16.01.2022

Wettbewerbe

Hauptbahnhof Hamburg am Limit

Im Januar 2021 rief die Hansestadt zu einem städtebaulichen Wettbewerb für den Hauptbahnhof in Hamburg auf. Nun wurde der Siegerentwurf verkündet – und ein namhaftes Landschaftsarchitekturbüro ist dabei. Alles dazu hier.

Die Bahnsteige sind überfüllt. Das Wegenetz gibt kaum Orientierung. Auch an Aufzügen fehlt es. Dafür mangelt es nicht an Personenverkehr. So kann der Hamburger Hauptbahnhof beschrieben werden. Als wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Norden Deutschlands spielt der Bahnhof eine wichtige Rolle in der lokalen wie überregionalen Infrastruktur. Dieser kann der Bestandsbau derzeit kaum nachkommen. Um dem Defizit zu begegnen, riefen die Stadt und die Bahn bereits Anfang des Jahres 2021 einen Wettbewerb zur Umgestaltung aus. Im Januar 2021 bewarben sich in einem europaweiten Verfahren Büros zur Teilnahme. Im August wurden zehn Entwürfe für die weitere Bearbeitung ausgewählt. Zuletzt waren noch sechs Bewerber*innen im Rennen. In der Schlussrunde setzten sich bof Architekten aus Hamburg zusammen mit dem Landschaftsarchitekturbüro hutterreimann aus Berlin durch. Nicht nur die Jury sprach sich für das prämierte Projekt aus. Auch die Hamburger*innen hatten als lokale Expert*innen in einer öffentlichen Ausstellung die Wettbewerbsarbeiten begutachten und ihr Feedback einbringen können.

Passage Modul C (Abbildung: bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur)
Kommunaltrasse (Abbildung: bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur)
Hachmannplatz (Abbildung: bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur)

bof Architekten und hutterreimann überzeugen

 

Der gekürte Entwurf setzt einen Masterplan für den Hauptbahnhof Hamburg und sein Umfeld fest. Die Aufgabe war keine leichte. Einerseits musste die verkehrliche Leistungsfähigkeit des Bahnhofs garantiert werden. Andererseits galt es aber auch insgesamt eine stimmige städtebauliche und architektonische Antwort für das Areal zu finden. Der Kontext erforderte eine kluge Vernetzung mit der Nachbarschaft und eine hohe Qualität in der Gestaltung der Freiräume. Schließlich verlangte der Denkmalschutz nach einem behutsamen Umgang mit dem Bestandsgebäude. Dorothee Stapelfeld von der SPD beschreibt die freitragende Dachkonstruktion der Bahnsteighalle als beeindruckendes Bauwerk, das auch 115 Jahre nach Inbetriebnahme noch imponiere. Bof Architekten und hutterreimann schlugen eine Erweiterung der Tonnendachkonstruktion an der Ostseite vor. Weiterhin umfasst ihr Entwurf eine Aufwertung der umliegenden Plätze und eine Einbindung in die umliegenden Stadträume. Vorallem ihre Konzeption einer gläsernen Halle auf der Südseite des Bestandsgebäudes überzeugte. Sie dient nicht dem Zugverkehr, sondern wird von Bussen durchfahren.

Von langer Hand geplant

Eine Machbarkeitsstudie der Deutschen Bahn aus dem Jahr 2018 schlug bereits diverse Szenarien für einen Umbau des Hauptbahnhofs Hamburg vor. Auf 25 Seiten legte der Bericht nahe, den PKW-Verkehr im Süden zugunsten einer Aufwertung des Eingangsbereichs zurückzudrängen. Auch der spektakuläre Ansatz einer 37 Meter hohen Glaskuppel wird in der Studie andiskutiert. Eine Dachkonstruktion, die sich bis über die Straße Steintordammbrücke spannt, könnte weiterhin mit neuen Geschäften und Büroflächen angereichert werden. Die Überlegungen zielten auch darauf ab, den Hachmannplatz neu zu bespielen. Dort hielt die Stadt die Zustände vor drei Jahren für so alarmierend, dass der Bezirk einen Runden Tisch einberief. Seitdem hat die Stadtreinigung einen 24-Stunden-Dienst vor Ort eingerichtet, um für Sauberkeit zu sorgen. Mit dem Wettbewerb erhofft man sich eine langfristige Umgestaltung als Lösung. Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher von der SPD sprach 2018 von einer Jahrhundertaufgabe. Und ergänzte, dass realistischerweise nicht mit einer Fertigstellung vor 2030 zu rechnen sei.

