06.10.2022

Gesellschaft

Mikroklima analysieren mit Spacemaker

Die Software Spacemaker erlaubt es, die Auswirkungen von geplanten Gebäuden auf das Mikroklima zu analysieren. In der Innenstadt herrscht oft ein eigenes Mikroklima, das mehrere Grad wärmer ist als die Umgebung der Stadt. Foto: Daniel Rivero Horie via PxHere
In der Innenstadt herrscht oft ein eigenes Mikroklima, das mehrere Grad wärmer ist als die Umgebung der Stadt. Foto: Daniel Rivero Horie via PxHere

Spacemaker, ein Unternehmen von Autodesk, entwickelte ein intuitiv zu bedienendes Tool für die Analyse von Mikroklima. Dank der Software können Planer*innen Daten zu thermischen Verhältnissen generieren und visualisieren – ein wichtiger Schritt für das Entwickeln von Lösungen, die den Klimawandel abmildern werden.

Die Analyse von Mikroklima

Die US-amerikanische Softwarefirma Autodesk bietet mit Spacemaker eine Möglichkeit, Mikroklimaanalysen durchzuführen. Dieses erste Tool seiner Art ermöglicht es, städtische Wärmeinseln darzustellen und zu visualisieren. So können Planungs- und Designexpert*innen die thermischen Verhältnisse in Außenbereichen bewerten, problematische Themen erkennen und mögliche Lösungen simulieren. Dank der Simulation können kostengünstig Änderungen vorgenommen werden, bevor es an das tatsächliche Design des Mikroklimas geht.

Die Spacemaker-Software ist Teil der Echtzeit-Analysen von Spacemaker. Benutzer*innen können mithilfe der Analysen testen, wie ihre Entwürfe für Gebäude und Straßenfaktoren von Umweltfaktoren wie Lärm, Wind und Tageslicht beeinflusst werden. Zugleich sehen sie, wie zum Beispiel die Schatten und die Positionen der geplanten Gebäude Luftschleusen verursachen.

Bei Spacemaker ist ersichtlich, wie sich ein bestimmter Entwurf auf das Mikroklima auswirken würde. Wenige Grünflächen führen etwa zu dem Warnhinweis, dass dadurch die Umgebungstemperatur höher und die Luftqualität schlechter werden könnten. Dunkle Dächer und Materialien wie Asphalt und Beton absorbieren die Hitze und speichern sie, was meist nicht gewünscht ist.

Dabei unterscheidet Spacemaker zwischen ländlichen Gebieten, Vorstädten, Gewerbegebieten, Stadtrand, Parklandschaft, Agrarland und der Innenstadt. Letztere ist besonders stark vom urbanen Hitzestress betroffen.

Städtische Wärmeinseln

Das Phänomen der „urban heat islands“ oder städtischen Wärmeinseln ist Teil des Stadtklimas. Laut der World Meterological Organisation zeichnet sich das Stadtklima als ein durch „Bebauung und Emissionen gegenüber dem Umland verändertes Lokalklima“ aus. Parameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Strahlung, Wind, Luftqualität und Lärm sind in der Stadt anders.

Typisch sind dabei auch die städtischen Wärmeinseln, wie bei Spacemaker simuliert. Sie entstehen durch die Temperaturdifferenz zwischen der wärmeren Stadt und dem kühleren Umland. Bei wolkenfreien, windschwachen Wetterbedingungen bildet sich ein Mikroklima mit einer Differenz von teils mehreren Grad Celsius. Das liegt unter anderem daran, dass die Lufttemperatur in Städten von der Gebäudegeometrie, den thermischen Eigenschaften der Bausubstanz, den Eigenschaften der Oberflächen und von Wärmefreisetzung wie Hausbränden, Verkehr und Industrie abhängt.

Als Ergebnis dieses Mikroklimas erleben Stadtbewohner*innen insbesondere in den wärmeren Monaten ein höheres Risiko für Hitzestress. Vor allem für ältere Menschen, kranke Menschen und Kleinkinder ist diese erhöhte Wärmebelastung eine große Herausforderung. Durch den gesteigerten Einsatz von Kühlsystemen und Klimaanlagen kommt es zudem zu erhöhtem Energieverbrauch. Dieser wirkt sich negativ auf die Umwelt aus und steigert die individuellen Haushaltskosten.

