16.02.2022

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Eine neue Hauptstadt für Indonesien

Jakarta von oben

Jakarta von oben


Indonesien neue Hauptstadt – Details zu Nusantara enthüllt

6 000 Hektar Land sollen für die neue indonesische Hauptstadt auf der Insel Borneo gerodet werden. Insgesamt 28 Milliarden Euro will das indonesische Parlament für die „neue Hauptstadt im Regenwald“ ausgeben. Denn: Jakarta versinkt im Meer. Lesen Sie hier mehr über das Megaprojekt mit dem klangvollen Namen „Nusantara“.

Anfang Januar 2022 rückte der Plan Indonesiens, seine Hauptstadt an einen neuen Standort zu verlegen, einen Schritt näher heran. Das indonesische Parlament billigte ein Gesetz, das weitere Details zur Verlegung der Hauptstadt von Jakarta nach Ost-Kalimantan regelt. Auch die Details der Finanzierung und der Verwaltung werden immer klarer: Die neue Hauptstadt wird rund 28 Milliarden Euro kosten.

In Ost-Kalimantan, dem östlichen Teil Borneos, werden rund 6 000 Hektar Wald gerodet, um wichtige Gebäude wie den neuen Präsidentenpalast zu bauen. Die Maßnahme ist notwendig, da die derzeitige Hauptstadt auf der Insel Java schnell sinkt und bereits 2050 vollständig von Wasser bedeckt sein könnte.

Eine große Mehrheit der Parlamentsabgeordneten stimmte für das Gesetz über die neue Hauptstadt Indonesiens. Präsident Joko Widodo entschied sich für „Nusantara“ als Namen für die neue Hauptstadt. Dieses alte javanische Wort bedeutet „äußere Inseln“ und ist ein Synonym für den indonesischen Archipel.

Die ersten Behörden werden im Jahr 2024 nach Nusantara umziehen – kurz vor dem Ende der zweiten und letzten Amtszeit von Präsident Joko Widodo. Die neue Hauptstadt wird etwa 2 000 Kilometer nordöstlich von Jakarta liegen.

Bild von der aktuellen indonesischen Hauptstadt Jakarta heute, ©Tom Fisk von Pexels

Eine grandiose Vision für die neue Hauptstadt Nusantara

 

Präsident Joko „Jokowi“ Widodo verkündete die Pläne für die Verlegung der Hauptstadt des Landes am 16. August 2019, was für viele eine Überraschung war. Seine Vision ist grandios: „Eine Hauptstadt ist nicht nur ein Symbol der nationalen Identität, sondern auch eine Repräsentation des Fortschritts der Nation“, sagte er im Jahr 2019. „Es geht um die Verwirklichung von wirtschaftlicher Gleichheit und Gerechtigkeit.“

Neben der Schaffung einer ökologisch sichereren Hauptstadt hofft die Regierung, mit der neuen Hauptstadt auch den Wohlstand in Indonesien umzuverteilen. Jakarta beherbergt derzeit 60 Prozent der Bevölkerung des Landes und mehr als die Hälfte der Wirtschaftstätigkeit. Während die Stadt das Handels- und Finanzzentrum Indonesiens bleiben wird, werden die Verwaltungsfunktionen der Regierung in die neue Hauptstadt in die Regionen Nord-Penajam Pser und Kutai Kartanegara verlegt, was eine Umverteilung der Investitionen ermöglicht.

Der Umsiedlungsplan sieht vor, dass 1,5 Millionen Einwohner*innen von Jakarta nach Nusantara umziehen. Dies ist nicht der erste Versuch, die indonesische Hauptstadt zu verlegen: Bereits in den 1950er-Jahren schlug Präsident Sukarno etwas Ähnliches vor. Die Idee kursierte jahrzehntelang, wurde aber aufgrund logistischer Schwierigkeiten immer wieder verworfen. Präsident Widodo hat trotz vieler Debatten und Zweifel an dieser Vision festgehalten.

Erleichterung der ökologischen Herausforderungen?

Jakarta steht vor vielen Herausforderungen. Am dringlichsten sind wohl die Umweltprobleme der derzeitigen Hauptstadt. Die elf Millionen Einwohner*innen sind bereits mit regelmäßigen Überschwemmungen konfrontiert, insbesondere in den Küstengebieten der Metropole. Aufgrund der übermäßigen Grundwasserentnahme sinkt die Stadt schnell ab. Teile der nördlichen Gebiete der Hauptstadt sinken bis zu 25 Zentimeter pro Jahr. Selbst der Schutzdeich sinkt, während der Meeresspiegel weiter steigt. Expert*innen zufolge könnte ganz Nord-Jakarta bis 2050 überflutet sein.

