06.06.2023

Wettbewerb

Neue Mitte Erfurt Südost

Eine bunte Collage. Im Mittelpunkt eine breite Promenade mit Menschen. Gesäumt von Grünflächen und Bäumen.
Ortsplatz am Sibichen. Abbildung @ Octagon Architekturkollektiv, team red Deutschland GmbH, impuls Landschaftsarchitektur Facius. Facius PartGmbB

Im Südosten Erfurts läuft derzeit das größte Stadtentwicklungsprojekt der Landeshauptstadt. Hier sollen bis 2060 soziale Einrichtungen, Sport- und Freizeitflächen, Grünflächen, Straßen und Wege neu- oder umgestaltet werden, um den Lebensraum für rund 24 000 Erfurter*innen zu verbessern. In dem städtebaulichen Wettbewerb „Neue Mitte Erfurt Südost“ sollten Planungsbüros dafür die Ortsteile Melchendorf, Wiesenhügel und Herrenberg verbinden. Nun ist der Wettbewerb entschieden. Wer das Siegerbüro ist und was der Entwurf vorsieht, lesen Sie hier.


Nächster Schritt im Projekt „Neue Mitte Erfurt Südost“

Erfurt hat sich bis zum Jahre 2060 viel vorgenommen. Denn dann soll der Südosten der Stadt – ein Viertel, das heute von Plattenbauten geprägt ist – zu einem deutlich lebenswerteren Raum aufgewertet worden sein. Es ist ein besonderes Projekt, das Teilhabe fördern soll. Expert*innen und Bürger*innen sind dabei gleichermaßen gefragt, Potentiale vor Ort herauszufiltern. Und daraus eine positive Entwicklung für das Quartier herzuleiten. Bereits seit 2019 läuft der Prozess. Zum heutigen Tage konnte das Projekt einige Meilensteine verzeichnen. So wurden gleich zu Beginn beispielsweise Fördermittelanträge ausgearbeitet. Weiterhin fanden 2022 erste Beteiligungsverfahren und sogenannte Zukunftswerkstätten statt, in denen sich die Bevölkerung zu Umgestaltungsfragen einbringen konnte. Ende letzten Jahres wurde dann der Planungswettbewerb „Neue Mitte Südost“ ausgerufen. Und schließlich Mitte März entschieden. Dabei konnte sich das Octagon Architekturkollektiv aus Leipzig, gemeinsam dem Büro impuls Landschaftsarchitektur aus Jena und dem team red aus Berlin durchsetzen.

Lageplan zeigt Stadtplätze mit Grünverbindungen.
Neue Mitte Südost Lageplan. credits: Octagon Architekturkollektiv, team red Deutschland GmbH, impuls Landschaftsarchitektur Facius. Facius PartGmbB

Dreiergespann überzeugt 

Die Grundaufgabe des Wettbewerbs forderte nichts minder als die Entwicklung einer Vision für das Kernstück des Gesamtvorhabens Erfurt Südost. Mitten im Projektgebiet galt es, die Ortsteile Herrenberg, Wiesenhügel und Melchendorf miteinander zu verbinden. Weiterhin sollten im Bereich Wiesenhügel attraktivere Aufenthaltsbereiche und Aktivitätsmöglichkeiten geschaffen werden. Keine leichte Aufgabe. Insgesamt stellten sich sechs Teams der gestalterischen Herausforderung. Diese wurden in einer ganztägigen Veranstaltung in einem 50 Personen großen Plenum eingehend studiert und ihre Vor- und Nachteile abgewogen. Die Jury aus 15 stimmberechtigten Mitglieder*innen – darunter Fachplaner*innen aus den Bereichen Stadtplanung, Verkehrsplanung und Freiraumplanung aber auch Vertreter*innen der Stadt, des Landes und des Bundes – gab schließlich grünes Licht für den Entwurf des Dreierteams Octagon, impuls und team red. „Aus Sicht des Preisgerichts setzt es die Wettbewerbsziele am besten um“, erklärte dazu Andrea Ziegenrücker, Landschaftsarchitektin aus Erfurt. 

