15.02.2023

Projekt

Rother Neuland: Innovativer Öko-Stadteil statt Leoni-Fabrik

Im mittelfränkischen Roth soll auf einem alten Leoni-Fabrikgelände ein neuer, moderner Öko-Stadtteil entstehen. Ulrike Lefherz
Im mittelfränkischen Roth soll auf einem alten Leoni-Fabrikgelände ein neuer, moderner Öko-Stadtteil entstehen: das „Rother Neuland“. Foto: Ulrike Lefherz

Bayern fördert urbanes Wohnen auf dem Land

Der Freistaat Bayern fördert die Errichtung von jungen, modernen Wohnvierteln in zehn Gemeinden. Eines der Modellprojekte befindet sich im mittelfränkischen Roth. Auf einem alten Leoni-Fabrikgelände soll nun ein neuer Stadtteil entstehen, der urbanes Lebensgefühl und eine vorwiegend ländlich geprägte Region verbindet.

Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr fördert mit seinem Programm „Landstadt Bayern“ innovative und zukunftsweisende Wohnviertel auf bisherigen Brachflächen. So sollen die Vorteile des Stadtlebens mit der Lebensqualität auf dem Land in Einklang gebracht werden. Gleichzeitig will der Freistaat auch verhindern, dass immer mehr Grünflächen Einfamilienhaus-Siedlungen weichen. Anfang 2022 wurde dann die Stadt Roth mit dem Vorhaben des „Rother Neulands“ in das Förderprogramm aufgenommen.


Neugestaltung mit Pilotcharakter

Die Bürger*innen der 25 000 einwohnerstarken Kreisstadt sind begeistert. Mitten im Zentrum Roths wird also auf dem früheren Leoni-Fabrikgelände ein neuer Stadtteil entstehen. Das Areal reicht vom Bahnhof bis zum Marktplatz. Dabei ist es mit sieben Hektar in etwa so groß wie die gesamte Altstadt. 400 bis 500 Wohneinheiten haben dort Platz. Damit ist dies das größte Stadtentwicklungsprojekt der nächsten Jahre in Roth. „So eine Chance bekommen Kommunen nicht häufig“, schwärmt Bürgermeister Andreas Buckreus (SPD) hierzu, „ein so großes Gelände nahe der Innenstadt entwickeln zu können, das sich im Besitz der Stadt befindet.“


Vom Leoni-Fabrikgelände zum „Rother Neuland“

Das Leoni-Fabrikgelände liegt dabei optimal. Zum einen befindet es sich direkt am Fluss Rednitz und dem Mühlbach. Zum anderen erreicht man den Marktplatz wie auch den Bahnhof problemlos zu Fuß. Man ist sowohl nah an der Stadt, als auch auf am Land. Und mit der S-Bahn dauert es gerade einmal 30 Minuten nach Nürnberg.

Das Leoni-Fabrikgelände steht für eine Handwerks- und Industrietradition, die in der Stadt über Jahrhunderte zurückreicht. Hier steckt also ein Stück Identität. 2019 bezog das Unternehmen dann eine neue Fabrik am Stadtrand. Ende 2013 soll der Standort vollständig geräumt sein – dann ist Platz für das sogenannte „Rother Neuland“.


Zukunftsgerichtetes Leben zwischen Marktplatz und Fluss

Die Stadt Roth kann bei diesem Pilotprojekt zeigen, wie sich mittelgroße Städte zukünftig entwickeln können. Neben Wohnen soll das Stadtviertel auch Flächen für Gewerbe, Gemeinbedarf, Freizeit sowie Kultur bieten. Heraus kommt ein funktional gemischtes und buntes Lebensumfeld mit neuen Ansätzen in allen wesentlichen Bereichen:

  • Arbeit und Wirtschaft – vernetzt, kooperativ
  • neue Wohnformen – gemischt, generationengerecht, gemeinschaftlich, leistbar
  • Mobilität – PKW-armes Wohnen, fußgänger- und fahrradfreundlich

