13.11.2021

Wettbewerbe

Julie Bargmann gewinnt Cornelia-Hahn-Oberlander-Preis

Preisträgerin des Oberlander-Preises 2021
Preisträgerin des Oberlander-Preises 2021. Foto: ©Barrett Doherty courtesy The Cultural Landscape Foundation

Die Landschaftsarchitektin Julie Bargmann ist die Gewinnerin des „Oberlander-Preises” 2021. Der „Cornelia Hahn Oberlander International Landscape Architecture Prize”, wie er im Original heißt, ist einer der renommiertesten Auszeichnungen in der Landschaftsarchitektur. Überdies ist der Preis, eine Initiative der TCLF (The Cultural Landscape Foundation) mit 100 000 Dollar dotiert. Was Julie Bargmann auszeichnet ist nicht nur ihr Fokus auf der Gestaltung postindustrieller Landschaften, sondern auch ihr aktivistischer und sozialer Designansatz.

Preisträgerin des Oberlander-Preises 2021
Julie Bargmann, Preisträgerin des Oberlander-Preises 2021. Foto: ©Barrett Doherty courtesy The Cultural Landscape Foundation

Julie Bargmann erhält den Oberlander Preis

Sie sei eine Provokateurin, ein kritischer Geist, eine Intellektuelle. Zudem verkörpere sie die Art von Aktivismus, der von Landschaftsarchitekten in einer Zeit schwerwiegender ökologischer Herausforderungen und anhaltender sozialer Ungerechtigkeiten verlangt werde. So schreibt die Jury des Oberlander-Preises sinngemäß über Julie Bargmann. Darüber hinaus ist Bargmann Professorin für Landschaftsarchitektur an der Universität von Virginia in Charlottesville, Gründerin des Studios D.I.R.T. („Dump It Right There”) und nun auch Gewinnerin des „Oberlander Prize” – des “Cornelia Hahn Oberlander International Landscape Architecture Prize”, einer der renommiertesten Auszeichnungen in der Landschaftsarchitektur.

Am 14. Oktober 2021 gab die TCLF (The Cultural Landscape Foundation), die den Oberlander-Preis auslobt, die Nachricht bekannt. Laut der Stiftung wird der Preis, der mit 100.000 Dollar dotiert und nach der verstorbenen „Grande Dame” der Landschaftsarchitektur Cornelia Hahn Oberlander benannt ist, an einen „talentierten, kreativen, mutigen und visionären Kopf” verliehen, der „ein bedeutendes Werk geschaffen hat, das die Kunst der Landschaftsarchitektur sichtbar macht”. Überdies sagt Charles A. Birnbaum, Präsident und CEO der TCLF: „Das Idee des Oberlander-Preises war es von Anfang an, die Sichtbarkeit, das Verständnis, die Wertschätzung und die Diskussion von und über Landschaftsarchitektur zu verbessern.”

Julie Bargmann hat einen Bachelor of Fine Arts in Bildhauerei. Und zwar von der Carnegie Mellon University. Zudem hat sie einen Master in Landschaftsarchitektur von der Graduate School of Design in Harvard. Überdies war sie in den Jahren 1989-90 Stipendiatin für Landschaftsarchitektur an der American Academy in Rom. Die multidisziplinäre Zusammenarbeit mit Architekten, Historikern, Ingenieuren, Hydrogeologen, Künstlern und vor allem auch immer mit der örtlichen Bevölkerung, kennzeichnet Bargmanns Ansatz. Schließlich beschäftigt sich die Landschaftsarchitektin seit mehr als dreißig Jahren vor allem mit kontaminierten, vernachlässigten und in Vergessenheit geratenen postindustriellen Landschaften.

„Mein Lebenswerk besteht darin, aus postindustriellen Landschaften, aus Brachland Rohstoffe für die Gestaltung freizulegen. Sowohl mein theoretischer Ansatz als auch meine Methodik als Designerin befassen sich mit den sozialen und ökologischen Erfordernissen der Rückgewinnung von degradiertem Land. Die Integration regenerativer Technologien in Designvorschläge und gestaltete Landschaften ist mein Beitrag zur Disziplin der Landschaftsarchitektur”, sagt Julie Bargmann.

