstzweck, sondern dient der Qualität der gebauten Umwelt und hilft, diese nachhaltig zu gestalten. Anders herum gesagt, ist die Digitalisierung der Baubrache ein wesentliches Mittel, um den aktuellen Herausforderungen im Klimaschutz zu begegnen und die formulierten Klimaziele zu erreichen.
Die Digitalisierung der Baubranche ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Schon jetzt umfasst das Spektrum digitaler Methoden und Werkzeuge eine ganze Bandbreite. Sie reicht von Building Information Modeling über 3D-Druck von Modellen und Gebäuden, über digitale Fabrikation, künstliche Intelligenz, Mass Customization bis hin zu Robotik, Block Chain und Smart City. Auch bei der Architektenkammer des Bundes sind eine Vielzahl von Initiativen, von Architekt*innen und berufspolitisch Aktiven engagiert, um in der digitalen Transformation Orientierung zu bieten. Zur Unterstützung Interessierter gehören Angebote wie bundesweite Fortbildungsprogramme, praxisnahe Publikationen, qualitätvolle Veranstaltungsformate und berufspolitische Stellungnahmen. Auch die neue Broschüre der Bundesarchitektenkammer zur Digitalisierung der Baubranche leistet einen wichtigen Beitrag dazu.
Forderungen zur Digitalisierung
Die Methode des Building Information Modeling ist im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung verankert. Dementsprechend ist die Regierung bestrebt, Building Information Modeling auch im Bundesbau zum Standard zu machen. Damit dabei die zahlreichen kleinen und mittleren Architekturbüros in Deutschland nicht abgehängt werden, engagiert sich die Architektenkammer für ihre Mitglieder. Sie setzt sich dafür ein, dass kleine und mittlere Büros in ihrer Vielfalt, Agilität und Flexibilität als treibende Kraft für die Digitalisierung wahrgenommen werden und durch optimale Rahmenbedingungen Unterstützung bekommen. Wie genau diese Unterstützung bei der Digitalisierung der Baubranchen aussieht, das präsentiert die Broschüre „Berufspolitische Forderungen zur Digitalisierung“. Die Veröffentlichung ist von den Digitalisierungsexpert*innen der Bundesarchitektenkammer verfasst und mit Vorschlägen in sieben Handlungsfeldern versehen.
Broschüre benennt sieben Handlungsfelder
Zu den sieben Handlungsfeldern, die die Kammer im Bereich der Digitalisierung der Baubranche identifiziert, gehört die Forderung nach zentraler Planungsverantwortung bei Architekt*innen. Denn auch wenn die BIM-Methode eine starke Kooperation aller am Projekt Beteiligten mit sich bringt, haben Architekt*innen die größte Kompetenz für die erfolgreiche Koordination eines Projekts. Daher fordert die Kammer, dass bei Projekten der öffentlichen Hand die BIM-Gesamtkoordination bei Architekt*innen und Architekten verbleibt.
Die Architektenkammer fordert auch die Unabhängigkeit der Planung von der Ausführung. Denn nur wenn die Planung unabhängig von den wirtschaftlichen Interessen der Ausführenden bleibt, können die Interessen der Bauherrschaft, der Gesellschaft, der Umwelt und der Baukultur gewahrt sein. Daher fordert die Kammer, dass die Planung öffentlicher Bauprojekte nicht an Generalübernehmer vergeben werden darf.
Auch die Struktur kleiner und mittelständischer Unternehmen sieht die Kammer bei der Digitalisierung der Baubranche als Standortvorteil. Daher wird in der Broschüre ein schneller Ausbau der digitalen Infrastruktur und der flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Breitbandversorgung gefordert. Ebenso trägt zur Digitalisierung der Baubranche der Ausbau bereits existierender Förderprogramme bei. Wenn digitale Planungsmethoden in Ausschreibungen aufgenommen werden, darf das nicht dazu führen, dass kleine Architekturbüros ausgegrenzt werden.
Darüber hinaus fordert die Architektenkammer des Bundes, die Digitalisierung im Bauwesen politisch zu flankieren. Die bisher erlebte Fragmentierung von Kompetenzen in verschiedenen Bundesministerien ist nicht hilfreich. Vielmehr fordert die Architektenschaft eindeutige und zentrale Ansprechpartner*innen für Digitalisierungsbedürfnisse im neuen Bauministerium. Nur so kann die Zersplitterung von Zuständigkeiten vermieden werden.
Architektenkammer für Prozessbeschleunigung
Außerdem fordern die Vertreter*innen der Architektenschaft den Schutz digitaler Daten, Modelle und des Know-hows. Aus ihrer Sicht ist es unbedingt erforderlich, die gesetzlichen Schutzrechte an den notwendigen Schutz und die Vielgestaltigkeit digitaler Arbeitsergebnisse anzupassen. Derzeit ist das im Urheberrechtsschutz, Datenbankschutz oder Wettbewerbsschutz nicht ausreichend berücksichtigt.
Desweiteren heisst es in der Broschüre zur Digitalisierung der Baubranche, dass offene, transparente und inter-operable Systeme von Nöten sind. Deshalb fordert die Bundesarchitektenkammer von öffentlichen Auftraggebern, in der Ausschreibung keine spezifische Software oder bestimmte Formate vorzuschreiben oder in der Vergabe vorzuziehen.
Schließlich ist eine ununterbrochene, digitale Prozesskette auch in den Bauverwaltungen sicherzustellen. Dafür müssen auch die Verwaltungen über bessere Ausstattung, Schulungen sowie Personalaufstockungen leistungsfähiger werden. Auch ein stringentes Voranbringen der Digtalisierung eines einheitlichen Baugenehmigungsverfahrens ist der Architektenkammer wichtig. Damit will sie eine grundlegende Beschleunigung der Prüf- und Genehmigungsprozesse erzielen.
Auch interessant: Der Westbank Campus im Silicon Valley. Dort realisieren Kengo Kuma, Bjarke Ingels Group, James K.M. Cheng Architects, WRNS studio sowie Studio Gang ein neues Quartier.