29.08.2022

Wettbewerb

NATÜRLICH HAMBURG: Naturschutzgroßprojekt in Planten un Blomen

Flowery Mead in Planten un Blomen. Bildquelle: NATÜRLICH HAMBURG!
Flowery Mead in Planten un Blomen. Bildquelle: NATÜRLICH HAMBURG!

In Planten un Blomen, dem wohl bekanntesten Park in Hamburg, soll in den nächsten zehn Jahren das Naturschutzgroßprojekt NATÜRLICH HAMBURG! stattfinden. Internationale Landschaftsarchitekt*innen werden ihre Visionen ästhetischer und ökologischer Gestaltung präsentieren. Wir stellen Ihnen hier das Projekt „Flowery Mead“ von Anouk Vogel vor. Die Gartengestalterin legte eine ornamentale Pflanzung mit kleinwüchsigen Wildkräutern an, die sich nach und nach über die ganze Rasenfläche ausbreiten werden. Mehr dazu hier.

Die Biennale NATÜRLICH HAMBURG!

Das Naturschutzgroßprojekt NATÜRLICH HAMBURG! ist ein Ideenwettbewerb in Form einer kuratierten Biennale. Dabei werden Projekte zur ökologischen Gartengestaltung in Planten un Blomen gesucht. Internationale Landschaftsarchitekt*innen präsentieren ihre Vision naturnah gestalteter Themengärten. Die Wiener Landschaftsarchitektin Maria Auböck kuratiert die Biennale. Der Bund unterstützt das Projekt bis 2031 mit 22 Millionen Euro. Weitere Infos zum Projekt gibt es auf der Homepage der Stadt Hamburg.

Im Juli 2022 würdigte die Biennale in Planten un Blomen die „Flowery Mead“, das Projekt der ersten Preisträgerin von NATÜRLICH HAMBURG!. Gewinnerin Anouk Vogel ist Landschaftskünstlerin. Ihre runde, ornamentale Pflanzung besteht aus einer Vielzahl blühender Wildkräuter. Schon seit 2021 ist die Flowery Mead zu besichtigen. Sie hat sich seit ihrer Pflanzung zu einem Insektenmagneten entwickelt.

Seit 2019 laufen die Planungen für NATÜRLICH HAMBURG! und seit 2021 ist das Projekt aktiv. Insgesamt fünf Schaugärten sollen in den nächsten zehn Jahren zeigen, wie Gartenräume naturnah und kreativ gestaltet werden können. Dafür lädt der Hamburger Umweltsenat alle zwei Jahre jeweils drei Landschaftsarchitekt*innen und Gartenkünstler*innen ein. Die Ideenskizzen dienen der Neugestaltung einer vorgegebenen Parkfläche. Die Jury, bestehend aus Behördenvertreter*innen und externen Fachleuten, ermittelt den Gewinnerbeitrag im jeweiligen Folgejahr des Wettbewerbs. Wichtig ist, dass die verschiedenen Gestaltungsbeispiele heimische Wildpflanzen nutzen, um das Parkbild zu bereichern und Besucher*innen Inspiration für den eigenen Garten zu geben.

Anouk Vogel erklärt das Projekt „Flowery Mead“. Bildquelle Maria Auböck
Anouk Vogel erklärt das Projekt „Flowery Mead“. Bildquelle: Maria Auböck

NATÜRLICH-HAMBURG, Pilotprojekt Flowery Mead

Die Flowery-Mead-Wiese befindet sich am Sievekingplatz innerhalb von Planten un Blomen. Es handelt sich um eine ornamentale Pflanzung mit zahlreichen kleinwüchsigen, blühenden Wildkräutern. Beispielsweise gehören Gänseblümchen, Veilchen, Wilder Thymian, Hornklee, Rotklee, Ehrenpreis, Kriechender Gürtel und die Kleine Braunelle dazu. Diese werden im Volksmund oft als Unkraut bezeichnet – völlig zu Unrecht, wie Anouk Vogel zeigt.

Denn der Schaugarten ist innerhalb kurzer Zeit zu einem Paradies für Insekten geworden. Er ist von einem artenarmen Scherrasen umgeben, sodass der Unterschied seh- und hörbar ist. Besucher*innen der Flowery Mead sollen Inspirationen für den eigenen Garten mitnehmen. Insbesondere möchte Anouk Vogel zeigen, wie es möglich ist, mit minimalem Einsatz die Artenvielfalt zu fördern.

