12.02.2023

Projekt

Radschnellweg Stuttgart: Fahrradautobahn in der Höhe

Mit Radschnellwegen in der Höhe möchte Baden-Württemberg die Verkehrswende vorantreiben. Bildquelle: urb-x.ch
Mit Radschnellwegen in der Höhe möchte Baden-Württemberg die Verkehrswende vorantreiben. Foto: urb-x.ch

Zusammen mit dem Schweizer Start-up Urb-x will die Stadt Stuttgart ein Radschnellweg in fünf Meter Höhe errichten. Der Prototyp dazu entsteht derzeit in Basel. Wie das „Stecksystem“ aus vorgefertigten Holz-Modulen funktioniert, wofür die zugehörigen Solarmodule sind sowie alles zur Strecke in Stuttgart lesen Sie hier.


Radschnellweg Stuttgart: Die geplante Fahrradautobahn

Laut Winfried Hermann, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, soll in der Region Stuttgart eine ein Kilometer lange Fahrradautobahn entstehen. Ein Schweizer Start-up soll die Fahrradinfrastruktur verbessern. Dafür ist ein Radschnellweg, der fünf Meter über der Straße liegt, geplant. Diese eigene Fahrbahn wäre nur für Fahrräder, nicht aber für Autos oder Fußgänger*innen, zugänglich. Sie soll zweispurig sein und ohne Kreuzungen auskommen.

Das „Bike Highways“-Projekt ist von anderen Radschnellwegen wie etwa dem Xiamen Skyway in China inspiriert. Diese Fahrradbrücke ist knapp acht Kilometer lang und spannt sich über vielbefahrene Straßen. Das Projekt in Südwestdeutschland soll aus vorgefertigten Holzmodulen bestehen, die vom Baseler Start-up Urb-x bereitgestellt werden. Außerdem haben diese Highways Solarpaneele, die pro Kilometer Strecke Strom für mehrere Hundert Haushalte produzieren können. Die Landesregierung von Baden-Württemberg möchte mit dem Unternehmen zusammenarbeiten, um den Radfahralltag in Großstädten wie Stuttgart angenehmer zu gestalten.

Im Jahr 2022 waren Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann, beide von den Grünen, in Basel vor Ort, um sich die dort produzierten Bike Highways näher anzuschauen. Laut Kretschmann könnten diese die Stauprobleme insbesondere im Raum Stuttgart lösen. Derzeit befinden sich die Radschnellweg-Projekte noch in der Vorplanung. Bis zur IBA 2027 möchte das Verkehrsministerium mindestens ein Pilotprojekt verwirklicht haben.

So könnte die Fahrt auf den neuen Radschnellwegen in Stuttgart aussehen. Bildquelle: urb-x.ch
So könnte die Fahrt auf den neuen Radschnellwegen in Stuttgart aussehen. Foto: urb-x.ch

Mehr als nur ein Fahrradweg

Einfache Radstreifen oder Radwege sind gerade in Stadtzentren nicht ausreichend, um den nötigen Raum für Radfahrende zu schaffen. Der Umbau vorhandener Straßen führt schnell zu Konflikten. Daher hofft das Unternehmen Urb-x, mit Infrastruktur in der Luft Abhilfe zu schaffen. Die Highways bieten Spuren in beide Richtungen, haben einen rutschfesten Belag und sind beheizbar, sodass sie auch im Winter benutzbar sind.

Laut Urb-x lassen sich so pro Kilometer Strecke bis zu 3 000 Tonnen CO2 im Vergleich zur Betonbauweise sparen. Außerdem könnten die Solarpanels an der Radschnellstrecke Strom für 100 bis 200 Haushalte pro Kilometer produzieren. Simulationen des Unternehmens zeigen, dass eine Radexpress-Infrastruktur bis zu 50 Prozent aller Pendlerwege auf das Fahrrad umstellen.

Die Teststrecke für die Radschnellwege in der Höhe in Baden-Württemberg soll in der Region Stuttgart entstehen. Derzeit ist noch offen, wann der Baustart wäre.

