16.06.2023

Gesellschaft

Die Argentinierstraße wird Fahrradstraße

Im Hintergrund die Karlskirche. Darauf fluchtet eine rot asphaltierte Fahrradstraße zu. Sie wird von Bäumen begleitet.
Die Argentinierstraße wird zur Fahrradstraße umgewidmet. credit: ZoomVP/Mobilitätsagentur Wien

In Wien entsteht bis Herbst 2024 eine neue Fahrradstraße. Die Argentinierstraße zwischen Innenstadt und Hauptbahnhof wird verkehrsberuhigt.


Radler*innenrekord in der Argentinierstraße 

Zwischen der Karlskirche und dem Wiedner Gürtel beim Wiener Hauptbahnhof erstreckt sich auf 1,3 Kilometern die Argentinierstraße. Sie gilt als eine der meistgenutzten Radverbindungen in Österreichs Hauptstadt. Im vergangenen Jahr wurden dort mehr als eine Million Radfahrende gezählt. Das ist eine Steigerung um über die Hälfte im Zeitraum der letzten neun Jahre. Trotz dieser Entwicklung ist die Argentinierstraße bisher nicht unbedingt radfreundlich gestaltet. An einigen Stellen ist der Fahrradstreifen nur rund 1,60 Meter breit. Für die Massen an Radfahrenden, die tagtäglich das Gebiet queren, sind diese Dimensionen kaum ausreichend. Das hat nun auch die Stadt Wien erkannt und ein neues Konzept vorgestellt. 


Umgestaltung zugunsten des Radverkehrs

Bis 2024 wird der Radweg auf fünf Meter ausgeweitet. Der komplette Straßenquerschnitt soll dann zusätzlich in roter Farbe erstrahlen. Und den Radfahrenden die Vormachtstellung in der Argentinierstraße sichern. Sie dürfen zukünftig auf der vollen Breite der Straße nebeneinander radeln. Autos hingegen sollen die Straße nicht mehr als Durchgangsstraße nutzen dürfen. Nur zufahren oder queren ist erlaubt – Schwellen im Bodenbereich sorgen dafür, dass die Autos dabei in gemäßigter Geschwindigkeit und mit Vorsicht in die Argentinierstraße einrollen. Vorrang haben somit stets die Radler*innen. Neben der Neugestaltung der Fahrbahn sind auch weitere Maßnahmen geplant. So legen breitere Gehsteige und Querungen aus Gehsteigpflaster ein Augenmerk auf den Fußverkehr. Durch diese subtile Markierung wird die Sicherheit der Fußgänger*innen erhöht. Schließlich begleiten auch Begrünungskonzepte den Umbau. Bis zu 60 neu gepflanzte Bäume werden den Raum zukünftig beschatten. Trinkbrunnen, Wasserspiele und Sitzgelegenheiten ergänzen das Freiraumangebot.

Dafür müssen 140 PKW-Stellplätze aus dem Straßenraum verschwinden. Als Ausgleich sieht die Stadt eine Umwidmung von anderen Parkplätzen im Viertel vor. Dadurch könnten bis zu 100 neue Anwohner*innen-Parkplätze gesichert werden. Im Umgriff sind außerdem angepasste Regelungen für Einbahnstraßen angedacht. So wird der PKW-Verkehr bereits außerhalb der Argentinierstraße in Teilen umgeleitet.

Visualisierung einer Querung für den Fußverkehr an der Kreuzherrengasse. Rot gefärbter Asphalt für die Radstraße. Darüber ein Zebrastreifen über den Menschen gehen.
Querung für den Fußverkehr an der Kreuzherrengasse. credit: ZoomVP/Mobilitätsagentur Wien

Breite Mehrheit für Umgestaltung der Argentinierstraße

Die Stadt, hinzugezogene Expert*innen, aber auch die Bewohner*innenschaft sprachen sich in der Vergangenheit gleichermaßen für die Umgestaltung aus. Erst im letzten Jahr bestätigte eine Bürger*innenbefragung mit großer Mehrheit eine Umwidmung der Argentinierstraße zur Fahrradstraße. Auch der niederländische Stadtplaner Sjors van Duren, der die Stadt Wien bei dem Projekt begleitet, sieht keine nennenswerte Gründe, die gegen die Umwidmung sprechen. Wo es mehr Radler*innen als Autofahrer*innen gebe, funktioniere eine Fahrradstraße gut. Und die Verkehrsstadträtin Ulli Sima von der SPÖ spricht gar von einem Leuchtturmprojekt. Nirgendwo sonst in Österreich fände sich eine Fahrradstraße in derart hoher Qualität, wie sie in der Argentinierstraße angestrebt werde. 

Breitere Gehsteige und Begrünung sind neben einer rot gefärbten Radstraße angelegt.
Breitere Gehsteige und Begrünung sind Teil der Umgestaltung. credit: ZoomVP/Mobilitätsagentur Wien

Vorreiterprojekt in Österreichs Hauptstadt 

Das Projekt kann als Vorreiter für weitere dieser Art in Österreichs Hauptstadt und im Land gelten. Sie wird so beispielsweise zum Teilabschnitt des geplanten „Radhighway Süd“. Dieser verbindet den Kärntner Ring in der Innenstadt über den Bezirk Favoriten bis nach Niederösterreich. Ab kommendem Sommer startet außerdem der Umbau der Praterstraße. Dort entsteht ein vier Meter breiter Zwei-Richtungs-Radweg, der eine ehemalige Autofahrspur ersetzt. Und auch stadtauswärts im Teilbereich der Wagramer Straße zwischen Donauzentrum und Kagraner Platz steht noch für Ende des Jahres der Neubau eines Radweges an. 

Es sind viele kleine Projekte, die den Radverkehr in Wien attraktiver machen. Allein für 2023 will die Stadt dabei noch 25 Millionen Euro investieren. Und so die Infrastruktur für möglichst alle Verkehrsteilnehmer*innen verbessern. Nicht nur jene im PKW, sondern eben auch all jene, welche sich zu Fuß oder mit dem Rad fortbewegen. 

Wie ist der Status quo in Wien? Ein Stadtportrait von Österreichs Hauptstadt finden Sie hier: Wien Stadtplanung.

Und apropos autofrei: Die Friedrichstraße in Berlin soll eine Straße für den Fuß- und Radverkehr werden. Aber es gibt Konflikte. Welche? Das lesen Sie hier.

Aufgewertete Platzsituation an der Belvederegasse. Baumhain im Hintergrund.
Aufgewertete Platzsituation an der Belvederegasse. credit: ZoomVP/Mobilitätsagentur Wien
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