05.05.2021

Projekt

Landesgartenschau Kamp-Lintfort 2020

Die Landesgartenschau in Kamp-Lintfort öffnete am 5. Mai 2020 (Foto: Landesgartenschau Kamp-Lintfort 2020 GmbH)

Die Landesgartenschau in Kamp-Lintfort öffnete am 5. Mai 2020 (Foto: Landesgartenschau Kamp-Lintfort 2020 GmbH)


Landesgartenschau Kamp-Lintfort heute: Bahnhof soll bis 2026 fertig sein

Den Folgen der Corona-Pandemie geschuldet, wurde die Landesgartenschau in Ingolstadt aufs Jahr 2021 verschoben. Auch die Landesgartenschau Überlingen startete mit über einem Jahr Verspätung. Nur die Landesgartenschau in Kamp-Lintfort öffnete planmäßig im Jahr 2020. Die Gartenschau fand vom 5. Mai bis 25. Oktober 2020 statt. Insgesamt besuchten sie 450 000 Personen. Alles was Sie zur Gartenschau wissen müssen und wie es auf dem Gelände nun weiter geht (bis 2026 soll hier der Bahnhof Kamp-Lintfort entstehen), lesen Sie hier.

Der eigentliche Starttermin der Landesgartenschau Kamp-Lintfort war für den 17. April 2020 geplant. Aufgrund der Corona-Pandemie, die in Deutschland Anfang 2020 ausbrach, konnte die Landesgartenschau Kamp-Lintfort aber erst einen Monat später öffnen. Vom 5. Mai bis 25. Oktober besuchten schließlich über 450 000 Personen die Gartenschau auf dem ehemaligen Zechengelände der Schachtanlage Friedrich Heinrich 1/2 sowie am Kloster Kamp. Die Landesgartenschau Kamp-Lintfort war damit die 18. Landesgartenschau in Nordrhein-Westfalen.

Trotz Öffnung musste die Landesgartenschau Kamp-Lintfort im Zuge der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie einen Großteil der geplanten Veranstaltungen absagen. So auch die Eröffnungsfeier. Der Besuch selber war die meiste Zeit nur unter Auflagen möglich. Zum Ende der Landesgartenschau Kamp-Lintfort sagte Bürgermeister Prof. Dr. Landscheidt, dass es richtig gewesen sei, die Gartenschau trotz Pandemie zu öffnen. Nun schaue er mit Freude in die Zukunft. Der Zechenpark, das Infozentrum sowie das Green Fan Lab der Hochschule Rhein Waal würden dauerhaft bleiben. Zudem entstände ein neues Quartier auf einer Teilfläche des Landesgartenschau.

Die Landesgartenschau Kamp-Lintfort soll überdies langfristig auch als ÖV-Katalysator wirken. Denn: Ab dem 16. Mai 2020 konnten Besucher*innen die Landesgartenschau Kamp-Lintfort mit dem Zug erreichen. Hierfür reaktivierte die Stadt Kamp-Litford die Trasse der ehemaligen „Grubenanschlussbahn Zeche Friedrich Heinrich-Rheinpreußen-Hafen“ zwischen der Landesgartenschau und Rheinkamp, einem Stadtteil von Moers. Zusätzlich wurde die Haltestelle „Kamp-Lintfort Süd“ errichtet. Der Plan: Die Bahnstrecke soll ausgebaut werden um ab 2026 Duisburg mit Kamp-Lintfort zu verbinden. Mehr zum aktuellen Planungsstand finden Sie hier.

Zudem meldete radio k.w. Anfang November 2021, dass nun Kamp-Lintfort mit Sicherheit einen eigenen Bahnhof bekommen soll. Der entsprechende Entwurf wäre der Politik am 2. November 2021 präsentiert worden. Vorgesehen hier wären ein ebenerdiger Bahnhof – und damit einerseits ohne Treppen oder andererseits Rampen. Es stehe hingegen noch nicht fest, ob es auch ein Bahnhofsgebäude geben würde. Dies hänge laut Stadt Kamp-Lintfort davon ab, ob sich dahingehend ein*e Investor*in oder Betreiber*in finden ließe. Feststehe aber: Der Bahnhof soll bis 2026 fertig sein.