Auf den ersten Blick mutet die Pflanzung formal an. Mit der Zeit soll sich Flowery Mead jedoch laut NATÜRLICH HAMBURG! in einen naturnahen Blührasen mit Wildkräutern ausbreiten. So werden auch die umliegenden Rasenflächen profitieren. Die Künstlerin Anouk Vogel hat das Bild mittelalterlicher Tapisserien oder Wandteppiche genutzt, um den vielfältigen Garten anzulegen. Die ausgebildete schweizerisch-niederländische Gartenkünstlerin und botanische Zeichnerin hat zudem Aquarelle der verwendeten Wildkräuter erstellt.

Bild der Flowery Mead. Bildquelle: NATÜRLICH HAMBURG!
Bild der Flowery Mead. Bildquelle: NATÜRLICH HAMBURG!

Kunst wird zu Natur

Jonas Reif von der Fachhochschule Erfurt sagte zum Projekt NATÜRLICH HAMBURG!, dass hier Kunst zu Natur werden darf. Dabei vergleicht er den Rasen mit antiken Bauwerken und Skulpturen, deren heutige Sichtweise sehr einfarbig ist. Genau wie ein „guter Rasen“ meist aus uniformen, grünen Gräsern bestehen soll, kennzeichnet sich die Antike heute durch das weiße Baumaterial Stein. Jedoch war beides in der Vergagenheit ganz anders. Schon seit dem 19. Jahrhundert weiß man, dass die Griechen polychrome Bauten und Bildnisse erstellten, deren Farben mit der Zeit verschwunden sind.

Laut Reif sind perfektionierte grüne Grasflächen künstliche Produktionen, die aus einer Kombination aus Technik und optimierter Nährstoffzufuhr bestehen. „In freier Wildbahn wäre solch ein Rasen genau überlebensfähig wie ein Albino-Kaninchen aus Flaschenaufzucht“, so der Experte. Er verweist auf mittelalterilche Gemälde, die blütenübersäte, bunte Wiesen und Gärten zeigen. Werke von Künstler*innen wie Albrecht Dürer bezeugen ebenfalls, dass Grünflächen früher deutlicher bunter waren.

Zwar war der Flächeneindruck so weniger einheitlich, aber die wichtigste Eigenschaft eines Rasens war erfüllt: Er war begehbar. Genau darauf konzentriert sich auch Anouk Vogel mit ihrer Aufwertung einer artenarmen, von Gräsern dominierten Fläche. Sie möchte der Fläche zu ihrer früheren Schönheit und Vielfalt zurück verhelfen.

Zurück zum Ursprünglichen?

Zugleich ist es nicht immer so leicht, zurück zum Ursprünglichen zu gehen. Ein artenreicher Blumenteppich ist manchmal sehr schwer zu erzielen. Die in Planten un Blomen bestehenden Rasengräser wurden über Jahrhunderte ausgelesen. Somit sind sie konkurrenzstärker und standorttoleranter als die Wildformen von früher.

In ihrem Kunstwerk erinnert Anouk Vogel an ornamentale Formen und Pflanzenteppiche aus Mittelalter und Frührenaissance. So entstehen natürliche Wiesengesellschaften in Patchwork-Mustern auf Basis einer kleinflächigen Standort-Heterogenität. Dabei sind die Muster nicht beständig und manche Arten werden verloren gehen. Dennoch wünscht sich die Künstlerin, etwas Verlorenes neu zu finden.

Der Planten un Blomen Park. Bildquelle: Holger.Ellgaard, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons
Der Planten un Blomen Park. Bildquelle: Holger.Ellgaard, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Über Planten un Blomen

Planten un Blomen ist die wohl bekannteste und beliebteste Parkanlage von Hamburg. Nur wenige Meter vom Bahnhof Dammtor gelegen findet sich diese 47 Hektar große Grünfläche. Der Name ist niederdeutsch und bedeutet so viel wie „Pflanzen und Blumen“. Früher war Planten un Blomen Teil eines Grüngürtels, der die ganze Innenstadt umschloss. Der 6. November 1821 gilt als Gründungsdatum des Parks.

Der Park ist wegen seiner zentralen Lage und den vielfältigen Erholungsmöglichkeiten ein beliebtes Ausflugsziel in Hamburg. Im Sommer gibt es hier kostenlose Kindertheatervorstellungen, Wasserlichtkonzerte und Musikdarbietungen. Mit der Biennale NATÜRLICH HAMBURG! hat der Park nun eine weitere Attraktion.

Übrigens finden Sie hier ein ausführliches Porträt des Parks: Planten un Blomen

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