Eine bunte Collage im Hintergrund ein Haus mit brauner Fassade. Davor weite grüne Flächen mit Baumbestand. Bespielt durch Menschengruppen.
Stadtplatz am Grünzug. credits: Octagon Architekturkollektiv, team red Deutschland GmbH, impuls Landschaftsarchitektur Facius. Facius PartGmbB

Mehr Freiraum für Erfurts Neue Mitte Südost 

Es sind zwei wesentliche Aspekte, die dem Beitrag mit dem Titel „Ab durch die Mitte/Neue Räume zwischen den Hügeln“ zum Sieg verholfen hatten. Da ist zum Einen die einnehmende Grundidee, die mehr Platz zum Spazierengehen und Erholen im Viertel vorsieht. Statt Verkehrsflächen entstehen Wohnraum und Gebäude für Produktives Gewerbe. Auch sieht der Umbau der bestehenden Verkehrsanlagen zukünftig barrierefreie Querungsmöglichkeiten vor. Dabei frei werdende Flächen werden dem Fuß- und Radverkehr zugeschlagen. Oder bieten Raum für neue Baumpflanzungen im Quartier. So wird die Mitte aus allen Richtungen durch Grünräume erschlossen. Eine übergeordnete Landschaftsachse entsteht, die bestehende Strukturen integriert. Wo heute der Friedhof liegt, sieht die Vision dazu beispielsweise eine Umwidmung des ebenjenen zum Friedhofspark vor. 

Insgesamt legt der Entwurf einen starken Fokus auf die Etablierung qualitätsvoller Freiraumstrukturen. Urbane Stadtplätze, attraktive Parks, Grünräume und nutzbare Dächer lassen so insgesamt ein lebendiges Zentrum entstehen. Dabei werden vorhandenen Nutzungen aufgegriffen und fortgeschrieben. Der Bestand wird dabei durch weitere öffentliche Einrichtungen sinnhaft ergänzt. Weiterhin werden die einzelnen Elemente durch ein sogenanntes „Aktivband“ und eine Brücke verknüpft. Dem Entwurf gelingt es mit der Geste die ehemals trennend wirkende Tallage zu überwinden. So entsteht eine zusammenhängende Verbindungszone, die zwischen Schul-, Sport- und Freizeitflächen vermittelt. 


Prozess läuft bis 2060

Neben der gestalterischen Feinheit des Entwurfs, konnte zum Anderen schließlich auch der konzeptionelle Ansatz überzeugen. Sie zeichnen eine Zukunftsvision, die wichtige Grundsätze fixiert, jedoch nicht als finales Planwerk verstanden werden will. Für das Projekt Erfurt Südost, dessen Umsetzung über Jahrzehnte angesetzt ist, ein wichtiger Aspekt. „Die Schaffung der Neue Mitte erfordert aufgrund bestehender Gegebenheiten einen langen Atem. Die Ziele, die wir im Südosten verfolgen, können nur stufenweise umgesetzt werden und sind insoweit kurz-, mittel- und langfristig angelegt“, erklärt Dirk Heide, kommissarischer Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Stadtplanung, die komplexe Situation. Durch den Wettbewerbssieg steht nun jedoch das Planungsteam fest, mit dem die Stadt Erfurt die weiteren Schritte gehen wird. Nun gilt es, die Ideen, zu vertiefen und im weiteren Planungsprozess auf den Prüfstand zu stellen. Dabei verspricht die Stadt – wie in der Vergangenheit – eine intensive Beteiligung der Bürger*innen.

Vogelperspektive auf das Quartier.
Neue Mitte Südost Perspektive. credits: Octagon Architekturkollektiv, team red Deutschland GmbH, impuls Landschaftsarchitektur Facius. Facius PartGmbB

Stete Beteiligung vorgesehen 

Seit dem 28. März konnten sich diese bereits selbst ein Bild vom Planungsstand machen. Denn alle eingereichten Wettbewerbsarbeiten sind für Interessierte im Melchendorfer Markt ausgestellt. Zukünftig sind nun wöchentliche Sprechstunden vorgesehen, in denen die Stadtverwaltung die Bevölkerung Schritt für Schritt mitnimmt und über aktuelle Entwicklungen informiert. Dirk Heide hält die Beteiligung gerade bei einem Projekt dessen Zeitrahmen über eine so lange Spanne gesteckt sei, für besonders notwendig: „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass wir bereits im hier und jetzt substantielle Fortschritte für den Erfurter Südosten erzielen.“ Deshalb werden – wo möglich – bereits einige Abschnitte in naher Zukunft realisiert. Bis 2026 ist die Umgestaltung der Verkehrsanlage rund um den um den Abzweig Wiesenhügel und die Neugestaltung bestehender Grünflächen geplant. Damit könnte der Erfurter Südosten bereits in den nächsten Jahren grundlegend sein Gesicht wandeln. Und den Anwohner*innen bald qualitätsvolle Aufenthaltsräume und wichtige Grünstrukturen im eigenen Quartier bieten. 

Was sich in der Vergangenheit in der Stadt getan hat, lesen Sie hier: BUGA Erfurt.

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