Pünktlich zum frühlingshaften Osterwochenende öffneten die ersten Gartenschauen 2019 ihre Pforten. Neben der Bundesgartenschau in Heilbronn gibt es dieses Jahr Landesgartenschauen in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg und Sachsen sowie in Oberösterreich zu sehen.
Buga Heilbronn
Heilbronn nutzt das Event Buga (17. April bis 6. Oktober 2019), um sich auf einem 40 Hektar großen Areal in unmittelbarer Bahnhofsnähe von innen heraus zu erneuern. Auf einer Insel zwischen Neckarkanal und Altneckar gelegen, war das abgeschottete Gelände seit über 100 Jahren als Industrie- und Gewerbestandort und Güterbahnhof in Gebrauch und lange aus dem Bewusstsein der Heilbronner verschwunden. Nach der Verlegung eines Teilstücks der Bundesstraße 39 und der umfangreichen Beseitigung von Kampfstoffen und Altlasten wird der künftige Stadtteil Neckarbogen in den kommenden Jahren Wohnraum für 3500 Menschen 1000 Arbeitsplätze bieten. Die ersten drei fertiggestellten Baufelder sind als „Stadtausstellung“ bereits in die Gartenschau integriert.
Um einen nachhaltig lebenswerten Wohn- und Lebensraum für die Heilbronner zu schaffen, beschritt die Stadt neue Wege bei der Quartiersentwicklung (Lesen Sie hierzu den Artikel von Thomas Armonat in G+L 4/2019). Eine bunte und vielfältige Mischung von Nutzungskonzepten, Gebäuden sowie Bewohnern soll neben reduziertem Autoverkehr, kurzen Wegen und moderner Energieversorgung die Nachbarschaften flexibel machen für künftige Anpassungen an sich wandelnde Lebensumstände.
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Bilder: Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH
Naturerlebnis mitten in der Stadt
Eine wesentliche Rolle für die Lebensqualität des Neckarbogens spielt das Konzept der Berliner Landschaftsarchitekten von sinai. Aus dem vorgefundenen landschaftlichen Flickenteppich knüpften sie vier Landschaftsbänder. Besucher passieren urbane Kerne am Floßhafen mit neunstöckigen Gebäuden und finden sich innerhalb von 15 Minuten am mit Schilfzonen landschaftlich formulierten Karlssee wieder. Dieser dient auch als Retentionsbecken und -filter für Niederschlagswasser aus dem Quartier.
Zum Neckarkanal hin entstand ein spektakuläres Landschaftsbauwerk. Eine bis zu zwölf Meter hohe Klippe schirmt Lärm vom industriell genutzten Neckarkanal ab. Zum Gartenschaugelände hin verbirgt die Oberfläche aus Spritzbeton, die an die Felskanten des Umlands erinnert, einen vertikalen Spielplatz mit Kletter- und Rutschmöglichkeiten. Seitlich grenzen mit lokalem Naturstein gefüllte Gabionen als Ausgleichsmaßnahme für die Lebensräume von Eidechsen und anderen Tieren an. Mit der neuen Ufergestaltung und einem 600 Meter langen Holzsteg im Neckaruferpark bringen die Landschaftsarchitekten den Fluss nicht nur wieder ins Bewusstsein der Menschen, sondern ermöglichen ihnen auch eindrückliche Naturerlebnisse – und das mitten in der Stadt!
Einen ausführlichen Artikel zum Konzept der Buga Heilbronn lesen Sie in G+L 7/2019.
