01.02.2022

Wettbewerbe

Molkenmarkt Berlin: Der älteste Platz wird umgestaltet

Bernd Albers Architekten und Vogt Landschaftsarchitekten gewinnen mit ihrem Entwurf

Bernd Albers Architekten und Vogt Landschaftsarchitekten gewinnen mit ihrem Entwurf

Der Molkenmarkt in Berlin soll neugestaltet werden. Nach dem Planungswettbewerb stehen nun zwei Gewinnerteams fest. Dazu zählen auch Vogt Landschaftsarchitekten. Was die Jury-Entscheidung nun für den Molkenmarkt bedeutet, lesen Sie hier.

Der Molkenmarkt in Berlin ist ein besonderer Ort für die Hauptstadt. Bereits vor der ersten Erwähnung Berlins bezeugen Quellen die Relevanz des Molkenmarktes als Handelsplatz. Die Stadt selbst betitelt ihn als Ort der Berliner Stadtgründung. Und er zählt als ältester Platz der Stadt. Die wechselhafte Geschichte der letzten Jahrhunderte hat ihn gezeichnet.

Der Molkenmarkt liegt in Berlin Mitte unweit der Spree.(Luftbild: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen)

Molkenmarkt in Berlin: Wettbewerbsgewinner*innen gehen in die zweite Runde

Bereits in den 1930er-Jahren fielen einige anliegende Gebäude dem Ausbau des Mühlendammes zum Opfer. Im zweiten Weltkrieg wurden dann beinahe alle noch umstehenden Häuser zerstört. Nur das Palais Schwerin und das Alte Stadthaus widerstanden den Angriffen. Nach den Kriegshandlungen überprägte der Umbau zur autogerechten Stadt den Molkenmarkt in Berlin. Seither bestimmen Fahrspuren und Verkehrskreuzungen das Bild dort. Eine Asphaltdecke hat sich über die Spuren der Geschichte gelegt. Das zentral in Berlin Mitte gelegene historische Stück Stadt soll zukünftig wieder zu einem lebendigen Quartier entwickelt werden. Dazu hatte die Stadt im vergangenen Jahr einen städtebaulichen Ideenwettbewerb ausgeschrieben und gleich zwei erste Preise vergeben.

Kurz vor Jahresende verkündete die Jury im Dezember die Entscheidung. Aus den zehn Teams, die an der Ausschreibung teilgenommen hatten, blieben am Ende zwei übrig. So verlieh die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einerseits dem Team um den Berliner Architekten Bernd Albers mit Vogt Landschaftsarchitektur aus Zürich einen ersten Preis. Andererseits erhielt auch das dänische Büro OS Arkitekter aus Kopenhagen gemeinsam mit Czyborra Klingbeil Architekturwerkstatt aus Berlin den Zuspruch. Der offene Wettbewerb hatte von Beginn an eine weitere Bearbeitungsphase vorgesehen. So verpflichteten sich die Büros mit ihrer Teilnahme im Falle einer Prämierung am anschließenden Werkstattverfahren mitzuwirken. Bereits im Februar steht der erste Termin für eine offene Bürgerwerkstatt an. Im April folgt dann das zweite öffentliche Beteiligungsverfahren. Dabei sind die Bürger*innen gefragt, ihre Bedenken und Anregungen vorzubringen. Im Abschlusskolloquium am Ende der zweiten Bearbeitungsphase wird die Jury sich dann endgültig entscheiden müssen. Das ausgewählte Projekt dient als Grundlage für die zukünftig geplante Umsetzung.

OS Architekter mit Czyborra Klingbeil Architekturwerkstatt – Radikal nachhaltig

Durch die weitere Ausarbeitung erhofft sich das Preisgericht eine eindeutige Tendenz. Die prämierten Entwürfe setzen auf unterschiedliche Konzepte sowie Gestaltungsprinzipien. Das Team um OS Architekter fordert einen modernen Ansatz. Sie wollen den Molkenmarkt in Berlin als klimaneutrales und innovatives Viertel radikal neu denken. Dabei stehen Überlegungen zur Nutzung alternativer Baumaterialien sowie die Entwicklung nachhaltiger Gebäudestrukturen im Vordergrund. Es entsteht ein nach außen durch große Baukörper gefasstes und dadurch eher geschlossenes Bild.

Der Entwurf von OS arkitekter und cka czyborra klingbeil architekturwerkstatt zeigt eine Blockrandbebauung bestehend aus kleineren Einheiten, die in Höhe und Form variieren. (Plan: OS arkitekter und cka czyborra klingbeil architekturwerkstatt)

Im Inneren entwickelt sich eine differenzierte Bebauung in Holzbauweise. Die historisch bedeutsame Ruine der Franziskaner Klosterkirche wird durch einen neu angelegten Kulturpfad für Fußgänger*innen mit dem Kulturstandort an der Alten Münze verbunden. Vor dem Alten Stadthaus entsteht analog ein sogenannter Kulturhof. Er schließt an den Kulturpfad an. So sollen die archäologischen Funde auf dem Areal integriert und erfahrbar werden. Neben den Straßen sowie Plätzen, die Fußgänger*innen und Radfahrer*innen vorbehalten sind, entstehen neue Grünflächen. Für die Freiraumqualität sind diverse Baumpflanzungen vorgesehen.

