17.10.2022

Projekt

Landesgartenschau Beelitz: Stauden statt Spargel

Die Brandenburger Landesgartenschau 2022 findet vom 14. April bis zum 31 Oktober in Beelitz statt. Mit 201 Ausstellungstagen ist sie die längste Landesgartenschau Brandenburgs. Foto: LAGA Beelitz gGmbH
Die Brandenburger Landesgartenschau 2022 findet vom 14. April bis zum 31 Oktober in Beelitz statt. Mit 201 Ausstellungstagen ist sie die längste Landesgartenschau Brandenburgs. Foto: LAGA Beelitz gGmbH, Sebastian Gabsch

Im April 2022 eröffnete die Brandenburger Landesgartenschau in Beelitz, in der sogenannten Spargelstadt. Spargel findet jedoch nur am Rande statt. Im Mittelpunkt stehen Gärten mit 160 000 Frühblühern und 57 000 Stauden sowie ein Kläranlagebecken, das zu einem begehbaren Wasserspiel umgebaut wurde.

Das Brandenburgische Beelitz hat sich vom Spargel emanzipiert. Natürlich gibt es ihn beim Regionalmarkt rund um die Pfarrkirche – weiß, violett, bio, dick und dünn. Auch auf hölzerne Spargelstelen, die Köpfe bunt angemalt, wollte man nicht verzichten. Ansonsten aber ist die brandenburgische Landesgartenschau, die 2022 in Beelitz stattfindet, weitgehend spargelfrei. Ein Glück.

Denn Beelitz hat weit mehr zu bieten als den Beelitzer Spargel. Als ob es in den Weiten der Mark läge und nicht im Potsdamer Einzugsgebiet, ist die 13 000 Einwohner*innen-Stadt im Landkreis Potsdam-Mittelmark von zahlreichen Wiesen umgeben. Einige von ihnen sind im Süden der Stadt, rechts und links der Nieplitz, nun dazu gekommen. Sie bilden einen Teil der Flächen der Landesgartenschau.

Blick Richtung Altstadt: Das Besondere an der Landesgartenschau sind die fließenden Grenzen zwischen mittelalterlichem Stadtkern und Gartenschaugelände. Foto: LAGA Beelitz gGmbH
Blick Richtung Altstadt: Das Besondere an der Landesgartenschau sind die fließenden Grenzen zwischen mittelalterlichem Stadtkern und Gartenschaugelände. Foto: LAGA Beelitz gGmbH

Beelitz: Garten für alle Sinne

„Garten für alle Sinne“, heißt das Motto der Gartenschau, was sich etwas beliebig anhört angesichts dessen, was die Schau zu bieten hat. Den Planer*innen von Plancontext Landschaftsarchitektur ist es zusammen mit BBS aus Berlin und dem Büro Polyplan Kreikenbaum gelungen, ein vielfältiges Gartenschau-Gelände zu gestalten. Das Gelände erstreckt sich über die Wiesen südlich der Altstadt bis hinunter zur Nieplitz und umfasst eine Fläche von 15 Hektar. Teil der Gartenschau ist zum Beispiel das ehemalige Wasserwerk aus den zwanziger Jahren, das seit den 70ern außer Betrieb ist. Im Zuge der Landesgartenschau wurde es für 3,6 Millionen Euro vom Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten zu einem begehbaren Wasserspiel samt angrenzendem Festivalgelände umgestaltet.

Trotz der trockenen Böden für den Spargelanbau befinden sich in Beelitz viele Wasserreserven und Feuchtbiotope. Im Rahmen der Landesgartenschau wurden die Biotope für die Besucher*innen zugänglich gemacht. Foto: LAGA Beelitz gGmbH
Trotz der trockenen Böden für den Spargelanbau befinden sich in Beelitz viele Wasserreserven und Feuchtbiotope. Im Rahmen der Landesgartenschau wurden die Biotope für die Besucher*innen zugänglich gemacht. Foto: LAGA Beelitz gGmbH

Klärwerkbecken wird zur Attraktion

Das so genannte Festspielareal ist die größte Infrastrukturmaßnahme der Gartenschau. „Es gab im ehemaligen Klärwerk zwei Absetzbecken, von denen wir eines erhalten haben“, sagt die Landschaftsarchitektin Annette Kastka, die das Projekt betreute. „Wir wollten damit an die ehemalige Nutzung erinnern.“ Beide Becken zu erhalten wäre allerdings nicht möglich gewesen. „Das hätte zu viel Platz weggenommen.“ So wurde eines der beiden Becken saniert und mit Wasser gefüllt. „Es gibt auch eine beleuchtete Fontäne“, sagt Kastka.

