24.04.2019

Projekt

Gartenschauen 2019 – Ein Überblick


Gartenschauen 2019: BUGA Heilbronn

Pünktlich zum frühlingshaften Osterwochenende öffneten die ersten Gartenschauen 2019 ihre Pforten. Neben der Bundesgartenschau in Heilbronn gab es in diesem Jahr Landesgartenschauen in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg und Sachsen sowie in Oberösterreich zu sehen.

Heilbronn nutzte das Event BUGA (17. April bis 6. Oktober 2019), um sich auf einem 40 Hektar großen Areal in unmittelbarer Bahnhofsnähe von innen heraus zu erneuern. Auf einer Insel zwischen Neckarkanal und Altneckar gelegen, war das abgeschottete Gelände seit über 100 Jahren als Industrie- und Gewerbestandort und Güterbahnhof in Gebrauch und lange aus dem Bewusstsein der Heilbronner*innen verschwunden. Nach der Verlegung eines Teilstücks der Bundesstraße 39 und der umfangreichen Beseitigung von Kampfstoffen und Altlasten wird der künftige Stadtteil Neckarbogen in den kommenden Jahren schließlich Wohnraum für 3 500 Menschen 1 000 Arbeitsplätze bieten. Die ersten drei fertiggestellten Baufelder waren als „Stadtausstellung“ bereits in die Gartenschau integriert.

Um einen nachhaltig lebenswerten Wohn- und Lebensraum für die Heilbronner*innen zu schaffen, beschritt die Stadt neue Wege bei der Quartiersentwicklung (Lesen Sie hierzu den Artikel von Thomas Armonat in G+L 4/2019). Eine bunte und vielfältige Mischung von Nutzungskonzepten, Gebäuden sowie Bewohner*innen soll neben reduziertem Autoverkehr, kurzen Wegen und moderner Energieversorgung die Nachbarschaften flexibel machen für künftige Anpassungen an sich wandelnde Lebensumstände.

Zeit- und Planungshorizonte: Dauerausstellung vs. temporäre Anlagen
Luftbild der Bundesgartenschau Heilbronn
Blick vom Flosshafen auf die Sommerinsel und den Hafenpark
Die neue Ufergestaltung ermöglicht eindrückliche Naturerlebnisse
Der Spielplatz bietet Klettermöglichkeiten

Gartenschauen 2019: Landesgartenschau Wittstock/Dosse, Brandenburg

Bilder: Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH

 

Gartenschauen 2019: Naturerlebnis mitten in der Stadt

Eine wesentliche Rolle für die Lebensqualität des Neckarbogens spielte das Konzept der Berliner Landschaftsarchitekt*innen von sinai. Denn aus dem vorgefundenen landschaftlichen Flickenteppich knüpften sie vier Landschaftsbänder. Infolgedessen passieren Besucher*innen urbane Kerne am Floßhafen mit neunstöckigen Gebäuden und finden sich innerhalb von 15 Minuten am mit Schilfzonen landschaftlich formulierten Karlssee wieder. Dieser dient auch als Retentionsbecken und -filter für Niederschlagswasser aus dem Quartier.

Währenddessen entstand zum Neckarkanal hin ein spektakuläres Landschaftsbauwerk. Eine bis zu zwölf Meter hohe Klippe schirmt seitdem Lärm vom industriell genutzten Neckarkanal ab. Zum Gartenschaugelände hin verbirgt die Oberfläche aus Spritzbeton, die an die Felskanten des Umlands erinnert, einen vertikalen Spielplatz mit Kletter- und Rutschmöglichkeiten. Seitlich grenzen außerdem mit lokalem Naturstein gefüllte Gabionen als Ausgleichsmaßnahme für die Lebensräume von Eidechsen und anderen Tieren an. Mit der neuen Ufergestaltung und einem 600 Meter langen Holzsteg im Neckaruferpark bringen die Landschaftsarchitekt*innen den Fluss nicht nur wieder ins Bewusstsein der Menschen, sondern ermöglichen ihnen auch eindrückliche Naturerlebnisse – und das mitten in der Stadt!

Einen ausführlichen Artikel zum Konzept der BUGA Heilbronn lesen Sie in der G+L 7/2019.

 

Ebenfalls von sinai stammt das Konzept für die brandenburgische Landesgartenschau in Wittstock an der Dosse (18. April bis 6. Oktober 2019). Die 15 000-Einwohner*innen-Stadt liegt in der Prignitz zwischen Elbe und Müritz. Als Halbkreis umschließt das 13,5 Hektar große Gartenschaugelände im Süden den historischen Backstein-Ringwall der gut erhaltenen mittelalterlichen Stadt. Westlich der Stadtmauer durchströmt die Glinze den denkmalgeschützten Friedrich-Ebert-Park aus dem Jahr 1925 mit seinem alten Baumbestand. Östlich begrenzt ein neu gestalteter und in seiner ökologischen Funktion verbesserter Altarm der Dosse – der Dossebogen – den Park am Bleichwall, der am Fuß der ehemaligen Bischofsburg beginnt. Dort, zwischen einer bestehenden Lindenreihe mit begleitender Promenade und der Stadtmauer als historischer Kulisse, inszenierten die Landschaftsarchitekt*innen einen offenen Wiesenraum. Die „Bleichgärten“ sind indessen angelehnt an ehemalige Allmende und laden als Bürgergärten zur gemeinschaftlichen Aneignung ein.

