27.09.2023

Gesellschaft

Großraum London: Jetzt Ultra Low Emission Zone

London möchte anhand der Umweltzone sowie mithilfe der Congestion Charge die Luft- und Lebensqualität in der Stadt verbessern. Foto: David Hawgood, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia
London möchte anhand der Umweltzone sowie mithilfe der Congestion Charge die Luft- und Lebensqualität in der Stadt verbessern. Foto: David Hawgood, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia

Die britische Hauptstadt hat ihre Ultra Low Emission Zone auf alle Stadtbezirke ausgeweitet. Das bedeutet, dass in Zukunft fast 700 000 Fahrzeuge, die derzeit nach London fahren, nicht mehr in die Stadt gelassen werden, wenn sie nicht strenge Umweltstandards erfüllen. Lesen Sie mehr über die Ausweitung der Zone und die damit verbundene Kritik.


Senkung der Emissionen von Einzelfahrzeugen in ganz London

Seit dem 28. August 2023 ist ganz London eine Ultra Low Emission Zone (ULEZ). Das bedeutet, dass nur Fahrzeuge, die bestimmte Emissionsstandards erfüllen, kostenlos in die Hauptstadt einfahren dürfen. Rund 690 000 Fahrzeuge, die regelmäßig auf Londons Straßen unterwegs sind, erfüllen diese Anforderungen nicht und müssen 12,5 GBP pro Tag (rund 14,5 Euro) zahlen. Die Strafzahlung beträgt 180 GBP. Diese Regeln gelten auch für Tourist*innen, weshalb es wichtig ist, den Online-ULEZ-Checker zu benutzen, wenn Sie nach London fahren.

Als London im Jahr 2019 seine Ultra Low Emission Zone einführte, war es die erste Stadt, die dies tat. Zunächst umfasste die Zone rund 21 Quadratkilometer im Zentrum Londons. Im Oktober 2021 wurde sie auf fast 400 Quadratkilometer ausgeweitet und umfasst nun den gesamten Großraum London. Das Hauptziel der ULEZ ist die Senkung der Emissionen des motorisierten Individualverkehrs, zum Beispiel von Personenkraftwagen. Mit dieser Maßnahme hofft der Londoner Bürgermeister, Anreize für den Umstieg auf weniger umweltschädliche Autos und andere Verkehrsmittel zu schaffen.

Autos, die den ganzen Tag über geparkt bleiben, emissionsfreie Fahrzeuge, Elektro- und Hybridfahrzeuge, einige historische und besondere Fahrzeuge sowie Londoner*innen mit einer Behinderung sind von der ULEZ-Gebühr befreit.

Seit August gilt in ganz London die Ultra Low Emission Zone: Wessen Auto nicht ausreichend umweltfreundlich ist, muss fortan 12,50 Pfund zahlen, um in die Stadt zu fahren. Bildquelle: citytransportinfo, CC0, via Wikimedia Commons
Seit August gilt in ganz London die Ultra Low Emission Zone: Wessen Auto nicht ausreichend umweltfreundlich ist, muss fortan 12,50 Pfund zahlen, um in die Stadt zu fahren. Bildquelle: citytransportinfo, CC0, via Wikimedia Commons

ULEZ hat die Luftverschmutzung im Zentrum Londons bereits halbiert

Als Antwort auf die Kritik an der ULEZ-Ausweitung erklärte Londons Bürgermeister Sadiq Khan, dass alle Londoner*innen ein Recht auf saubere Luft hätten – nicht nur die Bewohner*innen der Innenstädte. Der Bürgermeister gehört der sozialdemokratischen Labour-Partei an. In einem Gespräch mit der BBC erklärte Khan, die ULEZ sei keine Anti-Auto-Politik. Ihm zufolge erfüllen rund 90 Prozent aller Fahrzeuge in London bereits die Emissionsvorschriften, was bedeutet, dass sie die Straßen der Stadt kostenlos befahren dürfen. Außerdem versprach er, 160 Millionen Pfund für die Nachrüstung von Autos zur Verfügung zu stellen.

Es gibt zahlreiche Studien, die die positiven Auswirkungen und die Wirksamkeit von Umweltzonen nachgewiesen haben. Diese Zonen verringern die Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung der Luft. Darüber hinaus haben sie das Potenzial, Verkehrsstaus und die Gesamtemissionen des Verkehrs zu verringern und gleichzeitig den Umstieg auf öffentliche und aktive Verkehrsmittel wie Gehen und Radfahren zu fördern.