Hamburger Hauptbahnhof: Modellfoto Nord-Süd (Abbildung: bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur)
Hamburger Hauptbahnhof: Modellfoto Nord-Ost (Abbildung: Freie und Hansestadt Hamburg – Senatskanzlei)

Ein Hauptbahnhof für die Stadt Hamburg

 

Durch das Wettbewerbsergebnis ist man einer Realisierung nun einen Schritt nähergekommen. Dr. Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende ist mit dem prämierten Projekt sehr zufrieden. Der Entwurf verbinde in herausragender Art und Weise die unterschiedlichsten Ansprüche. Da sei zum einen die Steigerung auf 750 000 Menschen, die den Hauptbahnhof täglich nutzen, in den nächsten 20 Jahren. Dieser Entwicklung trage das Gewinnerprojekt Rechnung. Es denke den Hauptbahnhof räumlich, architektonisch und städtebaulich groß. Weiterhin präge der Bahnhof das Stadtbild Hamburgs schon seit über 100 Jahren in einzigartiger Weise. Die Erweiterung nach Süden gebe ihm ein markantes, aber wiedererkennbares Gesicht. So könne das Gebäude auch zukünftig für die Stadtsilhouette prägend bleiben. Die Relevanz des Bahnhofs für die Stadt Hamburg stellt Bürgermeister Tschentscher ebenfalls heraus. Der Umbau sei ein wichtiges Vorhaben für die Entwicklung der ganzen Stadt. Er dankte in diesem Sinne auch allen beteiligten Bürger*innen, die sich im Planungsprozess eingebracht hatten.

Ein Bahnhof für die Zukunft

Einen weiteren Aspekt führt die Produktion-Vorständin von Station&Service der Deutschen Bahn, Jeanette Winter, an. Sie hebt die Rolle des Schienenverkehrs in der Debatte um die Klimawende hervor. Der Hamburger Hauptbahnhof sei schon jetzt der Bahnhof mit den meisten Reisenden deutschlandweit. Zukünftig wolle die Deutsche Bahn noch mehr Menschen für das klimafreundliche Reisen gewinnen. Der Umbau des Hauptbahnhofs in der Hansestadt hin zu einem zukunftsweisenden und modernen Bahnhof sei dabei ein wichtiges Symbol. Der prämierte Entwurf verspricht eine hohe Aufenthaltsqualität in lichtdurchfluteten Räumen. Oberbaudirektor Franz-Josef Höing bringt es in seinem Statement auf den Punkt: „Großzügig, höchst funktional, architektonisch überraschend und dennoch vertraut und selbstverständlich.“ Bof Architekten und hutterreimann ist es gelungen, eine architektonische Geste zu inszenieren, dabei offene Freiräume zu erhalten und wichtige Blickbeziehungen zu stärken. Als nächste Schritte auf dem Weg zum Hamburger Hauptbahnhof der Zukunft sind nun die weiteren Vorbereitungen der Planungsleistungen, sowie eine Ausstellung der Wettbewerbsergebnisse vorgesehen.

Nur vier Kilometer vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt liegen die Elbbrücken: Ende 2021 einigte sich der Senat auf einen Rahmenplan für das umliegende, 80 Hektar große Gebiet. Alles zu den Plänen lesen Sie hier.

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