Landesgartenschau Wittstock/Dosse, Brandenburg
Ebenfalls von sinai stammt das Konzept für die brandenburgische Landesgartenschau in Wittstock an der Dosse (18. April bis 6. Oktober 2019). Die 15 000-Einwohner-Stadt liegt in der Prignitz zwischen Elbe und Müritz. Als Halbkreis umschließt das 13,5 Hektar große Gartenschaugelände im Süden den historischen Backstein-Ringwall der gut erhaltenen mittelalterlichen Stadt. Westlich der Stadtmauer durchströmt die Glinze den denkmalgeschützten Friedrich-Ebert-Park aus dem Jahr 1925 mit seinem alten Baumbestand. Östlich begrenzt ein neu gestalteter und in seiner ökologischen Funktion verbesserter Altarm der Dosse – der Dossebogen – den Park am Bleichwall, der am Fuß der ehemaligen Bischofsburg beginnt. Zwischen einer bestehenden Lindenreihe mit begleitender Promenade und der Stadtmauer als historischer Kulisse inszenierten die Landschaftsarchitekten einen offenen Wiesenraum. Die „Bleichgärten“ sind angelehnt an ehemalige Allmende und laden als Bürgergärten zur gemeinschaftlichen Aneignung ein.
Bilder: Landesgartenschau Wittstock/Dosse 2019
Landesgartenschau Frankenberg, Sachsen
Nur zehn Minuten von Chemnitz befindet sich das sächsische Frankenberg. Dresden ist in einer halben, Leipzig in einer Dreiviertelstunde zu erreichen. Die attraktive Lage für Pendler ist ein willkommener Lichtblick beim Strukturwandel für die einst industriell geprägte 16 000-Einwohner-Gemeinde. Im Rahmen der sächsischen Landesgartenschau Frankenberg gestaltete das Berliner Büro Weidinger Landschaftsarchitekten zwei unterschiedlich charakterisierte Geländeteile: einen sechs Hektar großen, robusten Freizeitpark an der Zschopau-Aue westlich des Stadtzentrums und das landschaftlich geprägte, knapp fünf Hektar umfassende Tal am mäandrierenden Mühlbach im Osten.
Das Herzstück des Parks an der Zschopau ist das sogenannte Zeit-Werk-Stadt, ein Erlebnismuseum für Stadt- und Industriegeschichte. Nördlich davon überspannt eine als „Schlange“ titulierte Brücke von Sauerzapfe Architekten für Fußgänger und Radfahrer die Bundesstraße 169 sowie die Zschopau und verbindet nun übergeordnete Radwege. Über das Stadtzentrum gelangen Besucher in das Tal, das der Mühlbach etwa 15 bis 20 Meter tief eingeschnitten hat. Die wild-romantische Atmosphäre dort ergänzte die Stadt um Hochwasserschutz und eine ökologische Gewässersanierung. Durch eine neue Fußgängerunterführung und neu angelegte Geh- und Radwege werden künftig viele Menschen den oberhalb des Parks gelegenen Mühlgraben passieren, den die Landschaftsarchitekten in seinem historischen Verlauf als offenes Gerinne wiederhergestellt haben.
Landesgartenschau Remstal, Baden-Württemberg
Zu einer untypischen Landesgartenschau haben sich in Baden-Württemberg 16 Gemeinden im Remstal, östlich von Stuttgart zusammengeschlossen: vom Ursprung der Rems in Essingen über Schwäbisch Gmünd, Schorndorf und Waiblingen bis zur Mündung in den Neckar bei Remseck. Sie alle liegen im Landschaftspark Rems, für den das Büro Planstatt Senner aus Überlingen ursprünglich zu den Themen Tourismus, Kulturlandschaft und Siedlungsbereiche mit den Gemeinden zusammenarbeitete. Schwerpunkte waren die Aufenthaltsqualität entlang des Flusses zu verbessern und das begleitende, noch lückenhafte Radwegenetz zu schließen. Aus der guten Zusammenarbeit der Gemeinden entwickelte sich die Idee, 2019 eine gemeinsame Gartenschau Remstal (10. Mai bis 20. Oktober 2019) auszurichten.
Neben dem Architekturprojekt „16 Stationen“, für das jede Gemeinde eine Landmarke entwickelt hat, werden in Schorndorf und Schwäbisch Gmünd – dort fand erst 2014 eine Landesgartenschau statt – eintrittspflichtige Erlebnisgärten zu sehen sein. In Schorndorf gab das Münchner Büro Lohrer.Hochrein dem Schlosspark und dem Stadtpark ein zeitgemäßes Antlitz. Das Schloss präsentieren sie auf einer offenen Rasenfläche. Am Schnittpunkt der Wegeachsen entstand ein Platz mit aus dem Boden emporsteigenden Wasserfontänen. Im Stadtpark definieren nun dichter bepflanzte Ränder und daraus herausgearbeitete Eingänge den von einem Rundweg durchzogenen Raum. Abgeflachte Uferbereiche zum See ermöglichen es den Besuchern, sich am Wasser auf den Rasen zu legen.