Indonesiens neue Hauptstadt wird an einem Ort liegen, der weniger anfällig für ein Absinken ist. Sie soll sich auch außerhalb der Reichweite von Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis befinden. Allerdings liegt das Land immer noch auf dem pazifischen „Ring of Fire“ und ist damit zukünftigen Katastrophen ausgesetzt.

Tägliche Staus mit Verkehrskollapsen und eine zunehmende Luftverschmutzung sind weitere Probleme, die in Jakarta nur schwer zu bewältigen sind. Es bleibt abzuwarten, wie die neue Hauptstadt Verbesserung in diesen Bereichen bringen wird.

Klimawandel ahoi: Jakarta im Smog, ©sopan-sopian via pixabay

Kritik an der neuen Hauptstadt in einer Übersicht

 

Die neue Hauptstadt Indonesiens kommt nicht ohne Kritik aus. Umweltschützer*innen warnen, dass Nusantara die Umweltverschmutzung in Ost-Kalimantan beschleunigen wird. Die geplante Zerstörung des Regenwaldes rief viel Empörung hervor. Das Gebiet ist die Heimat von Orang-Utans, Sonnenbären und Langnasenäffchen. Eine weitere Sorge ist, dass die neue Hauptstadt die indigene Bevölkerung Kalimantans verdrängen könnte. Sogar der Name Nusantara wird kritisiert, da es sich dabei um ein javanisches Wort und nicht um ein Wort aus einer der zahlreichen lokalen Sprachen Kalimantans handelt.

Die neue Hauptstadt Indonesiens könnte zudem politischen Einfluss auf eine nicht verfassungsgemäße Weise zentralisieren: Rechtsexpert*innen der Mulawarman-Universität in Samarinda haben die Befürchtung geäußert, dass Nusantara von einer direkt vom Präsidenten gewählten Person regiert werden könnte. Jokowis Unterstützer Basuki „Ahok“ Tjahaja Prunama, ein ehemaliger Gouverneur von Jakarta, ist bereits ein Anwärter für diese Rolle. Beobachter*innen vermissen auch Transparenz und Partizipation bei Gesetzen und Plänen rund um Indonesiens neue Hauptstadt.

Die horrenden Kosten des Projekts sind ein weiterer Kritikpunkt an Indonesiens neuer Hauptstadt. Die Regierung soll etwa ein Fünftel der Kosten tragen. Der Rest wird von staatlichen Unternehmen und privaten Geldgeber*innen übernommen.

Indonesien neue Hauptstadt: die nächsten Schritte

Der Bau der neuen Hauptstadt Indonesiens wurde aufgrund der Pandemie verschoben. Der Baubeginn ist jedoch für 2022 vorgesehen, und der erste Umzug wird für 2024 erwartet. Die Waldrodung stellt den ersten Schritt dar.

Ähnliche Projekte – wie der Bau von Brasilia in Brasilien oder Canberra in Australien – haben Jahrzehnte in Anspruch genommen. Beide Städte wurden dafür kritisiert, wenig lebenswert und künstlich zu sein. Es bleibt abzuwarten, wie Indonesiens neue Hauptstadt die Herausforderungen der Lebensqualität meistern wird.

Die Planer*innen hoffen, eine indonesische Metropole zu schaffen, die so attraktiv ist wie beispielsweise Bangkok oder Hanoi. Derzeit ist Jakarta nicht gerade ein Touristenmagnet, was vielleicht daran liegt, dass es „die internationale Fantasie nicht anspricht“, wie Aljazeera es ausdrückt. Die Erwartungen an Nusantara sind groß.

Quellen und weitere Informationen:
Welt: Nusantara statt Jakarta – Indonesien baut neue Hauptstadt im Regenwald
The Guardian: Indonesia names new capital Nusantara, replacing sinking Jakarta
Aljazeera: Progress or folly? Jokowi’s vision for Indonesia’s new capital

 

Auch in Saudi-Arabien ist das Thema der Mega-City aktuell. Mehr zu dem Projekt The Line lesen, Sie hier.

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