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Ein wildes Pflaster

von Anne Fischer
07.03.201908.03.2019
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  • Projekte

Die Gestaltung der Innenstadt Schmalkaldens von terra.nova war eins der wichtigsten Naturstein-Projekte der letzten Jahre. In der Fachwerkstadt im Süden Thüringens wurden in den vergangenen zehn Jahren rund 21 000 Quadratmeter Naturstein verlegt. Das Projekt kommt nun zum Abschluss und dank eines übergreifenden Konzepts fügt sich alles zusammen. 


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Granite und Granodiorite in wildem Verband zeichnen die Altstadt aus

 

Schmalkalden hat eine bewegte Geschichte. Das sieht Stadtplaner Peter Wich schon, als er sich das erste Mal das Luftbild anschaut: Der historische Stadtkern ist im Mittelalter wild gewachsen. Straßen, Gassen und Gebäude entstanden einfach als Antwort auf den jeweiligen Bedarf. Als die Stadt 2002 über ein Wettbewerbsverfahren die Gestaltung des öffentlichen Raums in der Altstadt ausschreibt, ist dem Gründer von terra.nova Landschaftsarchitektur deshalb schnell klar: Dieses Projekt wird für sein Büro ein besonderes, wenn er es gewinnt.

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Und tatsächlich überzeugt sein Ansatz die Wettbewerbs-Jury. Wich greift darin die städtebauliche Entwicklung auf, die er schon auf dem Luftbild gesehen hat. Diese teilt sich in zwei wesentliche Phasen: die Entstehung der Alt- und der Neustadt. Er sieht als Bodenbelag überall Natursteinpflaster vor. Das soll auch Stadtgeschichte sichtbar machen: Das eingesetzte Pflaster in Alt- und Neustadt unterscheidet sich in Farbe und Verbandgestaltung und definiert so die beiden Stadtbereiche. Generell, so Wich, galt es „diese geschichtsträchtige Stadt, die durch ihr Fachwerk schon wahnsinnig reich an Elementen ist, nicht zu überformen, sondern ein ruhiges und zugleich differenziertes Erscheinungsbild zu gestalten.“

Schmalkalder Bürger als Bodenbelag-Experte

Bevor er und sein Team anfangen, ein detailliertes Gestaltungskonzept zu entwickeln, nimmt er sich gemeinsam mit dem Weimarer Planungsbüro PAD Zeit für eine detaillierte Analyse des bestehenden Stadtbodens. Es geht darum, wo in früherer Zeit welche Materialien verlegt wurden – und das verwendete Material möglichst wieder aufzugreifen. Nicht überall ist das leicht zu erkennen. In Schmalkaldens Straßen wurden in der DDR-Zeit teilweise großformatig Kunststeinplatten über bestehendes Pflaster verlegt. Später, der Überfahrbarkeit und besseren Begehbarkeit wegen, asphaltierte man Verkehrsstraßen noch mit Schwarzdecke. Besonders das Wissen eines Schmalkalder Bürgers ist neben den Archiv-Unterlagen wertvoll, erinnert sich Wich: „Der Geologe hatte sich intensiv mit dem Thema Natursteine in der Schmalkalder Altstadt befasst und kannte die petrographische Zuordnung. Er konnte auch sagen, aus welchen Steinbrüchen der Region diese Pflastersteine kamen. Die meisten davon waren leider längst stillgelegt.“

90 Prozent skandinavischer Naturstein

Ausgehend von den historischen Belägen entwickelt terra.nova ein Gesamtbodenkonzept für Schmalkalden. Das Konzept berücksichtigt auch die städtebaulichen Entwicklungsstufen. Abgestimmt mit der Denkmalbehörde und dem Landesverwaltungsamt in Weimar grenzt es mögliche Belags-Materialien farbig und in Sachen Oberflächenbearbeitung ein. „Die Herausforderung bestand darin, Naturstein in passender Farbigkeit zu finden. Der Naturstein muss allerdings den heutigen Anforderungen an Witterungsbeständigkeit und Überfahrbarkeit entsprechen“, so Wich. Diese Anforderung sowie finanzielle Aspekte begründen, dass in der Umsetzung der ersten drei Bauabschnitte zu 90 Prozent skandinavischer Naturstein verbaut wurde, zu geringem Anteil auch chinesischer.

Das Material ähnelt petrographisch und farblich sehr den damals verwendeten, heimischen Basalt-, Diabas-, Sandstein- und Konglomeratgesteinsarten. Ein rötliches Material, bestehend aus ortstypischem Fambacher Buntsandstein, ist beispielsweise sehr witterungsanfällig. Es wurde deshalb durch ein nahezu gleichfarbiges Quarzit-Material aus Skandinavien ersetzt. Die Planer haben aber, betont Wich, wo immer es möglich war, vorhandenes oder von der Stadt eingelagertes Material wiederverwendet. Das machte schon aus ökologischen Gründen Sinn.

Wilder Verband in der Altstadt, geordneter Reihenverband in der Neustadt

Schmalkaldens Altstadtkern, willkürlich entstanden, unregelmäßig und verwinkelt gewachsen, gruppiert sich um die Stadtkirche. Straßen und Plätze mit unterschiedlichen Raumprofilen wechseln sich ab. Dort lässt terra.nova einen Teppich aus einer Mischung braun-rotbrauner Granite und Granodiorite mit gesägt-geflammter Oberfläche in wildem Verband verlegen. Den trapezförmigen Altmarkt hebt Wich dabei als zentralen Ort des öffentlichen Lebens mit einem Rahmen aus feinkörnigen Granit-Natursteinplatten hervor. Rund um die Stadtkirche macht der Belag ein Stück Geschichte Schmalkaldens sichtbar. „Dort liegt heute ein wiedereingebautes Lesepflaster, das wir sortieren und nachbehauen ließen und das bei archäologischen Grabungen entdeckt wurde“, so Wich.