Der Preis ist benannt nach Cornelia Hahn Oberlander – der verstorbenen Grande Dame der Landschaftsarchitektur. Foto: Susan Cohen, courtesy The Cultural Landscape Foundation

Julie Bargmann und postindustrielle Landschaften

Julie Bargmann erprobte ihre Design- und Lehransätze zunächst durch ihre Arbeit in postindustriell geprägten Orten. Während ihres Studiums an der University of Minnesota untersuchte sie monatelang Bergwerke in Minnesota, South Dakota, Wyoming, Utah, Arizona, Virginia, Kentucky, Indiana und Illinois und stellte fest: „Als ich in den Bergbau- und Produktionsstandorten unterwegs war, bin ich oftmals buchstäblich durch sie hindurchgekrochen. Viele der Orte sind mittlerweile stillgelegt. Ich wollte sehen, wie sie behandelt werden, und in den meisten Fällen war ich mit dem, was ich sah, nicht einverstanden. Restriktive Maßnahmen zur Rekultivierung, uninspirierte Sanierungspraktiken und eine oberflächliche Betrachtung ehemaliger Produktionsstätten – all das stieß bei mir auf Kritik, inspirierte mich aber auch. All das weckte in mir den Wunsch, Gestaltungsalternativen anzubieten… .”

Vintondale Reclamation Park: Überblick über den Aushub des Klärteichs. Foto: D.I.R.T. studio / Julie Bargmann
Lageplan Vintondale Reclamation Park. Grafik: D.I.R.T. studio / Julie Bargmann
Vintondale Reclamation Park: Giftige orangefarbene Flüsse zeugten von dem Umweltproblem der Verwüstung durch die saure Minendrainage (AMD). Foto: D.I.R.T. studio / Julie Bargmann
Der Sanierungsprozess im Vintondale Reclamation Park. Der Bau wurde 2004 abgeschlossen. Foto: D.I.R.T. studio / Julie Bargmann

Die renommierte Jury: Tatiana Bilbao, Michel Desvigne und Walter Hood

Eines ihrer wichtigsten Projekte ist der Vintondale Reclamation Park in Pennsylvania (1995-2002). Hier entwarf sie zusammen mit einem interdisziplinären Team auf einem 35 Hektar großen Gelände im Kohlerevier ein ökologisches Filtersystem, um die intensiven Verschmutzung durch den Betrieb der Minen zu bekämpfen. Schließlich bestand Bargmanns Team aus Künstlern, Designern, Wissenschaftlern, Historikern, Gemeindevertretern sowie staatlichen Behörden und hatte von Anfang an das Ziel, am Bespiel des Parks ein Sanierungsmodell für Regionen nach dem Kohle-Abbau zu entwickeln. Überdies brachte das Modell der Bioremediation unter dem Titel „Acid Mine Drainage and Art: Testing the Waters” Julie Bargmann 2001 den National Design Award des Smithsonian’s Cooper-Hewitt Museum ein. Zudem war es das einzige Werk aus dem Bereich der Landschaftsarchitektur, das 2002 auf der Documenta in Kassel gezeigt wurde.

Des weiteren gehören der siebenköpfigen Jury des Oberlander-Preises führende Landschaftsarchitekten, Stadtplaner, Architekten und Akademiker an, darunter Dorothée Imbert, die den Hubert Schmidt Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur an der Ohio State University innehat, die mexikanische Architektin Tatiana Bilbao, die renommierten Landschaftsarchitekten Michel Desvigne, Gina Ford, Teresa Gali-Izard und Walter Hood, der Urbanist und Landschaftsplaner Aki Omi sowie der Kurator des Oberlander Prize, John Beardsley. Schließlich schätzt Dorothée Imbert, die Vorsitzende der Preisjury, an Julie Bargmann besonders: „…ihren Ideenreichtum, ihren Einfluss auf die Gestaltung öffentlicher Räume, ihren aktivistischen Ansatz und ihr Engagement für die Förderung der Landschaftsarchitektur sowohl durch ihre Lehre als auch durch ihr Design”.

Die „Grande Dame der Landschaftsarchitektur“ und Namensgeberin der renommierten Auszeichnung „Oberlander-Prize”, Cornelia Hahn Oberlander,  verstarb Ende Mai 2021 im Alter von 99 Jahren. Den Nachruf von Daniel Roehr lesen Sie hier.

Scroll to Top