25.11.2021

Projekte

Jüdischer Garten in Berlin

Visualisierung der Aufenthaltssituation im Garten.

Visualisierung der Aufenthaltssituation im Garten. Zeichnung: © atelier le balto

Nun bereichert auch ein Jüdischer Garten die Gärten der Welt in Berlin. Mitte Oktober 2021 eröffnete die Berliner Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Regine Günther den Jüdischen Garten in den Gärten der Welt. Für die Gestaltung ist mitunter atelier le balto verantwortlich. Die Baukosten für den 2 000 Quadratmeter Garten betrugen rund zwei Millionen Euro. Hier wachsen nun Nutz- und Zierpflanzen, die mit dem jüdischen Leben in Verbindung stehen. Die Auswahl der Pflanzen geht auf literarische Werke des Judentums zurück.

Visualisierung der Aufenthaltssituation im Garten.
Der Jüdische Garten in den Gärten der Welt in Berlin. Foto: © atelier le balto

Jüdisches Leben und Gärten

Kulturelle und religiöse Vielfalt gehört zu Berlin. Dieser Reichtum wird auch in den Gärten der Welt sichtbar. Hier lädt unweit des christlichen Gartens nun auch ein jüdischer Garten ein. Seit Herbst 2021 ergänzt er die bestehenden Themengärten. Der Entwurf eines Teams aus Berliner Landschaftsarchitekten, Architekten und Künstlern trägt zu Präsentation einer der großen Weltreligionen bei. Damit reiht sich der jüdische Garten in die Darstellung der monotheistischen Religionen ein, die die Gärten der Welt prägen. Zum Wettbewerbsergebnis berichteten wir hier: Wettbewerb Jüdischer Garten.

Die Verbindung zwischen Judentum und Gärten ist nicht offensichtlich. Die jüdische Tradition und Religion ist eng mit dem geschriebenen Wort verbunden. Deshalb gedeihen im jüdischen Garten vor allem solche Pflanzen, die in literarischen Werken unterschiedlicher Epochen und Sprachen vorkommen. Sie alle bilden eine Vielfalt, die die Komplexität jüdischer Erfahrungen widerspiegelt. Im Judentum spielt der Respekt vor dem Leben eine große Rolle. Dementsprechend gehört die Pflege und der Schutz der Umwelt zum religiösen Wertekanon. Dieser wird im Jüdischen Garten in Berlin sichtbar. Der Garten ist kein statisches Abbild oder fertiges Bild. Er ist vielmehr ein Ort, an dem ästhetische Erfahrung mit Nutzen und Gebrauch zusammen kommen.

Jüdischer Garten: Der Entwurf

Atmosphärische Collage. Bild: © atelier le balto
Visualisierung der Aufenthaltssituation im Garten. Zeichnung: © atelier le balto
Konzeption und Ideen dargestellt in einer Collage. Bild: © atelier le balto

Der Weg im jüdischen Garten 

Der jüdische Garten in Berlin steht in enger Beziehung zu seiner Umgebung. Dementsprechend folgt der Entwurf auch keiner festen Typologie. Vielmehr spiegelt der Garten sein Berliner Umfeld wider und damit die jüdische Kultur, die Teil der Stadt und ihrer Geschichte ist. Der Entwurf für den jüdischen Garten stammt aus der Feder des Bildhauers Manfred Pernice, des Architekten Wilfried Kuehn und den Landschaftsarchitekten von atelier le balto.

In diesem Team bringen Veronique Faucheur und Marc Pouzol als Landschaftsarchitekten viel Erfahrung in der Gestaltung von Gärten und Parks für prominente Kunsthäuser und kulturelle Orte mit. Sie gewannen auch die Wettbewerbe für den Garten der Jüdischen Akademie und des Jüdischen Museums Berlin. Der Bildhauer Manfred Pernice ist ebenso versiert. Er lebt, arbeitet und unterrichtet in Berlin. Seine Werke stehen aber an prominenten Orten wie dem Solomon R. Guggenheim Museum in  New York, im Stedelijk Museum voor Actuele Kunst in Gent und vor der Bundeskunstsammlung in Berlin. Der Architekt Wilfried Kuehn hingegen ist bekannt durch zahlreiche Wettbewerbsbeiträge für Museen und öffentliche Räume. 2021 gewann sein Büro Kuehn Malvezzi unter anderem den Wettbewerb für das interreligiöse House of One in Berlin. 