Landesgartenschau Kamp-Lintfort in a nutshell

Planung: bbzl – böhm benfer zahiri landschaften städtebau, Berlin
Rahmendaten: 5. Mai bis 25. Oktober 2020
Kosten: unbekannt
Besucher*innen: 450 000 Personen

Landschaftsplanerisches Konzept von bbzl

In der knapp 40 000-Einwohner-Stadt nordwestlich von Duisburg drehte sich viele Jahrzehnte alles um den Steinkohlebergbau, bevor die Zeche Friedrich Heinrich im Jahr 2012 stillgelegt wurde. Die Pläne für den Umbau des ehemaligen Zechengeländes bestanden aus zwei Teilbereichen: Das westliche Areal mit dem großen Quartiersplatz wurde zum Stadtquartier „Friedrich Heinrich“ mit künftig 800 neuen Wohnungen. Während der Gartenschau befanden sich hier, auf den künftigen Baufeldern, temporäre Ausstellungsflächen. Der östliche Geländeteil bildete als großer neuer Stadtpark dagegen das grüne Pendant des neuen Quartiers.

2017 gewann das Berliner Büro bbzl – böhm benfer zahiri landschaften städtebau den Wettbewerb für die Daueranlagen. Ihr Entwurf überzeugte die Jury, da er den neuen, 25 Hektar großen Zechenpark um das stadtprägende Steinkohlebergewerk über neu Wegeverbindungen barrierefrei an die angrenzende Altsiedlung anknüpft. Das, über Jahrzehnte abgezäunte Gelände ist somit endlich wieder ein Teil des Stadtgefüges.

Große Goorley als Lebensraum

Ein weiteres zentrales Element des Stadtumbaus in Kamp-Lintfort ist die Große Goorley: Seit Juli 2018 ließ die Linksniederrheinische Entwässerungsgenossenschaft (LINEG) deren Oberlauf auf 670 Metern Länge naturnah umgestalten. Er wirkt heute wieder Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Speisen tun die Große Goorley allerdings immer noch hauptsächlich die Grundwasserpumpen der Zechenschächte. Vormals war die insgesamt 2,4 Kilometer lange Große Goorley zum Entwässerungsgraben und Abwasserkanal der Zeche Friedrich Heinrich degradiert. Sie war stark ausgebaut, überformt und teils verrohrt. Das Teilstück wurde offengelegt und nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie umgebaut. Mäandrierend begrenzt der Gewässerabschnitt mit abgeflachten Ufersäumen nun den neu gestalteten Zechenpark an seiner nord-östlichen Seite.

Motiv: mit Topografie arbeiten

Gleichzeitig sah der Entwurf von bbzl vor, den nord-westlich gelegenen Kamper Berg an die Große Goorley anzubinden. Dies sollte über den bestehenden, knapp drei Kilometer langen „Wandelweg“ entlang der Flusslandschaft erfolgen. Dafür ergänzten die Landschaftsarchitekt*innen den schmalen Fußweg um einen Radweg auf der anderen Uferseite. Sie verknüpften in zudem mit drei neuen Brücken. Auf dem Kamper Berg liegt das denkmalgeschützte Kloster Kamp. Dieses wurde 1123 als erstes deutschsprachiges Zisterzienserkloster gegründet. Der Gartenschau-Slogan „Vom Paradiesgarten zum Central Park“ deutet an, dass die Landschaftsarchitekt*innen die historischen Kloster-Gartenanlagen um drei neue „Paradiesgärten“ ergänzen. Sie liegen entlang eines Fußwegs, der den Kamper Berg barrierefrei erschließt.