Entwurf von OS arkitekter und cka czyborra klingbeil architekturwerkstatt (Modell: Hans-Joachim Wuthenow)
Entwurf von OS arkitekter und cka czyborra klingbeil architekturwerkstatt (Modell: Hans-Joachim Wuthenow)
Entwurf von OS arkitekter und cka czyborra klingbeil architekturwerkstatt (Modell: Hans-Joachim Wuthenow)

Büro Albers mit Vogt – Historisch interpretiert

 

Die Büros Albers und Vogt verfolgen hingegen einen anderen Ansatz. Sie schlagen eine traditionelle Blockrandbebauung vor. Eine kleinteilige Parzellierung der Baublöcke erinnert an die Situation, wie sie historisch im Molkenmarkt-Viertel vorzufinden war. Der Entwurf zeichnet eine eher traditionelle Stadtvision und bildet daher einen klaren Kontrast zur Radikalität von OS Architekter.

Bernd Albers Architekten und Vogt Landschaftsarchitekten gewinnen mit ihrem Entwurf, der eine klassische Blockrandbebauung vorsieht. (Plan: Bernd Albers, Vogt Landschaftsarchitekten)

Am Jüdenhof sehen Albers und Vogt eine Varianz an Fassaden vor. Sowohl Neuinterpretationen als auch exakte Fassadenrekonstruktionen würde um das Bodendenkmal des Jüdenhofes entstehen. Der Ort soll als Denkmal jüdischen Lebens im Mittelalter in Szene gesetzt werden. Auch die ehemalige Französische Kirche wird als Bodendenkmal lesbar bleiben. Dazu schlägt der Entwurf vor, die Abmessungen des Kirchenschiffs als Innenhof nachzuzeichnen. Die beiden charakteristischen Höfe werden über einen Weg durch den gesamten Block verbunden. Das Büro Albers konnte in der Vergangenheit bereits an anderer Stelle in der Hauptstadt Erfahrungen sammeln. Die Architekt*innen realisierten Bauvorhaben am Stresemann-Quartier und am Potsdamer Platz.

Entwurf von Bernd Albers und Vogt Landschaftsarchitekten (Modell: Hans-Joachim Wuthenow)
Entwurf von Bernd Albers und Vogt Landschaftsarchitekten (Modell: Hans-Joachim Wuthenow)
Entwurf von Bernd Albers und Vogt Landschaftsarchitekten (Modell: Hans-Joachim Wuthenow)

Molkenmarkt in Berlin und seine vielen Gesichter

 

Für den Molkenmarkt bedeutet der Wettbewerb ein neues Gesicht. In den Entwurfsarbeiten waren klare Aussagen zur Art der Bebauung und Ausgestaltung der Erdgeschosszonen gefordert. Weiterhin ein Freiraumkonzept, das ökologische, nutzungsstrukturelle und denkmalpflegerische Anforderungen einbezieht. Bereits 1999 schrieb das viel diskutierte Planwerk Innenstadt fest, das Areal als Neuinterpretation des mittelalterlichen Stadtgrundrisses zu rekonstruieren. Der 2016 festgesetzte und weiterhin gültige B-Plan fußt auf einer Überarbeitung jenes Planwerks. Unter Berücksichtigung all dieser Vorgaben galt es, eine neue Identität für den Molkenmarkt in Berlin zu entwickeln. Eine Identität, welche durch Vielschichtigkeit geprägt ist. Das Quartier gilt als Nadelöhr des Verkehrs.

Gleichzeitig laufen vor Ort archäologische Ausgrabungen des Landesdenkmalamtes. Die Arbeiten der diversen Interessensgruppen bedeuten ein komplexes Gefüge an Eingriffen in die Stadtgestalt. Gesucht ist schließlich die Vision für ein Quartier, in dem man sich gerne aufhält. Dazu besitzen beide prämierten Projekte das Potential. Die Senatsverwaltung muss sich nun für eine Entwurfshaltung entscheiden, die zukünftig weiterverfolgt wird.

Die Siegerentwürfe des Ideenwettbewerbs können Sie zudem in einer digitalen Ausstellung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sichten. Zur Ausstellung geht es hier.

Sieben Kilometer von dem Molkenmarkt in Berlin entfernt liegt das Areal Hertzallee Nord. Dort sollen die Siegerentwürfe des Ideenwettbewerbs 2011 nun umgesetzt werden. Mehr zu den Plänen für das neue Quartier „Hertzallee Nord Berlin“ lesen Sie hier.

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