Am Sonntag, 30. Juni um 14:00 Uhr findet ein Symposium zum Architekturprojekt „16 Stationen“ der Remstal Gartenschau 2019 statt. Alle 16 Architekten werden anwesend sein und über ihre städtebaulichen und architektonischen Visionen berichten. Treffpunkt ist im Neubau 2 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Am Weißenhof 1, 70191 Stuttgart.
Kleine Landesgartenschau Wassertrüdingen, Bayern
Statt einer ganz großen wie im Remstal, veranstaltet die bayerische Gemeinde Wassertrüdingen, in der Mitte zwischen Nürnberg und Ulm gelegen, eine sogenannte Kleine Landesgartenschau (24. Mai bis 8. September 2019). Das Büro Planorama aus Berlin gestaltete dafür auf 13 Hektar zwei Landschaftsparks, den Wörnitzpark im Süden des Stadtzentrums und den Klingenweiherpark im Norden. Beide sind über einen Weg durch die Innenstadt verbunden. Zwischen dem Erholungsgebiet Baudenhardt im Norden der Stadt und dem Oettinger Forst im Süden erweitert nun ein Grünes Band das Stadtgebiet. Damit entstanden in der Auenlandschaft der Wörnitz ökologische Rückzugsorte und für die Bewohner Erholungsräume.
Entlang der Klingenweiher im Norden fügten die Landschaftsarchitekten Stege, Wegeverbindungen und Aussichtspunkte ins Gelände, den sogenannten Weihersteig. Architektonischer Höhepunkt ist eine goldene Plattform, die ins Wasser ragt. Der Hügel einer ehemaligen Deponie wurde zum Aussichtspunkt. Südlich bindet der Wörnitzpark den Ortskern an die angrenzende Auenlandschaft an. Sitzstufen fassen den Mühlweiher unweit der alten Stadtmauer. Eine Lücke in der Mauer schließt am Entengraben nuneine Metallgitter-Konstruktion als Reminiszenz.
Landesgartenschau Aigen-Schlägl, Oberösterreich
Nahe an der tschechischen Grenze richtet die oberösterreichische Gemeinde Aigen-Schlägl im Mühlviertel eine Landesgartenschau (17. Mai bis 13. Oktober) aus, die sich den Themen Bewusstes Leben sowie dem Umgang mit Ressourcen widmet. Für die Gartenschau kooperiert die Gemeinde mit dem seit 800 Jahren bestehenden Prämonstratenserstift Schlägl und der Bioschule Schlägl, die beide auf dem 15 Hektar großen Gelände liegen. Das Konzept – ein Rundweg, der Gärten und Felder der Biolandschule, das neue Garten- und Freizeitgelände für die Stadt und das Stift nebst Brauerei und Stiftergarten miteinander verbindet – erstellte das Berliner Büro ST raum a.
Gut passend zum Biokreislauf, der den Besuchern erklärt wie Bio auf den Teller kommt und thematisiert, wie wir künftig Gärten und Landwirtschaft gestalten wollen. Eine der größten bleibenden Attraktionen für die Schlägler werden die neu angelegten „Aigen-Schlägler Terrassen“ sein. Dort gibt es für die Bewohner nicht nur neue Picknick- und Grillplätze, sondern auch Gemeinschaftsgärten. Darüber hinaus sollen die Gärten im Heiligen Hain den Besuchern die Themen Christentum, Ruhe und zu sich selbst finden näherbringen. Vom Rundweg zweigen immer wieder schmale Nebenwege ab, die kleine, verwunschene oder besondere Orte entdecken lassen.
Erinnern Sie sich noch an die Gartenschauen vor drei Jahren? Wenn nicht: Einen Rückblick zu den Schauen 2016 finden Sie hier.