18.11.2021

Wettbewerbe

Friedlingen: Wohnen Weil am Rhein

Der Entwurf: eine Blockrandbebauung aus einzelnen Baukörpern mit verschiedenen Dachformen und Fassaden

Der Entwurf: eine Blockrandbebauung aus einzelnen Baukörpern mit verschiedenen Dachformen und Fassaden (Visualisierung: STRENGER Gruppe)


Ein Stadtteil im Wandel

STRENGER Gruppe setzt sich im Vergabeverfahren durch und bekommt das 9 500 Quadratmeter große Grundstück in Friedlingen, ein Stadtteil von Weil am Rhein. Dort sollen in den nächsten vier Jahren 212 Wohnungen entstehen. Hier erfahren Sie mehr zu den Entwürfen des Planungsteams von Steinhoff Haehnel Architekten und Koeber Landschaftsarchitekten.

Bereits im Dezember 2020 beschloss die südbadische Kleinstadt Weil am Rhein den Verkauf eines rund 9 500 Quadratmeter großen Grundstücks in der Ortsmitte des Stadtteils Friedlingen. Mitte Oktober 2021 steht nun der Käufer der Fläche fest: das süddeutsche Wohnungsbauunternehmen STRENGER Gruppe. Es konnte sich mit Steinhoff Haehnel Architekten und Koeber Landschaftsarchitekten unter den vier Bewerber*innen mit deutlichem Abstand durchsetzen. Das Konzept des Unternehmens überzeugte die einberufene Bewertungskommission und den Weiler Gemeinderat gleichermaßen. Einstimmig beschlossen die Mitglieder des Gemeinderats am 19. Oktober 2021 den Entwurf mit 212 Wohnungen.

Das für 746 Euro pro Quadratmeter verkaufte Grundstück liegt in der Ortsmitte des Stadtteils Friedlingen – der Teil von Weil am Rhein, der sich unmittelbar im Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Frankreich befindet. Friedlingen und die französische Stadt Saint-Louis trennt lediglich der Rhein, entlang dem sich sowohl auf französischer als auch auf deutscher Seite Industrie und Gewerbe ansiedelten. In Friedlingen waren das lange Zeit Textilfabriken von den Herren Schuster, Schetty und Schwarzenbach. Mit dem Ende der Textilära blieben von den Fabrikanten heute nur noch ihre Namen auf Straßenschildern sowie leerstehende Fabrikhallen. Aus der ehemaligen Industriehochburg ist ein Problemviertel des Dreiländerecks geworden. Aber es hat sich in den letzten Jahrzehnten auch viel in Friedlingen getan: Kunst und Kultur etablierten sich, die Stadt verbesserte den Nahverkehr, schaffte mit der Dreiländerbrücke ein Wahrzeichen für ganz Weil am Rhein und wertete das Ufer am Rhein auf.

Der Entwurf: eine Blockrandbebauung aus einzelnen Baukörpern mit verschiedenen Dachformen und Fassaden
Der Entwurf: eine Blockrandbebauung aus einzelnen Baukörpern mit verschiedenen Dachformen und Fassaden (Visualisierung: STRENGER Gruppe)

Neue Tatsachen auf 9 500 Quadratmetern

Das Ziel der Stadt Weil am Rhein für Friedlingen ist klar: Aus dem teils aufgegebenen Hafen- und Industriestandort soll ein gemischtes Quartier am Rhein entstehen. Die vielen Menschen, die heute in Friedlingen einer Arbeit nachgehen, sollen in Zukunft auch dort wohnen können. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg erfolgte im Jahr 2015 mit der Festsetzung des Sanierungsgebiets Friedlingen. Es umfasst im Wesentlichen die Ortsmitte des Stadtteils, in der sich auch das neue Wohnprojekt von STRENGER Gruppe befindet. Bislang nutzte die Stadt das Grundstück als Lagerfläche für Baustellen. Dass das unter dem Potential der Fläche liegt, erkannte die Stadt Weil am Rhein bereits 2015 mit dem Erlass der Sanierungssatzung. Konkrete Schritte folgten aber erst sechs Jahre später mit der Veröffentlichung der Ausschreibung. Viele der in dem Papier formulierten Ziele finden sich nun im gewonnenen Bebauungskonzept der STRENGER Gruppe. Von dem ein oder anderen weicht der Immobilienentwickler aber auch ab.

Mehr Wohnungen wären drin

Steinhoff Haehnel Architekten mit Koeber Landschaftsarchitekten sehen eine Blockrandbebauung sowie Gebäude im Inneren vor. Die geplante Bebauung weist nach den Plänen eine Geschossflächenzahl von 2,0 auf und liegt damit unter dem formulierten Ziel der Stadt Weil am Rhein für Friedlingen. STRENGER Gruppe könnte, wenn es das Baurecht vollständig ausschöpfen würde, zusätzlich 40 Wohnungen zu den 212 schaffen. Die Stadt würde so seinem Ziel, den Wohnungsbau in Friedlingen weiter voranzutreiben, ein Stück näherkommen. Dementgegen standen vermutlich Überlegungen wie folgende: Wie lässt sich das Quartier in sein Umfeld aus Einfamilienhäusern und eingeschossigen Gewerbehallen integrieren? Insbesondere im Osten begrenzten die Planer*innen auch deshalb die Bebauung im Schnitt auf drei Geschosse. Außerdem achteten sie auf eine abwechslungsreiche Architektur – nicht nur in der Höhenausgestaltung sondern auch bei den Dachformen und Fassaden.

Der Entwurf: grüne Gemeinschaftsräume in den Innenhöfen (Visualisierung: STRENGER Gruppe)

Nutzungsmischung aber vor allem Wohnen

An der Blauenstraße sollen in erster Linie Wohnungen entstehen. Andere Nutzungen sind weniger und eher im südöstlichen Teil vorgesehen. Dort finden sich aber primär Räumlichkeiten für immissionsarmes Gewerbe – also für Betriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Ausdrücklich unerwünscht sind Gastronomie, Spielotheken und Bars.

Ein Drittel für sozialen Wohnungsbau

Die sozialen Vorgaben der Ausschreibung erfüllt und teils übererfüllt STRENGER Gruppe. Mit einem Drittel geförderten Wohnungen liegt der Anteil leicht über den geforderten 30 Prozent. Auch sind 75 Prozent der Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen barrierefrei. Zum Vergleich: Die Zielvorgabe der Stadt lag bei 50 Prozent.

Gemeinschafts- und Dachgärten für Familien

Mit dem neuen Wohnquartier erhofft sich die Stadt Wohnraum für Familien. Für sie plante das Büro Koeber Landschaftsarchitekten den Außenraum. In den Gemeinschaftsgärten im Hof und auf den Dächern sowie auf den Spielplätzen sollen sich vor allem Kinder wohlfühlen. Dafür darf es nicht an großen Bäumen fehlen. Deswegen wird ein Aufbau von 60 Zentimetern über der Tiefgarage nötig sein; auch weil sich die Garage unter einem großen Teil der Freiflächen erstreckt. Parkplätze an der Oberfläche waren nicht gewollt. Für das anfallende Regenwasser, das bei unterbauten Flächen nicht einfach versickern kann, wird es drei Zisternen in der Tiefgarage geben. Das ist eine der Maßnahmen, um ein Quartier zu schaffen, das die ökologischen Standards der Zukunft erfüllt.

Mehr aus dem Dreiländereck: Die Redaktion gibt einen Überblick über die IBA Basel 2020.

Scroll to Top