28.06.2022

Projekt

Kloster Neuzelle – Eröffnung der Barockgärten

Auf der Eröffnungsfeier schnitt Dietmar Woidke, Kabinettschef des Landes Brandenburg, das rote Band in zwei.
Auf der Eröffnungsfeier schnitt Dietmar Woidke, Kabinettschef des Landes Brandenburg, das rote Band in zwei. (Foto: hochC Landschaftsarchitekten)

Am 10. Juni eröffneten die restaurierten Barockgärten des Klosters Neuzelle in Oder-Spree. Frank Riebesell, Landschaftsarchitekt und Mitarbeiter des Büros hochC, begleitete das Projekt seit 25 Jahren. Er berichtet über die Geschichte der Gärten und den Planungsprozess seit den 1990er-Jahren.

 

Aussicht über die Gärten in die Oderaue (Foto: hochC Landschaftsarchitekten)

Kloster Neuzelle einmalig in Brandenburg

Dass der Ministerpräsident eines Bundeslandes zur Eröffnung einer Parkanlage kommt, ist eine Besonderheit. So ist es geschehen, als Mitte Juni der Kabinettschef des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke, das rote Band  in zwei schnitt. Damit wurde offiziell und feierlich der Obst- und Küchengarten des Stifts Neuzelle nach mehrjähriger Bauzeit eröffnet. Zur Eröffnung veranstaltete die Stiftung Stift Neuzelle ein Aktionswochenende mit zahlreichen Gartenführungen und Veranstaltungen. An den Abenden wurden die Anlagen illuminiert.

Damit wurde die besondere Bedeutung der Neuzeller Klostergärten für das Land Brandenburg gewürdigt. Es handelt sich um die einzigen in ihrer Gestaltung weitgehend erhaltenen barocken Klostergärten in Brandenburg. Als die Zisterzienserabtei Neuzelle die in die Jahre gekommenen Klostergärten um 1760 im damals vorherrschenden „französischen Stil“ als herrschaftlichen Lust-, Obst- und Küchengarten sowie Konventgarten neu gestaltete, waren die brandenburgischen Klöster bereits im Zuge der Reformation aufgelöst. Die Lage in der damals zu Sachsen gehörenden Lausitz hatte zur Folge, dass das Kloster Neuzelle erst 1817 säkularisiert wurde. Und noch eine Besonderheit für ein Mönchskloster: Der „herrschaftliche Garten“ war von Anfang an öffentlich zugänglich und zwar für Personen beiderlei Geschlechts – also auch für Frauen. Deshalb wurde dieser Garten von dem nebenliegenden Konventgarten, der den Mönchen vorbehalten war, durch eine hohe blickdichte Einfriedung abgetrennt.


Seit 25 Jahren in der Planung

Die neueste Planungsgeschichte der Klostergärten geht bis in die 1990er-Jahre zurück. Nachdem die Stiftung Stift Neuzelle 1996 sich neu formierte, übernahm sie die Verwaltung des gesamten Stiftsgeländes sowie zahlreicher Gebäude und Forstflächen. Von Anfang an legte die Stiftung auf die Wiederherstellung der verwilderten Gartenanlagen und Außenanlagen ein besonderes Augenmerk. Es war bekannt, dass die barocke Stiftskirche sowie die ursprünglich barocken Gartenanlagen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Touristenmagnet waren. An diese Tradition knüpfte die Stiftung an und warb Fördergelder aus den Töpfen für die ländliche Entwicklung ein. Als Planungsbüro wurde das Büro für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur gebunden, das heute als hochC Landschaftsarchitekten firmiert. Das Büro führte in 25 Jahren die gesamte Planung und Bauüberwachung der Freianlagen, der drei Bauabschnitte Klostergärten sowie mehrerer Bauabschnitte des Stiftsplatzes, der Höfe und Parkplätze sowie des neuen Museums des Stifts durch.

 

Der herrschaftliche Lustgarten
Der herrschaftliche Lustgarten mit Orangenbäumen als Kübelpflanzen (Foto: hochC Landschaftsarchitekten)

Ein Schatz der Gartengeschichte

Zu Beginn der Planung war nicht klar, ob man die Gärten des Kloster Neuzelle umfassend wiederherstellt oder lediglich Sicherungsmaßnahmen des Bestands und behutsame Restaurierungen vornimmt. Was auch immer jedoch an Maßnahmen durchgeführt werden sollte, bedurfte einer engen Abstimmung mit der Gartendenkmalpflege.In der Auseinandersetzung mit der Geschichte der barocken Neuzeller Klostergärten zeigte sich jedoch sehr schnell, dass es sich um ein hochkarätiges Gartendenkmal von europäischem Rang handelt. Der Zustand Ende der 90er-Jahre war das eines verwilderten Areals, das zahlreiche Reste barocker Wegeführung, Laubengänge, Mauern, Bäume und Terrassierungen sowie eine ehemalige Orangerie aufwies.