In Berlin konnten in heißen Sommernächten bereits Temperaturunterschiede von bis zu 10 Grad zwischen dem dicht bebauten Alexanderplatz und dem Umland festgestellt werden. Dies ist eine ernstzunehmende Gesundheitsgefährdung – außerdem werden sich die Hitzetage pro Jahr aufgrund der Klimaerhitzung in den nächsten Jahren voraussichtlich verdoppeln.

Die Software Spacemaker erlaubt es, die Auswirkungen von geplanten Gebäuden auf das Mikroklima zu analysieren. Hitzewellen kommen aufgrund der Klimakrise immer häufiger vor und Städte sind aufgrund des Wärmeinseleffektes besonders stark betroffen. Foto: Viorel Vașadi via Pixabay
Hitzewellen kommen aufgrund der Klimakrise immer häufiger vor und Städte sind aufgrund des Wärmeinseleffektes besonders stark betroffen. Foto: Viorel Vașadi via Pixabay

Nachhaltige Lösungen für bewohnbare Städte

Städtische Wärmeinseln stellen weltweit eine große Herausforderung dar. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität oft negativ und verlangen nach einer angepassten Architektur. Umso wichtiger ist es, entsprechende Schritte zur Entschärfung des Problems einzuleiten. Architekt*innen, Stadtplaner*innen und Immobilienentwickler*innen sind gefragt, nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Diese sollen dazu beitragen, dass Städte das ganze Jahr über bewohnbar sind.

„Thermische Verhältnisse und die bebaute Umgebung sind zwei Seiten derselben Medaille, da Wind- und Sonnenverhältnisse an einem Standort durch grundlegende Entscheidungen über Gebäudegrundrisse und -formen stark beeinflusst werden. Leider wird der thermische Komfort in den meisten Fällen erst dann berücksichtigt, wenn es zu spät ist, wodurch wichtige Bausteine der gesamten Nachhaltigkeitsstrategie einer Stadt unwirksam werden“, sagt Håvard Haukeland, Mitbegründer von Spacemaker und Senior Director von Autodesk, der Architekturzeitung zufolge. „Planungs- und Designteams sind dann gezwungen, komplexe Probleme in großem Maßstab mit kleinen, aber kostspieligen Renovierungen und Verbesserungen anzugehen. Das kann oft große Verzögerungen nach sich ziehen.“

„Die Mikroklimaanalyse gibt Planern die richtigen Werkzeuge an die Hand, damit sie vom ersten Tag an intelligentere, datengestützte Entscheidungen treffen können. Dies führt zu Lösungen, die die Auswirkungen des Klimawandels abmildern, indem sie optimale Lebensbedingungen gewährleisten und gleichzeitig die Resilienz der Städte erhöhen“, ergänzt Håvard Haukeland.

So funktioniert die Analyse von Mikroklima von Spacemaker

Es gibt bereits Methoden zur Berechnung des städtischen Wärmeinseleffekts. Allerdings sind diese oft nur Expert*innen zugänglich und visualisieren die Daten nicht. Die Mikroklimaanalyse von Spacemaker ist hingegen schnell und sehr anschaulich. So soll das gesamte Planungsteam in der Lage sein, Einblick die Auswirkungen bestimmter Planungsentscheidungen zu erhalten. Eventuelle Probleme mit den thermischen Verhältnissen lassen sich so schnell erkennen und effektiv lösen.

Zudem erlaubt Spacemaker die Modellierung von Extremen wie heißen Sommertagen. Das Ergebnis von Änderungen am Design wird auf einer Wärmekarte in Echtzeit angepasst. Eine Komfortfrequenzkarte zeigt, welche Temperaturen in welchem Zeitrahmen von Benutzer*innen als angenehm empfunden werden. So ist ersichtlich, wann und wie lange der Aufenthalt in Außenräumen noch komfortabel ist. Damit ist es möglich, mithilfe von Spacemaker ergebnisorientierte Designentscheidungen zu treffen.

Das Software-Team von Spacemaker hat zwei Jahre lang thermische Belastung und Temperaturwahrnehmung studiert, um das neue Tool zu entwickeln. Die resultierende Mikroklimaanalyse basiert auf dem Universal Thermal Climate Index, der eine wichtige Informationsquelle für Klimaforschung darstellt. Mehr zu Spacemaker erfahren Sie auf deren Website.

Ebenfalls interessant: In Zürich soll eine Nebelwolke über dem Turbinenplatz den Stadtraum kühlen. Wie und ob das funktioniert, lesen Sie hier.

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