Lageplan. Grafik: © atelier le balto

Hegen und pflegen

Ausgangspunkt für den Jüdischen Garten in Berlin ist ein Weg. Dieser Hauptweg auf dem Gelände wandelt sich im Garten zu einem Wegenetz. Das verzweigt sich und lädt zu individueller Bewegung im Raum ein. Einen Kontrapunkt zu diesen Bewegungsräumen bilden befestigte Flächen. Sie weiten sich an zwei Stellen sogar zu Aufenthaltsorten auf, die zu Versammlungen einladen. Diese Aufweitungen geben außerdem benutzbaren, skulpturalen Gebilden Raum. Die sind wie Gelenke in der Gesamtanlage. Darüber hinaus stellen sie aufeinander bezogene Klein-Architekturen dar, die das Motiv der Peilung aufgreifen. Die Skulpturen geben also Orientierung, symbolisieren Verständigung und halten Positionen fest.

Die Beete sind in unterschiedlicher Größe und Form angelegt.
Unterschiedliche Pflanzenarten gedeihen hier.

Jüdischer Garten und seine Nutz- und Zierpflanzen

Fotos: © atelier le balto

Zwischen den Wegen im Jüdischen Garten und deren Aufweitungen liegen Beete unterschiedlicher Größe und Form. Hier gedeihen Pflanzen, die der literarischen Ideengeschichte des Judentums entspringen. Zugleich stehen sie aber in Beziehung zum örtlichen Klima. Während holzige und immergrüne Arten in der Winterzeit das Gerüst des Gartens bilden, sorgen Stauden und einjährige Pflanzen saisonal für Abwechslung. Diese Vielfalt gibt dem Garten einen ökologischen Wert. Insgesamt ähnelt er einem Obst- und Gemüsegartens. An verschiedenen Stellen wird selektiv gejätet, Kompost ausgebracht und Mulch aufgetragen. Das soll helfen, auf Bewässerung zu verzichten. Die Obstbäume, Kletter- und Rankpflanzen werden im Winter geschnitten und spaliert. Die Ernten im Jüdischen Garten verteilen sich über den gesamten Sommer. 

Die Auswahl der Nutz- und Zierpflanzen für den Jüdischen Garten war sorgfältig. Sie wurde durch eine begleitende Recherche unterstützt. Zu den ausgewählten Arten gehören verschiedene Obstbäume. Aber auch Feigen- und Mandelbäume, Magnolien, Kastanien und Ulmen gedeihen dort. All diese Pflanzen sind aus Novellen, Gedichten, Kurzgeschichten, Essays und Briefen der jüdischen Literatur bekannt. Neben den Wegen und Beeten hat der jüdische Garten zwei skulpturale Pavillons. Sie bieten Gelegenheit zum Ausruhen und laden zum Austausch ein. Hier finden auch Veranstaltungen statt, in denen jüdische Kultur im Mittelpunkt steht. Außerdem werden im Jüdischen Garten Feste gefeiert, die den religiösen Jahreskalender prägen. 

Grundsteinlegung für den Jüdischen Garten

Im Oktober 2019 fand eine feierliche Zeremonie statt, in der der Grundstein für den Jüdischen Garten gelegt wurde. Es kamen verschiedene Persönlichkeiten der Berliner Regierung sowie Vertreter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zusammen. Als symbolischer Akt füllten sie  eine Kapsel mit ausgewählten Zeitdokumenten. Die wurde mit dem Grundstein versenkt. Den feierlichen Rahmen dieser Veranstaltung gab ein von einem Rabbiner gesprochenes Gebet. In diesem Herbst wurde der Garten nun eröffnet. 

Auch interessant: Alles, was Sie über die Anlage wissen sollten, lesen Sie hier: Gärten der Welt.

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