04.05.2021

Event

Fondation Beyeler unter Wasser

Der dänische Installationskünstler Olafur Eliasson flutet mit seiner neuesten Ausstellung „Life“ die Fondation Beyeler in der Schweiz. Welche Aussage hinter der 24 Stunden geöffneten Kunst steckt, lesen Sie hier.

OLAFUR ELIASSON
LIFE

 

Die Fondation Beyeler in Riehen in der Schweiz hat die Sehnsucht nach einer Öffnung der Museen, die seit einem Jahr aus Infektionsschutzgründen geschlossen sein müssen, wörtlich genommen. Für ihre neueste Ausstellung durchbrachen die Verantwortlichen die Glaswände. Denn wer braucht schon Türen und Fenster, wenn man Landschaft und Raum verbinden will und kann? Dort, wo sonst die Seerosen Claude Monets hängen, hat der dänische Installationskünstler Olafur Eliasson einen künstlichen Teich angelegt, der nicht nur die Räume der Fondation flutet, sondern weit darüber hinaus in den öffentlich zugänglichen Garten reicht.

OLAFUR ELIASSON
LIFE
Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021, Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles © 2021 Olafur Eliasson, Foto: Pati Grabowicz

 

Grünes Wasser füllt den Tümpel, wie Gift schwappt es darin, umgeben von allerlei Pflanzen. Eliasson färbte das Wasser mit Uranin, einem eigentlich gelben, unter UV- und Tageslicht grün fluoreszierenden Farbstoff. Über Stege können Besucher*innen den Teich umrunden und überqueren – Tag und Nacht. Die Ausstellung mit dem Titel „Life“ ist 24 Stunden geöffnet. Und obwohl die Fondation eine hübsche interaktive, digitale Lösung gefunden hat, um Interessierten auch über die regionalen Grenzen hinweg einen Einblick in Eliassons neuestes Projekt zu bieten, ist „Life“ eine Ausstellung, die sich niemals ersatzweise über den Bildschirm erleben lässt.

OLAFUR ELIASSON
LIFE
Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021, Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles © 2021 Olafur Eliasson, Foto: Pati Grabowicz
OLAFUR ELIASSON

Mensch, Natur und Kultur vereint

 

Eliasson schleppt für seine üppigen Werke gern Eisblöcke aus Grönland vor die Tate Modern in London oder installiert eine gigantische künstliche Sonne aus Monofrequenzlampen. Dabei lässt er sich von dem Anspruch leiten, Natur, Mensch und Kultur zu vereinen und das Publikum seiner Ausstellungen – gemessen an der Naturgewalt – auch mal klein werden zu lassen.

OLAFUR ELIASSON
LIFE
Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021, Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles © 2021 Olafur Eliasson, Foto: Pati Grabowicz
OLAFUR ELIASSON
LIFE

 

„Wir Menschen glauben immer, wir seien außergewöhnlich“, sagt Eliasson in einem Clip, der helfen soll zu verstehen, warum man als Besucher*in nun plötzlich ähnlich ehrfürchtig vor grün leuchtendem Wasser steht wie sonst vor Picasso-Gemälden. „Wir müssen einen Schritt zur Seite treten und Platz machen für etwas, das nicht wir Menschen sind“, führt er aus. Life, also das Leben, beschreibt mitnichten allein die Existenz des Menschen. Das Leben ist die Vegetation um ihn herum, all das, was ihm überhaupt ermöglicht, zu sein. Mit dem Tümpel in Alarm-Grün geht es Eliasson um eine „360-Grad-Awareness“, eine Rundum-Aufmerksamkeit für die Natur und Landschaft.

Das klingt nun alles sehr nach Mutter Theresa. Eliassons ausformulierte Gedanken im Video sind wie die Texte an den Wänden der Museen, die oft zu viel vorwegnehmen und zu denen die Besucher*innen immer zuerst stürmen, wenn sie den Raum betreten – ohne wahrgenommen zu haben, was sich eigentlich darin befindet. Und vor allem: ohne sich Zeit zu nehmen, die Kunst im Raum auf sie wirken zu lassen. „Life“ ist eine Ausstellung, die wirken muss, ohne dem Publikum zu diktieren, worum es geht. Es ist gar nicht so schwer, von selbst darauf zu kommen.

„Life“ in der Fondation Beyeler ist 2021 von April bis Juli 24 Stunden geöffnet. Mehr Informationen zum Besuch.

 

Auch sehenswert: Die aktuelle Ausstellung „Reconstructions: Architecture and Blackness in America” im MoMa diskutiert die Rolle der US-amerikanischen Architektur im Strukturellen Rassismus.

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