Die Tribüne für die Freilichtbühne ist ein Neubau, zu dem auch ein Gebäude mit Umkleiden gehört. Sie fasst 1 400 Zuschauer*innen und wurde mit der Eröffnung der Gartenschau am 14. April eingeweiht. In Zukunft sollen hier Konzerte und Großveranstaltungen stattfinden. Während der Landesgartenschau treten unter anderem Vicky Leandros oder Chris de Burgh auf der Bühne auf. „Sowohl das Wasserspiel als auch die Tribüne sind die beiden höchsten Punkte der Landesgartenschau“, sagt Annette Kastka.

Das Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten hatte die Ausschreibung der Stadt Beelitz mit einem Konzept gewonnen, das die Inszenierung der Klärwerksbeckens als Wasserspiele in den Mittelpunkt stellte. So heißt es im freiraumplanerischen Konzept des Büros: „Das ehemalige Klärwerkbecken wird zur Attraktion des Erholungsparks am Festspielareal. Eine spiralförmige, barrierefreie Rampe führt auf das Becken hinauf, von dem man einzigartige Wasserpflanzen und heimische Amphibien beobachten kann.“ Und weiter: „Die große sichelförmige Parkfläche wird durch den Wechselflor aufgelockert. Hier befinden sich große, geschwungene Sitzbänke, die mit dem aufwändig bepflanzten Wechselflor verschmelzen. Lockere Baumgruppen korrespondieren mit den weitläufigen Wiesenflächen des Parks und integrieren sich in die Kulturlandschaft von Beelitz.“

Die neue Brücke über die Nieplitz verbindet die unterschiedlichen Geländebereiche der Landesgartenschau. Foto: LAGA Beelitz gGmbH
Die neue Brücke über die Nieplitz verbindet die unterschiedlichen Geländebereiche der Landesgartenschau. Foto: LAGA Beelitz gGmbH

Streuobstwiesen statt Gewerbeparks auf der Landesgartenschau

Zu Kulturlandschaft von Beelitz gehörte auch das ehemalige Mühlenfließ, ein am Rande der Altstadt mäandernder Zufluss der Nieplitz. Zwar wurde das Mühlenfließ selbst, das in den 60er-Jahren zugeschüttet wurde, nicht revitalisiert. Allerdings markiert nun ein schmaler Kanal den ehemaligen Lauf und wird mit dem parallelen Weg zur schönsten Promenade der Gartenschau. Eine „moderne Interpretation“ des ehemaligen Fließes sei der Kanal. Von der ursprünglich angedachten Revitalisierung des Fließes habe man wegen der hohen Kosten Abstand genommen.

Wieder errichtet wurde dagegen die ehemalige Wassermühle. Für das Gesamtvorhaben Mühlenfließ, zu dem neben dem neuen Wasserlauf auch der komplette Wegebau und die Gestaltung der angrenzenden Bereiche wie der gegenüberliegende Mühlengarten zählen, seien knapp 1,94 Millionen Euro, davon mehr als 1,4 Millionen Fördergelder veranschlagt gewesen, sagt Bernd Güldner von der Landesgartenschau-GmbH.

Eine Revitalisierungsschau wie am Finowkanal in Eberswalde 2002 mit seinen industriellen Hinterlassenschaften ist die Landesgartenschau in Beelitz also nicht. Eher eine Schau, bei der die Stadt viel Grün gewonnen hat. So wurden die Reste von Garagen und ehemaligem Gewerbe im Süden der Stadt einfach weggeräumt. Kein neues Leben in alten Gemäuern zeigt Beelitz, sondern ein weitläufiges Areal, das vor allem von Themengärten, Streuobstwiesen, den Archegärten und einem ausgedehnten Spielplatz- und Märchengelände geprägt ist.