Die Radwege von URB-X können auf einer Länge von etwa 1 Kilometer der Überbrückung dienen. Bildquelle: urb-x.ch
Die Radwege von Urb-x können auf einer Länge von etwa einem Kilometer der Überbrückung dienen. Foto: urb-x.ch

Nachholbedarf in der Rad-Infrastruktur

Der Nachholbedarf für Rad-Infrastruktur angesichts des Fahrradbooms ist groß. Existierende Straßen eignen sich häufig nicht, um leistungsfähige Radwege ohne zu viele Kreuzungen anzulegen. Hinzu kommen auch politische Probleme. In Baden-Württemberg zum Beispiel sieht Minister Hermann langatmige Abstimmungsprozesse, Planfeststellungsverfahren und Bedenkenträger*innen als Ursachen für den stockenden Ausbau der Radschnellwege. Nun hat der Minister angekündigt, die Prozesse engmaschiger zu kontrollieren und regelmäßig den Stand der Projekte zu prüfen.

Noch steckt das Highway-Projekt, das die Radschnellwege in Stuttgart und Umgebung ergänzen würde, in den Startlöchern. Expert*innen aus dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg zweifeln unter anderem daran, wie langlebig das verwendete Holz ist. Insbesondere Schimmel stellt eine Sorge dar, denn Regenfall könnte zu Schimmel und Holzschäden führen.

Eine weitere offene Frage sind die Kosten für die Radschnellwege in Stuttgart allgemein sowie die vermutlich höheren Kosten für die Fahrwege in der Höhe. Nächste Schritte bestehen darin, den in Basel entstehenden Prototypen näher unter die Lupe zu nehmen und weitere Studien durchzuführen.

Radschnellwege in der Höhe überqueren Kreuzungen und andere Flächen, ohne selbst viel Platz auf dem Boden einzunehmen. Bildquelle: urb-x.ch
Radschnellwege in der Höhe überqueren Kreuzungen und andere Flächen, ohne selbst viel Platz auf dem Boden einzunehmen. Foto: urb-x.ch

20 neue Radschnellwege für Baden-Württemberg

Der geplante Radschnellweg in der Höhe würde die geplanten Radwege ergänzen. Insbesondere in Städten würden Highways zusätzliche Fläche bieten. Insgesamt möchte das Land Baden-Württemberg 20 Radschnellwege bauen, die je 20 bis 30 Kilometer lang sein sollen. Dies wird voraussichtlich etwa eine halbe Milliarde Euro kosten. Laut Minister Kretschmann sind die Radschnellwege die einzige Möglichkeit, dem Stauproblem in Städten wie Stuttgart beizukommen. Außerdem tragen die Radwege, insbesondere die Holz-Highways, dazu bei, dass die Menschen sich klimafreundlicher bewegen und rasch durch die Stadt kommen.

Denn um wirklich schnell durch eine Stadt zu radeln, sollten idealerweise keine Kreuzungen im Weg sein. Der vorhandene Radschnellweg von Mannheim nach Heidelberg zeigt, dass der schnell fließende Radverkehr gut möglich ist. Allerdings ist es derzeit noch schwierig, den Radschnellweg durch die Innenstadt von Heidelberg zu führen. Durch den Bau in der Höhe lassen sich derartige Probleme lösen.

Zwar sind Brücken laut Kretschmann teurer als der Bau von Fahrradwegen auf dem Boden. Aber dort, wo kein Platz ist, sind Holz-Hochstraßen an bestimmten Stellen eine interessante Lösung. Durch Holz aus der Region in Modulbauweise lassen sich ein rascher Bau und eine einfache Wartung garantieren.

Übrigens: Auch im italienischen Sabbionetta soll ein erhöhter Fahrradweg entstehen. Dieser liegt nicht nur zwischen den Bäumen, sondern wird auch von ihnen getragen. Das Projekt trägt den Namen Tree Path.

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