Stand Entwurf 12/2017
Parkteil „Bleichwall“ inkl. Dammterrassen und Spielplatz
Parkteil „Bleichwall“ mit Wittstocker Stadtmauer (links)

Gartenschauen 2019: Landesgartenschau Frankenberg, Sachsen

Bilder: Landesgartenschau Wittstock/Dosse 2019

Nur zehn Minuten von Chemnitz befindet sich das sächsische Frankenberg. Dresden ist in einer halben, Leipzig in einer Dreiviertelstunde zu erreichen. Die attraktive Lage für Pendler*innen ist ein willkommener Lichtblick beim Strukturwandel für die einst industriell geprägte 16 000-Einwohner*innen-Gemeinde. Im Rahmen der sächsischen Landesgartenschau Frankenberg gestaltete das Berliner Büro Weidinger Landschaftsarchitekten zwei unterschiedlich charakterisierte Geländeteile: einen sechs Hektar großen, robusten Freizeitpark an der Zschopau-Aue westlich des Stadtzentrums und das landschaftlich geprägte, knapp fünf Hektar umfassende Tal am mäandrierenden Mühlbach im Osten.

Das Herzstück des Parks an der Zschopau ist das sogenannte Zeit-Werk-Stadt, ein Erlebnismuseum für Stadt- und Industriegeschichte. Nördlich davon überspannt eine als „Schlange“ titulierte Brücke von Sauerzapfe Architekten für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen die Bundesstraße 169 sowie die Zschopau und verbindet nun übergeordnete Radwege. Über das Stadtzentrum gelangen Besucher*innen in das Tal, das der Mühlbach etwa 15 bis 20 Meter tief eingeschnitten hat. Die wild-romantische Atmosphäre dort ergänzte die Stadt um Hochwasserschutz und eine ökologische Gewässersanierung. Durch eine neue Fußgänger*innenunterführung und neu angelegte Geh- und Radwege werden künftig viele Menschen den oberhalb des Parks gelegenen Mühlgraben passieren, den die Landschaftsarchitekt*innen in seinem historischen Verlauf als offenes Gerinne wiederhergestellt haben.

Übersichtsplan Freizeitpark (Bild: Weidinger Landschaftsarchitekten)
Schnitt Park Mühlbachtal (Bild: Weidinger Landschaftsarchitekten)
Die Schlange-Brücke für Radfahrer und Fussgänger (Bild: Sauerzapfe Architekten)
PGM – Paradiesgärten Mühlbachtal (Foto: LGS GmbH)
PGM – Paradiesgärten Mühlbachtal (Foto: LGS GmbH)
NEZ – Naturerlebnisraum Zschopauaue (Foto: Sven Lehmann)

Gartenschauen 2019: Landesgartenschau Remstal, Baden-Württemberg

Zu einer untypischen Landesgartenschau haben sich in Baden-Württemberg 16 Gemeinden im Remstal, östlich von Stuttgart zusammengeschlossen: und zwar vom Ursprung der Rems in Essingen über Schwäbisch Gmünd, Schorndorf und Waiblingen bis zur Mündung in den Neckar bei Remseck. Denn sie alle liegen im Landschaftspark Rems, für den das Büro Planstatt Senner aus Überlingen ursprünglich zu den Themen Tourismus, Kulturlandschaft und Siedlungsbereiche mit den Gemeinden zusammenarbeitete. Schwerpunkte dabei waren die Aufenthaltsqualität entlang des Flusses zu verbessern und das begleitende, noch lückenhafte Radwegenetz zu schließen. Aus der guten Zusammenarbeit der Gemeinden entwickelte sich anschließend die Idee, 2019 eine gemeinsame Gartenschau Remstal (10. Mai bis 20. Oktober 2019) auszurichten.

Neben dem Architekturprojekt „16 Stationen“, für das jede Gemeinde eine Landmarke entwickelt hat, waren in Schorndorf und Schwäbisch Gmünd  – dort fand erst 2014 eine Landesgartenschau statt – eintrittspflichtige Erlebnisgärten zu sehen. So gab beispielsweise das Münchner Büro Lohrer.Hochrein in Schorndorf dem Schlosspark und dem Stadtpark ein zeitgemäßes Antlitz. Das Schloss präsentierten sie auf einer offenen Rasenfläche. Derweil entstand am Schnittpunkt der Wegeachsen ein Platz mit aus dem Boden emporsteigenden Wasserfontänen. Im Stadtpark hingegen definieren nun dichter bepflanzte Ränder und daraus herausgearbeitete Eingänge den von einem Rundweg durchzogenen Raum. Abgeflachte Uferbereiche zum See ermöglichen es den Besucher*innen sogar, sich am Wasser auf den Rasen zu legen.