Zahlen der Regierung zeigen, dass die Luftverschmutzung im Vereinigten Königreich jedes Jahr bis zu 36 000 vorzeitige Todesfälle verursacht, etwa 4 000 davon in London. Luftreinhaltezonen sind eines der wirksamsten Instrumente zur Bekämpfung der Luftverschmutzung – die ULEZ hat die Luftqualität in ihrem Gebiet bereits erheblich verbessert: Einem Bericht zufolge hat sie die toxische Luftverschmutzung im Zentrum Londons bisher um fast die Hälfte reduziert.

Die ULEZ hat die Luftverschmutzung im Stadtinneren bereits halbiert. Bildquelle: Unsplash
Die ULEZ hat die Luftverschmutzung im Stadtinneren bereits halbiert. Bildquelle: Unsplash

Streit um grüne Themen

Verkehrsminister Mark Harper von der konservativen Tory-Partei warf Khan vor, mit der ULEZ Geld zu verdienen, um die beträchtliche Verschuldung Londons zu bekämpfen. Andere Mitglieder der konservativen Partei haben die finanziellen Auswirkungen dieser Regelung für Autofahrende kritisiert, insbesondere angesichts der anhaltenden Lebenshaltungskostenkrise.

Die Umweltzone war jedoch eine Idee des ehemaligen konservativen Londoner Bürgermeisters Boris Johnson. Er beschloss, die ULEZ einzuführen. Als Khan im Jahr 2016 Bürgermeister wurde, begann er mit der Umsetzung der Zone. Beobachter*innen gehen davon aus, dass die Tories die Ausweitung der ULEZ als Teil ihrer Strategie kritisieren, um für die nächsten Parlamentswahlen, die für 2024 geplant sind, Stimmen von Autofahrer*innen zu gewinnen. Aktuellen Umfragen zufolge liegt Labour in den Umfragen vorn.

Bisher haben die Anwohnenden wiederholt gegen die ULEZ-Ausweitung protestiert. Rund 300 Kameras wurden in den letzten Monaten zerstört oder gestohlen. „Es ist klar, dass die Besessenheit der Konservativen von Londons ULEZ nichts mit sden Vorzügen oder Nachteilen des Systems zu tun hat, sondern mit ihren verzweifelten Versuchen, sich an die Macht zu klammern, indem sie versuchen, grüne Themen zu einer Waffe zu machen“, sagte Khan dem Guardian.


Hunderte von Umweltzonen in Europa

Schätzungen zufolge werden rund fünf Millionen Londoner*innen mehr saubere Luft atmen. Darüber hinaus wird die ULEZ dazu beitragen, den Klimawandel und die Verkehrsüberlastung zu bekämpfen. London ist auch eine der Städte mit dem besten öffentlichen Nahverkehr in Europa. Allerdings kämpft die Stadt auch mit Staus, wie die Global Traffic Scorecard zeigt. Sadiq Khan hofft, dass die ULEZ in Kombination mit der Staugebühr (Congestion Charge, 15 GBP pro Tag für das Befahren bestimmter Zonen während der Hauptverkehrszeiten) diese Probleme lindern wird.

Umweltzonen werden immer beliebter. Im Jahr 2025 könnte es in Europa mehr als 500 solcher Zonen geben, da sich immer mehr Städte dazu verpflichten, eine Netto-Null-Emission zu erreichen und ihre Luftqualität zu verbessern. Gegenwärtig gibt es mindestens 320 Umweltzonen, mehr als die Hälfte davon in Italien. Auch in Deutschland gibt es eine große Zahl solcher Zonen, während Spanien und Frankreich derzeit noch nicht so weit sind, aber ehrgeizige Pläne für die Einführung von Zonen bis 2025 haben.

Die Strenge der Umweltzonen ist unterschiedlich, aber die Erfahrung zeigt, dass sie funktionieren. Die Zonen sind besonders wirksam bei der Reduzierung der lungenschädlichen PM2,5-Feinstaubpartikel. Städte in Frankreich, Dänemark, Norwegen und den Niederlanden haben sich verpflichtet, in den nächsten Jahren Null-Emissionszonen einzurichten, und auch London liebäugelt mit dieser Idee.

Weiterlesen: London ist unter anderem für seinen guten öffentlichen Nahverkehr bekannt – die Oystercard ist inzwischen 20 Jahre alt.

Scroll to Top