Die Neustadt dagegen, bereits angelegt im regelmäßigem Stadtgrundriss, in geraden Straßen und orthogonaler Gestaltung, bekommt als Belag anthrazitfarbenen Granit und Granodiorit. Die Steine werden in geordnetem Reihenverband verlegt und haben ebenfalls eine gesägt-geflammte Oberfläche. Wich erklärt zum Konzept der Umgestaltung: „Durch die Materialentscheidung und die unterschiedliche Verlegeart in Alt- und Neustadt zeigen wir die unterschiedlichen Epochen, ohne dass Schmalkalden ‚auseinanderfällt‘. Wir wollen nicht eine Epoche in den Vordergrund stellen, sondern eben gerade die heutige Gesamterscheinung einer gewachsenen Stadt zeigen.“ Das Ergebnis wirkt stimmig und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Landschaftsarchitekturpreis.

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    Granite und Granodiorite in wildem Verband zeichnen die Altstadt aus

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    In der Neustadt wurden Granit und Granodiorit in geordnetem Reihenverband verlegt

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    Ein Rahmen aus feinkörnigen Granit-Natursteinplatten hebt den Altmarkt hervor

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    Rund um die Stadtkirche liegt Lesepflaster

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    Die historische Schlossauffahrt hat einen Netzverband aus Quarz-Porphyr

 

terra.nova weitestgehend zufrieden

Aktuell wird in Schmalkalden der fünfte Bauabschnitt umgesetzt: der Schlossberg. „Auch hier verwenden wir das wilde Pflaster, das wir vorgefunden haben, wieder. Es besteht aus Lesepflaster in rötlich bis rotbrauner bis basaltähnlicher Färbung. Verlegt in den Seitenbereichen wurde die historische Schlossauffahrt als Fahr- und Lauffläche mit einem Quarz-Porphyr im Netzverband hergestellt. Die Oberfläche ist eine Mischung aus geflammt und bruchrau um die historische Haptik zu erreichen und gleichzeitig gute Begehbarkeit zu gewährleisten“, erklärt Wich. Der sechste und letzte Bauabschnitt des Wettbewerbs wird sich drei Gassen widmen, die Richtung Neumarkt führen. 
terra.nova ist mit kleineren Einschränkungen zufrieden mit der bisherigen Entwicklung der umgestalteten Areale.

In Schmalkalden hat man jedoch nach der Umgestaltung teilweise ausschließliche Fußgängerbereiche in Verkehrsflächen umgewidmet und Fußgängerzonen aufgelöst. Deshalb kommt es zu lokalen Schäden des Pflasters, das wesentlich intensiver befahren wird als vorgesehen. Es handelt sich um ungebundenes Pflaster – zweimal jährlich wäre deshalb eine Fugenpflege durch Nachsplitten notwendig. Besonders in den Bereichen, die mit Straßenkehrmaschinen gereinigt werden, die nicht quer, sondern nach oben saugen. Um die dort fast bis zur Hälfte geleerten Fugen nicht zusätzlich zu destabilisieren, ist regelmäßige Pflege entscheidend. Leider sei diese ausdrückliche Empfehlung der Planer nicht berücksichtigt worden. „Solch punktuelle Schäden können sich ausweiten. Im Hinblick auf die Langlebigkeit der Bodenbeläge ist es essenziell, Pflegehinweise zu beachten“, so Wich.

Projekt Glücksfall für die Stadt

Mit der enormen Großflächigkeit des Projekts und der etappenweisen Umsetzung nach einem übergeordneten Gestaltungsprinzip ist Schmalkalden ein Glücksfall für die Stadtplanung. Wich wünscht sich derartige Gesamtbodenkonzepte auch für andere Städte. Meist hätten es die Planer mit kleineren Projekten und bereits begonnenen Umgestaltungsmaßnahmen zu tun. Im besten Fall ergäben aber auch viele kleine Flächen ein stimmiges Gesamtbild. Und: „Für ein Stadtbild sind gestalterische Vorgaben sehr gut, die über mehrere Politikperioden gelten.“ In Schmalkalden fügen sich die verwendeten Materialien auch in das Gesamterscheinungsbild der Altstadt ein. Sie orientieren sich am Material der historischen Treppen, Fenster- und Türgewände und Mauern.

In alten Städten ist es oft das Beste, die Historie als Ansatz zu nutzen, findet Wich: „So entsteht ein harmonischer Eindruck, der die Historie respektiert und nicht überformt.“ 
Naturstein als Belag sei dabei erste Wahl, weil sich Herstellung und Bearbeitungsweise 
stark verbessert hätten. Somit sei eine lange Nutzbarkeit gegeben. Auch die umfassenden technischen Richtlinien und die daraus resultierenden, notwendigen Belagsformate und Steindicken tragen dazu laut Wich bei. Vorbei sind die Zeiten, in denen Innenstädte mit Kleinpflaster verlegt und so zu dauernden Wackelkandidaten im Wortsinn wurden. „In Sachen Belag wünschen sich Städte ja eigentlich alle das gleiche: etwas Langlebiges ohne massiven Pflegeaufwand.“

 

Alle Fotos: Boris Storz

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des Monatsthemas „Textur“ der Märzausgabe 2019 von Garten + Landschaft.

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