Der im Stiftsatlas dokumentierte Lageplan des Stifts zeigt Gartenanlagen, die sich in ihrer Gestaltung an die in der Barockzeit europaweit benutzten Anleitungen und Musterbücher für die Anlage von Gärten anlehnt. Bei archäologischen Grabungen, die in mehreren Grabungskampanien durchgeführt wurden, konnten die Expert*innen den Lageplan weitgehend bestätigen. Die baugeschichtlichen Recherchen ergaben, dass die Gärten auch nach der Auflösung des Klosters Neuzelle durch Pachtverträge weiter in ihrer barocken Struktur gesichert wurden. Dazu gehörte die Festschreibung der gartenbaulichen Nutzung. Ein Lehrerseminar betrieb dort im 19. und 20. Jahrhundert gartenbaulichen Unterricht sowie Obstbau. In den 1980er-Jahren initiierte das Institut für Denkmalpflege der DDR erste gartendenkmalpflegerische Instandsetzungen und ein Parkaktiv aus Neuzeller Bürger*innen kümmerte sich um die Pflege der Anlagen.


Verstärkt auf Pflanzen gesetzt

Heute nach der Wiederherstellung zeigen sich die Gärten wieder weitgehend in ihrer barocken Struktur. Die Denkmalsubstanz und die archäologischen Befunde wurden im Zuge der Wiederherstellungsmaßnahmen behutsam erhalten und gesichert. Die Gartenanlagen liegen in der Oderaue etwa zehn Meter tiefer als die beiden Kirchen und weiteren Gebäude des Kloster Neuzelle. Über mehrere Terrassen und Böschungen treppt sich die Hangkante auf das Gartenniveau herab. Damit sind die Klostergebäude in einzigartiger Weise aus den Gärten heraus erlebbar. Von der Hangkante schweift der Blick über die barocken Anlagen und ihre Einfriedungen in die Weite der Oderwiesen. Die Raumbildung innerhalb der Anlagen findet in der Kombination von Außenmauern, geschnittenen hohen Hecken, rasenbewachsenen Böschungen, Laubengängen und Parkgebäuden statt. Auf diese Weise sind Außenräume sowohl als eng gefasste Räume innerhalb der Gartengestaltung erlebbar als auch durch weite Blickmöglichkeiten über diese engen Grenzen hinweg.

Der Kräuter- und Gemüsegarten auf Kloster Neuzelle
Der Kräuter- und Gemüsegarten am Kloster Neuzelle (Foto: hochC Landschaftsarchitekten)
Obst- und Küchengarten
Der Konventgarten (Foto: hochC Landschaftsarchitekten)
Parterre im Obst- und Küchengarten
Parterre im Obst- und Küchengarten (Foto: hochC Landschaftsarchitekten)

Gartenanlage von Kloster Neuzelle im neuen Gewand

Die barocke Fülle und Vielfalt der Anlagen wird des Weiteren schon in der historischen Bezeichnung des Abtgartens erkennbar: herrschaftlicher Lust, Obst- und Küchengarten. Eine enge Verknüpfung differenzierter Gartennutzungen, die ganz formal mit Symmetrien und einem übergreifenden Wege- und Wassersystem zu einem großen Ganzen zusammengebunden werden. Dabei spielen neben den genannten baulichen Teilen Pflanzen eine außerordentliche Rolle. Zur Zeit der Gestaltung der Gärten um 1760 neigte sich die Barockzeit in der Parkgestaltung ihrem Ende entgegen, allgemein eine Gestaltungsphase, die verstärkt auf Pflanzen zur Raumbildung setzte. Ab 1769 wurde im Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit dem Wörlitzer Park bereits ein Landschaftspark angelegt und das weniger als 160 Kilometer Luftlinie entfernt.

Die Besonderheit im Kloster Neuzelle ist, dass der Obst- und Küchengarten sich direkt aus der Querachse des Parterres des Lustgartens entwickelt und fast spiegelbildlich ein eigenes „Küchengartenparterre“ aufweist. Dieses entspricht in den Gestaltungsprinzipien dem Königlichen Küchengarten des französischen Königs in Versailles (Potager du Roi). So finden sich Gemüsebeete direkt in den repräsentativen Teilen der Gärten. Obst- und Weinspaliere, Gemüse- und Kräuterbeete, Obstquartiere und Blumenbeete sind – teils exemplarisch – neu angelegt. Die Orangerie mit ihrem Bestand an Bitterorangen ist wieder in Betrieb genommen. Die beiden Parterres sind mit Einfassungen aus niedrigen Hecken bzw. Apfelcordons sowie mit Eibenkegeln und Hochstammrosen neu bepflanzt. Den Besuchern bietet sich ein heiteres und vielfältiges Bild einer barocken gut gepflegten Gartenanlage.

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