Erlebniskarte Remstal Gartenschau 2019 (Remstal Gartenschau 2019 GmbH)
Remseck (Foto: Achim Mende)
Remstalkino (Foto: Jochen Beglau)

Kleine Landesgartenschau Wassertrüdingen, Bayern

Statt einer ganz großen wie im Remstal, veranstaltete die bayerische Gemeinde Wassertrüdingen, in der Mitte zwischen Nürnberg und Ulm gelegen, eine sogenannte Kleine Landesgartenschau (24. Mai bis 8. September 2019). Das Büro Planorama aus Berlin gestaltete dafür auf 13 Hektar zwei Landschaftsparks: einerseits den Wörnitzpark im Süden des Stadtzentrums und andererseits den Klingenweiherpark im Norden. Beide sind zudem über einen Weg durch die Innenstadt verbunden. Zwischen dem Erholungsgebiet Baudenhardt im Norden der Stadt und dem Oettinger Forst im Süden erweitert nun außerdem ein Grünes Band das Stadtgebiet. Damit entstanden des weiteren in der Auenlandschaft der Wörnitz ökologische Rückzugsorte und für die Bewohner Erholungsräume.

Entlang der Klingenweiher im Norden fügten die Landschaftsarchitekt*innen außerdem Stege, Wegeverbindungen und Aussichtspunkte ins Gelände, den sogenannten Weihersteig. Architektonischer Höhepunkt ist darüber hinaus eine goldene Plattform, die ins Wasser ragt. Der Hügel einer ehemaligen Deponie wurde zudem zum Aussichtspunkt. Südlich bindet der Wörnitzpark den Ortskern an die angrenzende Auenlandschaft an. Sitzstufen fassen abschließend den Mühlweiher unweit der alten Stadtmauer. Eine Lücke in der Mauer schließt am Entengraben nun eine Metallgitter-Konstruktion als Reminiszenz.

Plan Wörnitzpark (Bild: Planorama)
Plan Klingenweiherpark (Bild: Planorama)
Wörnitzpark: Blick auf den Mühlweiher (Foto: Natur in Wassertrüdingen 2019 GmbH/Beatrix Getze)
Klingenweiherpark: der Weihersteg (Foto: Natur in Wassertrüdingen 2019 GmbH/Beatrix Getze)
Klingenweiherpark: Endpunkt des Weihersteigs, eine ehemalige Deponie (Foto: Natur in Wassertrüdingen 2019 GmbH/Beatrix Getze)

Landesgartenschau Aigen-Schlägl, Oberösterreich

Nahe an der tschechischen Grenze richtete die oberösterreichische Gemeinde Aigen-Schlägl im Mühlviertel eine Landesgartenschau (17. Mai bis 13. Oktober 2019) aus, die sich erstens den Themen Bewusstes Leben und zweitens dem Umgang mit Ressourcen widmete. Für die Gartenschau kooperierte die Gemeinde außerdem mit dem seit 800 Jahren bestehenden Prämonstratenserstift Schlägl und der Bioschule Schlägl, die beide auf dem 15 Hektar großen Gelände liegen. Das Konzept – ein Rundweg, der Gärten und Felder der Biolandschule, das neue Garten- und Freizeitgelände für die Stadt und das Stift nebst Brauerei und Stiftergarten miteinander verbindet – erstellte überdies das Berliner Büro ST raum a.

Gut passend zum Biokreislauf, der den Besucher*innen einerseits erklärt wie Bio auf den Teller kommt und andererseits thematisiert, wie wir künftig Gärten und Landwirtschaft gestalten wollen. Eine der größten bleibenden Attraktionen für die Schlägler*innen werden die neu angelegten „Aigen-Schlägler Terrassen“ sein. Dort gibt es für die Bewohner*innen nicht nur neue Picknick- und Grillplätze, sondern auch Gemeinschaftsgärten. Darüber hinaus sollen die Gärten im Heiligen Hain den Besucher*innen die Themen Christentum, Ruhe und zu sich selbst finden näher bringen. Vom Rundweg zweigen außerdem immer wieder schmale Nebenwege ab, die kleine, verwunschene oder besondere Orte entdecken lassen.

Plan Landesgartenschau Aigen-Schlägl (Bild: ST raum a)
Ein Rundweg verbindet verschiedene Stationen der Landesgartenschau (Foto: ST raum a)
Besuchern wird unterwegs der Biokreislauf erklärt (Foto: ST raum a)
Der Stiftergarten (Foto: ST raum a)

Erinnern Sie sich noch an die Gartenschauen vor drei Jahren? Wenn nicht: Einen Rückblick zu den Schauen 2016 finden Sie zudem hier.

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