05.12.2022

Projekt

Die Piazza del Campo in Siena

Die Piazza del Campo in Siena ist nur zu Fuß über kleine Gassen erreichbar. Bildquelle: Unsplash
Die Piazza del Campo in Siena ist nur zu Fuß über kleine Gassen erreichbar. Bildquelle: Unsplash

Die Piazza del Campo in Siena gilt als der Platz aller Plätze, als das Nonplusultra des europäischen Stadtplatzes und wird in Vorlesungen als städtebauliches Exempel definiert. Alles über den Stadtplatz in der Toskana erfahren Sie hier.


Die Piazza del Campo

Der Platz Piazza del Campo ist das Zentrum der italienischen Stadt Siena. Es handelt sich hier um einen der wichtigsten Plätze der Toskana oder sogar ganz Italiens. Berühmt ist die Piazza del Campo für ihre halbrunde Muschelform und beeindruckende Architektur. Sie stellt das politische Zentrum von Siena dar und beherbergt unter anderem das Rathaus.

Das Gelände der Piazza del Campo ist leicht abschüssig. An der niedrigsten Stelle liegt das Rathaus und bietet somit eine neutrale Lage zwischen den Hügeln der Stadt. Der benachbarte Turm, Torre del Mangia, ist relativ hoch und überragt die Stadt. An der höchsten Stelle der Piazza steht der Fonte Gaia oder „Brunnen der Freude“. Er markiert das Erfolgserlebnis aus dem 1342, als es Siena gelang, zum ersten Mal über eine 25 Kilometer lange Leitung Wasser in die Stadt zu transportieren.

Bemerkenswert ist auch die Pflasterung des Platzes. Sie ist in neun Segmente aufgeteilt, die an die frühere Herrschaft der Neun in Italien erinnern soll. Lange Linien markieren die Segmente.

Heute ist die Piazza nicht nur ein wichtiges politisches Zentrum und ein angenehmer Aufenthaltsort, sondern auch der Ort für das jährliche Pferderennen in Siena. Das sogenannte Palio de Siena findet zweimal im Jahr statt, am 2. Juli und am 16. August. 17 Contraden treten gegeneinander an, und das in einem der schwierigsten Pferderennen der Welt. Schon seit dem Mittelalter handelt es sich dabei um das wichtigste kulturelle Ereignis in der Stadt.

Die Piazza del Campo in Siena ist ein Paradebeispiel für attraktive Plätze in Europa. Bildquelle: Superchilum, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons
Die Piazza del Campo in Siena ist ein Paradebeispiel für attraktive Plätze in Europa. Bildquelle: Superchilum, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Geschichte

Früher war die Piazza del Campo ein sumpfiges Stück Land, in dem das Regenwasser abfloss. Im frühen Mittelalter entwickelte sich hier ein Marktplatz, denn zwei Fernstraßen kreuzten sich hier. So entstand die Piazza del Mercato. Vermutlich 1193 kam es dazu, dass die Stadt, die das Land besaß, den Platz mit einer Mauer in zwei Hälften teilte, um besser Wasser ableiten zu können.

Unter der Herrschaft der 24, die 1270 zu Ende ging, war die Piazza del Campo vor allem für Messen und Märkte wichtig. Sie entwickelte sich zu einem zweiten Stadtmittelpunkt. Der andere Mittelpunkt war der Dom mit seinem Platz. Dort fanden religiöse Feste statt, während Il Campo für Handel und weltliche Feste diente.

Im Jahr 1349 wurde das fischgrätenartige Pflastermuster der Piazza fertig. Es war schon damals in rotem Backstein gehalten und enthielt die acht Linien, die den Platz in neuen Sektionen teilen. Sie gehen alle vom zentralen Wasserabfluss vor dem Rathaus, dem Palazzo Pubblico, ab. Die Zahl 9 kommt von der Herrschaft der Neun (Noveschi), die von 1292 bis 1355 dauerte. In dieser Zeit erlebte Siena den Höhepunkt seiner mittelalterlichen Pracht. Aber bis heute ist der Platz das Zentrum des öffentlichen Lebens von Siena.


Der Vorläufer moderner Kommunalpolitik

Um ihre öffentlichen Infrastrukturarbeiten zu finanzieren, erfanden die Noveschi den Vorläufer der modernen Einkommenssteuer. Diese bestand in Einschätzungen des Eigentums und entsprechenden Steuern. Seit 1320 finanzierten sie so die Entwicklung der Stadt. Florenz folgte diesem Beispiel schnell. Auch eine Geldpolitik zu Krediten, aus der sich öffentliche Schulden entwickelten, war eine Innovation. Diese führte letztendlich zur Gründung der staatseigenen Bank Monte dei Paschi die Siena, die es bis heute gibt.

Heute haben die palazzi signorili oder Herrenhäuser rund um den Platz vereinheitlichte Höhen und Fassaden. Früher war dies nicht der Fall, aber in den letzten Jahrzehnten kam es vermehrt zu Versuchen, die Piazza noch schöner und harmonischer zu gestalten.

Der Turm des Rathauses wurde als höchster Punkt der Stadt angelegt. Bildquelle: Unsplash
Der Turm des Rathauses wurde als höchster Punkt der Stadt angelegt. Bildquelle: Unsplash

Die Bedeutung der Piazza del Campo

Die Piazza del Campo ist als einer von Europas schönsten mittelalterlichen Plätze bekannt. Sowohl seine Ästhetik als auch seine architektonische Integrität zeichnen ihn aus. Oft einfach als „Il Campo“ bezeichnet zieht der Platz sowohl Einheimische als auch Tourist*innen geradezu magisch an. Dies liegt unter anderem an der Ausgewogenheit und der Krümmung des muschelförmigen Platzes. Diese gleicht die Unebenheiten im Boden harmonisch aus.

Auch die umliegenden Gebäude, herrschaftliche Paläste sowie das Rathaus, sind harmonisch aufeinander abgestimmt. Der Platz ist nur für Fußgänger*innen zu erreichen. Schmale Gassen zwischen den Bauten führen auf die Piazza del Campo. Insgesamt steigt sie etwa zehn Meter an. Der oft sonngengewärmte Boden lädt dazu ein, sich hinzusetzen und die Atmosphäre zu genießen.

Der Platz ist ein kommunales Zentrum. Anders als sonst in Italien üblich hat er keine Kirche, sondern dreht sich ganz um die Politik. Die Pflasterung ist seit 1349 vorhanden. Schon früher fanden historisch und kulturell bedeutsame Ereignisse statt: Bereits 1260 feierte die Bevölkerung der Stadt hier den Sieg gegen Florenz.

Die Bedeutung der Piazza del Campo besteht darin, dass sie komplett den Menschen der Stadt gewidmet ist. Hier treffen Politik sowie Gesellschaft aufeinander, hier wird gefeiert, und hier lässt sich das Treiben bewundern. Hinzu kommt die Harmonie, die durch die immer wieder auftauchende Dreiteilung der Architektur unterstrichen wird.

Übrigens: 2021 erschien eine Studie über europäische Stadtplätze aus dem 21. Jahrhundert.  

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