Das Quartier wird somit als eigenständiger Stadtteil revitalisiert. Dennoch soll es sich auch wie selbstverständlich in die landschaftliche Umgebung der Rednitzaue einfügen. Das Stadtviertel wird innovativ, nachhaltig und zukunftsfähig. Vor dem Hintergrund des Klimawandels haben vor allem die Aspekte des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung besonderes Gewicht – Stichwörter sind u. a. Ressourcenschonung, Stadtklima und Regenwasserbewirtschaftung. Die Staatsregierung möchte „Wohnraumangebote für alle Lebensphasen mit Zugang zur Natur, einer guten digitalen Ausstattung und alternative Nutzungskonzepte“ schaffen.


Der Weg und die Ziele

Nicht nur Verwaltung, Politik und Planer*innen sind an der Gestaltung des neuen Quartiers beteiligt. Es wurde auch eine intensive Bürger*innenbeteiligung initiiert, um ein identitätsstarkes, gut angenommenes Viertel zu schaffen. So beteiligten sich rund 300 Bürger*innen an einer ersten Ideensammlung in der „Bürger*innenwerkstatt“. Und ihre Anforderungen sind vielfältig!

So wünschen sie sich beispielsweise günstige Wohnungen mit hohem energetischen und ökologischen Standard. Bürgermeister Buckreus sieht das „Rother Neuland“ als ein „Wohngebiet der Zukunft“. „Die Energie, die im Viertel verbraucht wird, soll zu 75 bis 80 Prozent aus dem Viertel kommen“, setzt sich Stadtbaumeister Wolfgang Baier als Ziel an. Das KfW-55-Haus wird zum Energiestandard. Auch Dach- und Fassadenbegrünungen sowie Photovoltaik-Anlagen sind gern gesehen.

Die circa 100 000 Quadratmeter versiegelte Fläche des Leoni-Fabrikgeländes sollen außerdem um rund 40 Prozent verringert werden. Durch das Entsiegeln werden viele Grünflächen entstehen – sei es als Quartierspark, Grünachse oder Bürgerpark. Auch stehen Gemüsegärten auf der Wunschliste der Bürger*innen. Eine Querbelüftung zwischen Wohngebiet und Landschaft sorgt für Luftaustausch. Gerade bei Hitzetagen ist dies wichtig. Zentrale Quartiersgaragen reduzieren den Verkehr. Im Inneren des „Rother Neulands“ soll dann das „Modal Split“ Modell gelten: möglichst emissionsfreie, geteilte oder öffentliche Verkehrsträger. Die Bürger*innen möchten, dass das neue Stadtviertel autofrei ist. Flexible Büros sollen u. a. in Form von Co-Working-Spaces das Arbeiten in Wohnortnähe möglich machen. Die Staatsregierung sieht in der Digitalisierung des ländlichen Raumes das große Potential, dass die Menschen freier in der Wahl ihres Wohn- und Arbeitsortes werden.


Hohe Erwartungen und eine große Chance

Der Zeitplan für das „Rother Neuland“ ist dabei sehr straff. Das Programm „Landstadt Bayern“ gibt ein Gerüst und einen Zeitplan vor. Eine Ideenwerkstatt wurde bereits von einem Ingenieurbüro aus Neusäß bei Augsburg durchgeführt. Im Mai 2023 sollen die ersten Entwürfe eines städtebaulichen Wettbewerbs vorgestellt werden. 2024 werden dann die Gebäude auf dem Leoni-Fabrikgelände abgerissen. Doch bis auf dem Areal das Stadtviertel „Rother Neuland“ entsteht, werden noch einige Jahre vergehen. Man kann schließlich nicht alles auf einmal bauen.

Apropos Wettbewerb: Am Kohlrabizirkus in Leipzig wurde der Wettbewerb „Alte Messe West“ entschieden. Lesen Sie hier mehr.

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