Das Haus widmet dieser zwischen den Kulturen und Professionen wechselnden Künstlerfigur erstmals seit langem eine umfassende Retrospektive; rund 150 Arbeiten aus allen Schaffensphasen werden gezeigt, wobei die Ausstellung zwar die bildhauerische Seite betont (Kuratorin: Rita Kersting), dennoch aber auch die Schnittstellen zwischen den Professionen sichtbar werden lässt, die beileibe nicht so getrennt sind, wie es zunächst den Anschein hat: Ist ein Garten nicht auch designte Natur und spielen im Garten – jedenfalls nach traditioneller Zen-Auffassung – nicht Steine eine Hauptrolle? Steine, deren Formen sich wiederum die Bildhauer*innen der Moderne immer wieder zum Vorbild nahmen. Noch seine Lampen hat Noguchi denn auch weniger als Designprodukte begriffen denn als das Ergebnis formaler Auseinandersetzungen mit der Idee, die Verbindung von Tradition (Material) und moderner Technik (Elektrizität) in einer unangestrengten alltäglichen Weise zu erreichen – fast im Sinne eines Verständnisses von Kunst als soziale Praxis.
Das Vermeiden von gängigen kunsthistorischen Zuordnungen, der Versuch, Kunst in die soziale Lebenswelt zu integrieren, und die fast selbstverständlich wirkenden Verbindungen von angewandter und autonomer Kunst, all dies sind Konstanten im Werk von Noguchi. Man begegnet ihnen in der Kölner Ausstellung in unterschiedlichen Varianten: Schon zu Beginn im ersten Saal stößt man auf eine „Tsukubai“, eine fünfeckige Granitskulptur, die in ihrer Mitte eine mit Wasser gefüllte Vertiefung enthält. Die Arbeit, die erkennbar maschinell hergestellt ist, versteht sich als moderne Variation des in Japan zur Waschung vorgesehenen Beckens, das oft am Eingang heiliger Orte bereitgestellt wurde.
Zukunftsmobil für James Bond
Ganz am Ende der Ausstellung hat man im Ludwig Museum eine seiner berühmtesten Spielskulpturen aufgestellt, die 1965 entstandene „Play Sculpture“ (112,7 x 261,6 x 261,6 Zentimeter), ausgeführt aus glänzend rotem Stahl, die den jüngeren Besucher*innen in Köln zum Probesitzen oder Probeklettern zur Verfügung steht. Den Ursprung von Noguchis immer wieder gesuchter Verbindung von Bildhauerei mit benachbarten Professionen findet man bereits in seinen frühen Jahren. Ende der 1920er Jahre lernt er den Architekten und technischen Visionär Buckminster Fuller kennen, mit dem zusammen er das Modell eines schnittigen Zukunftsautomobils entwarf, das man sich auch in einem frühen James Bond Film vorstellen könnte. Noch intensiver war die Zusammenarbeit wenig später mit der legendären amerikanischen Tänzerin und Tanzpädagogin Martha Graham, für die ab den 1930er Jahren Bühnenbilder entwarf und auf diese Weise die theatralische Verbindung von Skulptur und Bühnenraum erprobte, die für spätere, größere Projekte wichtig wurde.
Spielskulpturen von Isamu Noguchi
Es ist vermutlich nicht übertrieben zu sagen, dass es dann vor allem seine wenn auch in der Zahl überschaubaren öffentlichen und privaten Gartenanlagen waren, die Noguchis Denken am „exemplarischsten“ verkörperten. Seinem ersten realisierten Garten aus dem Jahr 1951 in Japan (Readers Digest Building, Tokio) gingen bereits mehrere Entwürfe für Spielplätze in den USA voraus, darunter der Plan für einen großen „Play Mountain“ mit Rutschen und Schlittenläufen mitten in New York. In diese Phase fallen auch die von ihm entworfenen Spielgeräte, Klettergerüste und wiederum Rutschen, die Noguchi jenseits ihrer Funktion wiederum vor allem als Skulpturen begriff. In Großform realisierte der Künstler einen Spielplatz oder Spielpark nach seinen Vorgaben in den USA erstmals 1976 in Atlanta (Georgia), wo seine Playscapes-Skulpturen im Zentrum standen.