Das Gelände der Landesgartenschau umfasst eine Spiellandschaft von knapp 5 000 Quadratmetern. Ein wiederkehrendes Spielelement: der Spargel. Foto: LAGA Beelitz gGmbH
Das Gelände der Landesgartenschau umfasst eine Spiellandschaft von knapp 5 000 Quadratmetern. Ein wiederkehrendes Spielelement: der Spargel. Foto: LAGA Beelitz gGmbH

Für jedes Kind einen Obstbaum

Das Interessante dabei: Wer durch die nach der einstigen Archeinsel an der Nieplitz benannten Archegärten geht oder entlang der Promenade am Mühlenkanal flaniert, trifft nicht nur auf die Gärten der Gartenschau, sondern kann auch privaten Gärtner*innen über den Zaun schauen. Immer wieder heißt es deshalb Umwege machen, immer wieder weist ein dezentes Schild „privat“ darauf hin, dass es eine Grenze gibt zwischen schon immer Garten und neuem Garten – und dennoch ist diese Grenze fließend.

Keine dieser privaten Gärtner*innen hat sich hinter Hecken verschanzt, alle lassen sich beim Werkeln zuschauen. Ohne Inszenierung zu sein, sind sie Teil dieses urbanen und landschaftlichen Gewebes, das vor allem von einem erzählt: Gärtnerischem Stolz und einer Offenheit einem Event gegenüber, das andernorts vielleicht auch Fragen aufwerfen würde.

Aber der parteilose Bürgermeister Bernhard Knuth hat schon vorgesorgt. Seit Jahren wird für jedes Kind, das in Beelitz geboren wird, ein Obstbaum gepflanzt. Und der Bürgermeister ist immer dabei. So sind nicht nur die Streuobstwiesen in den Archegärten mit der Zeit gewachsen, sondern auch die Verbundenheit der Bewohner*innen mit ihrer Stadt.

Ein Blütenmeer aus Sonnenhut in den sogenannten Archegärten. Foto: LAGA Beelitz gGmbH
Ein Blütenmeer aus Sonnenhut in den sogenannten Archegärten. Foto: LAGA Beelitz gGmbH

Beelitz: Gartenstadt neuen Typs

Sechs Millionen Euro hat die Stadt für die Landesgartenschau ausgegeben, dazu kamen noch einmal 16 Millionen vom Land Brandenburg. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. Als Knuth zusammen mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Umweltminister Axel Vogel (Grüne) die Landesgartenschau am 14. April eröffnet hat, war von 425 000 Besucher*innen die Rede, die bis zum 31. Oktober auf dem 15 Hektar großen Gelände erwartet werden.

Sie erwarten nicht nur ein Blütenmeer, für das 160 000 Frühblüher und 57 000 Stauden gepflanzt und 1,2 Millionen Blumenzwiebeln gesteckt wurden, sondern auch ein neues Erleben von Stadt und Garten. Denn so wie die privaten und die öffentlichen Gärten Hand in Hand gehen, verschwinden auch die Grenzen zwischen mittelalterlichem Stadtkern und Gartenschaugelände. Spektakulär, weil auf den ersten Blick verborgen, ist der Stadteingang in der Poststraße. Es geht durch das Tor der Alten Posthalterei oder durch die Tourismusinformation in einen weitläufigen Hinterhof mit Gartenwirtschaft. Hier weiß man plötzlich nicht mehr, ob das jetzt ein Altstadtcafé ist oder ein Gartencafé. So bekomme der Begriff der Gartenstadt in Beelitz plötzlich eine ganze neue Bedeutung.

Ganz ohne Spargel geht es allerdings auch hier nicht. Gleich neben dem Café befindet sich das Beelitzer Spargelmuseum. Und im Programmheft sind zahlreiche Spargelrezepte abgedruckt.

Erfahren Sie hier mehr über die Landesgartenschau Beelitz 2022.

Ebenfalls interessant: die zukünftigen Austragungsorte der Ladesgartenschau Bayern.

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