Pflanzenarten für Extremstandorte ausgewählt

Durch große Erdbewegungen im Zuge des Steinkohleabbaus und den anfallenden Bauschutt abgerissener Zechengebäude ergab sich für die Landschaftsarchitekt*innen ganz von alleine das Motiv, mit Topografie zu arbeiten. In zwei, parallel zur Großen Goorley verlaufenden Hügeln verschwanden belastete Böden und Bauschutt in einem Landschaftsbauwerk unter einer zweifachen Dichtung und einer 1,5 Meter hohen Bodenschicht. Der Umgang mit den belasteten Böden war auf dem ganzen Gelände ein Thema. Daher ließen die Planer*innen im Park einen halben Meter neuen Boden als unbelastete Rekultivierungsschicht auftragen.

Die hainartige Bepflanzung des zuvor nahezu baumfreien heutigen Zechenparks ist im Osten als „Grüner Saum“ kompakter angelegt, während die Baumdichte nach Westen lockerer wird. Ein besonderes Augenmerk lag darauf, solche Arten auszuwählen, die mit den lokalen, Extremstandorten sowie den trockeneren, wärmeren Bedingungen des fortschreitenden Klimawandels zurechtkommen werden. Auf dem rekultivierten Landschaftsbauwerk kamen nur kleinere Arten zum Einsatz: Sorbus intermedia, S. incana, S. aria ‘Magnifica‘, Fraxinus ornus und Acer freemanii ‘Armstrong‘.

Bäume in aufgelösten Betonplatten

Gegenüber des aufgeschütteten Landschaftsbauwerks liegt der 130 mal 150 Meter messende Quartiersplatz. Die riesig erscheinende Fläche sowie die Kulisse eines erhaltenen Strebengerüsts von Schacht 2 und des ehemaligen Förderturms von Schacht 1 mit einer Aussichtplattform auf 70 Meter Höhe stellten die Landschaftsarchitekten bei der Platzgestaltung vor Herausforderungen. Daher wurden dort größere Baumarten gepflanzt, wie beispielsweise Alnus spaethii, Quercus cerris, Ostria carpinifolia, Metasequoia glyptostroboides und Paulownia tomentosa. Diese „sprießen“ aus einem aufgelösten Betonplatten- und Schotterbelag, der in Streifen und Inseln gegliedert die beiden verbliebenen Bauwerke einbindet.

Bergbau und Kohle bewusst kaum aufgegriffen

Die Platzfläche besteht nun aus glatten Betonplatten in Grau und – eine Schicht tiefer liegend – Schotterrasen in Grün, rund um die Zechentürme. Neben dem Schatten der Bäume sorgt auf dem Platz ein Wasserspiel mit Wasserfontänen für Abkühlung. Bei der Möblierung orientierte sich bbzl an dem im typischen Grün des gestrichenen Strebengerüsts von Schacht 2. Die eher filigran anmutenden, in Sitzgruppen auf dem Platz verteilten Bänke, Hocker und Stühle aus Metall sind in unterschiedlichen Farbtönen von Tannengrün bis Maigrün lackiert.

Hier sehen Sie den Lageplan der Landesgartenschau von bbzl (Plan: bbzl)

Auf dem Gartenschaugelände befand sich zudem auch ein Lehrstollen, der die Geschichte des Bergbaus in Kamp-Lintfort für die Besucher hautnah erfahrbar macht. Das Motiv des Bergbaus und der Kohle hat bbzl wegen dessen großer Präsenz bewusst in seiner Gestaltung nicht plakativ aufgegriffen. Auf den Spielplätzen, deren Ausgestaltung nicht aus der Feder von bbzl stammt, fanden sich allerdings auch kleine Fördertürme zum Klettern. Ganz ohne Bergbau geht es in Kamp-Lintfort eben noch nicht.

Auch interessant: Hier finden Sie die Beiträge zur Landesgartenschau Ingolstadt und zur Landesgartenschau Überlingen.

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