01.07.2016

Projekt

Naturnaher Fahrradweg – interdisziplinär und dynamisch

Jeder macht seins. Architekten kümmern sich nur um den Hochbau und Landschaftsarchitekten nur um das Grüne. Nipek, MVRDV, Architects 61 und ein britisches Landschaftsarchitekturbüro zeigen, was möglich ist, wenn interdisziplinär zusammengearbeitet wird. Das Ergebnis: ein grüner Fahrradweg in Singapur der intelligent auf Nutzer reagiert.

MVRDV, Architects 61 und Nipek haben einen Entwurf für Fahrradwege in Singapur erarbeitet.
Das Licht folgt dem Radfahrer durch Bewegungssensoren.
Visualisierungen: Nipek

Singapur steht wie kaum eine andere Stadt für Hochtechnisierung und Effizienz. Doch wie in jeder anderen Metropole ist das Verkehrsnetz auch hier sehr komplex und grenzwertig ausgelastet. Die Lösung sieht der Stadtstaat in einem Verkehrsmittel, dass auch in Europa vielerorts eine angesagte Alternative ist– dem Fahrrad.

Dazu lobte die Urban Redevelopment Authority Singapurs unlängst einen internationalen Wettbewerb aus: Gefordert war ein Masterplankonzept für einen 24 Kilometer langen Fahrradschnellweg. Dieser „Rail Corridor“ zieht sich als durchgehender Grünraum von Nord nach Süd durch die gesamte Stadt und verbindet Wohngebiete mit Arbeitsplätzen, Schulen und öffentlichen Räumen.

Wie der Spagat zwischen Grün und Stadt zu schaffen ist, zeigte das in Singapur ansässige Lichtplanungsbüro Nipek. Sie entwarfen für den Wettbewerbsbeitrag von MVRDV und Architects 61 ein dynamisches Beleuchtungskonzept, dass sowohl die Bedürfnisse der Natur als auch der Radfahrer respektiert.

Für die Umwelt stellt künstliche Beleuchtung generell eine der schwierigsten Einflüsse überhaupt dar. Sie wirkt sich negativ auf den Tag- und Nachtrhythmus von Pflanzen und Tieren aus. Ein Störfaktor den wir Menschen auch schon zu spüren bekommen haben. Nicht umsonst ist das Thema Lichtverschmutzung so aktuell wie nie. Dennoch benötigen wir Licht in unseren Städten zur Orientierung und zur Sicherheit. Auch ein naturnaher Fahrradweg kann darauf nicht verzichten.

Um diesen widersprüchlichen Bedingungen gerecht zu werden, sieht das Konzept von Nipek smarte Lichtkontrolltechnologie vor. Die öffentliche Beleuchtung des Rail Corridors würde sich nur anschalten, wenn sie tatsächlich von Fahrradfahrern benötigt wird. Das künstliche Licht folgt quasi dem Nutzer, während der restliche Fahrradweg nahezu unbeleuchtet bleibt. Nur phosphoreszierende Spuren auf dem Boden und solargespeiste blaue LEDs auf den Lichtmasten geben dann einen Eindruck davon, wo der Weg entlang läuft.

Möglich würde dieses dynamische Konzept mit speziell ausgestatteten Lichtmasten. Sie verfügen neben ihrem Leuchtmittel über entsprechende Sensortechnik und drahtloser Kommunikation untereinander – und schalten sich ein, sobald sich ein Fahrradfahrer im Aktivierungsradius einer Leuchte befindet. Einfach, aber wirkungsvoll.

Auch wenn das Konzept leider keine Umsetzung erfährt, beweisen alle beteiligten Planer, dass ein guter naturnaher öffentlicher Raum nicht bei der Pflaster- und Grünpflanzenauswahl aufhört. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht eine tiefgründige Konzeptgestaltung mit innovativen Lösungen, die jeweils einzeln so sicher nicht möglich gewesen wären.

Mehr zum Thema Bewegung im menschlichen Maßstab lesen Sie in Garten+Landschaft 07/2016 – Die Rückkehr des Menschen.

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