12.07.2022

Wettbewerb

Weißenhofsiedlung IBA’27 – 1. Platz gekürt

Der Lageplan der Weißenhofsiedlung zeigt die neue Platzsituation vor dem Empfangsgebäude anlässlich der IBA'27. (Entwurf: Schmutz & Partner mit Scala und Pfrommer + Roeder, alle Stuttgart)
Die Sieger*innen des Wettbewerbs zur Weissenhofsiedlung IBA27 stehen fest: Der erste Preis ging an die Arbeitsgemeinschaft Schmutz & Partner. Der Lageplan © (Entwurf: Schmutz & Partner mit Scala und Pfrommer + Roeder, alle Stuttgart)

Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart feiert 2027 ihr 100-jähriges Jubiläum. Grund, für die Landeshauptstadt Stuttgart, das Land Baden-Württemberg sowie die IBA’27 Stuttgart einen offenen internationalen Ideenwettbewerb auszuloben. Die beste Antwort auf die Frage „Wie sieht das große Bild für die nächsten 100 Jahre aus?“ kam von der Arbeitsgemeinschaft Schmutz & Partner Freie Architekten Innenarchitekten PartG mbB mit Scala Freie Architekten Stadtplaner und Pfrommer + Roeder GbR. Wir verraten, was Sie über das Projekt der Erstplatzierten wissen sollten.

Wettbewerb Weißenhofsiedlung ist entschieden

Es ist eine namhafte Nachbarschaft, in welcher der Wettbewerb Weißenhof ausgetragen wurde. Das 1927 vom Deutschen Werkbund errichtete Areal erlangte weltweite Bekanntheit. Der Werkbund hatte durch sein Verständnis des Neuen Wohnens Maßstäbe gesetzt. Genau 100 Jahre später findet nun wieder die internationale Bauausstellung in Stuttgart statt – die IBA’27 Stuttgart. Folglich lobte die Stadt Anfang des Jahres den Weißenhofsiedlung Wettbewerb 2027 aus. Nun prämierte die Jury die besten Entwürfe. Dabei vergab das Preisgericht insgesamt fünf Preise. Weiterhin zwei Anerkennungen. Als Erstplatzierte konnte sich die Arbeitsgemeinschaft Schmutz & Partner Freie Architekten Innenarchitekten PartG mbB mit Scala Freie Architekten Stadtplaner und Pfrommer + Roeder GbR durchsetzen. Die Büros haben ihren Sitz in Stuttgart. Somit dürfte es eine besondere Ehre sein, an diesem bedeutsamen Ort der eigenen Stadt zu wirken. Ziel des Wettbewerbs war es, eine zeitgemäße städtebauliche Entwicklung für die Weißenhofsiedlung samt Umfeld zu finden. Zum Jubiläum sollen die Zukunftsvisionen realisiert werden.

Der Lageplan der Weißenhofsiedlung zeigt die neue Platzsituation vor dem Empfangsgebäude anlässlich der IBA'27. (Entwurf: Schmutz & Partner mit Scala und Pfrommer + Roeder, alle Stuttgart)
Lageplan © Entwurf: Schmutz & Partner mit Scala und Pfrommer + Roeder, alle Stuttgart

Komplexe Wettbewerbsaufgabe im Bestand

Die Aufgabe ist dabei durchaus komplex. Das Ensemble ist denkmalgeschützt. Folglich dürfen die Bauten nicht verändert werden. Gleichzeitig ist die Siedlung dem erwarteten Besucher*innenansturm bei der IBA nicht gewachsen. Andreas Hofer, Intendant der IBA’27, spricht sowohl von logistischen als auch baukulturellen Herausforderungen. Weiterhin betont er, dass die Entwicklung des Weissenhof-Areals für alle Beteiligten eine Herzensangelegenheit sei. Der Wettbewerb wurde international ausgelobt. Tatsächlich schafften es aber vor allem lokale Planungsbüros in die engere Auswahl. Allen voran Schmutz & Partner und Co. Denn ihnen gelang es, die kleinteiligen Strukturen der Weißenhofsiedlung mit einer großzügigen Empfangssituation zusammen zu bringen. Dabei spielte der Einbezug des Umfeldes eine wesentliche Rolle. Für die angrenzende Akademie der Bildenden Künste ist eine Erweiterung durch ein Empfangs- sowie Besucher*innenzentrum vorgesehen. So wird ein neuer Ankunftspunkt Orientierung am Killesberg schaffen. Durch diesen Ansatz überzeugte der Entwurf. 

Mehr zur Werkbundsiedlung, ihrer Geschichte dem Ideenkonzept sowie den 17 Architekten erfahren Sie bei unseren Kolleg*innen des BAUMEISTER: Weißenhofsiedlung Stuttgart.

Die Visualisierung zeigt eine baumbestandene Platzsituation mit Stufen
Visualisierung des Empfangs- und Besucherzentrums © Entwurf: Schmutz & Partner mit Scala und Pfrommer + Roeder, alle Stuttgart

Entwicklung im Sinne des Genius loci der Weissenhofsiedlung

Nach der Prämierung stehen nun weitere Debatten an. Andreas Hofer hält den prämierten Entwurf für eine gute Basis. An die Jury-Entscheidung werden freiräumliche, ökologische, vernehmliche sowie denkmalpflegerische Diskussionen anschließen. So soll aus dem historischen Bestand und den neuen Bausteinen ein sinniges Gefüge entstehen. Prof. Kai Fischer, Leiter der Abteilung Vermögen und Hochbau im Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, spricht von einer Fortschreibung des genius loci. Auch Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt bei der Landeshauptstadt Stuttgart, ist überzeugt, mit dem erstplatzierten Entwurf die passende Vision gefunden zu haben. Insbesondere der öffentliche Raum wird zukünftig eine wesentliche Rolle spielen. Durch die Einführung einer Anlieger*innen-Regelung an der südlichen Zufahrt Am Weißenhof, kann sich ein Platzcharakter etablieren. Ein angrenzender Boulevard gibt überdies spannungsvolle Blicke in den Talkessel frei. Auch innerhalb der Bestandssiedlung werden neue Sichtbeziehungen inszeniert. Eine Wegeverbindung an der Nordseite des LeCorbusier-Doppelhauses generiert spannende Blickbezüge. 

Empfangsgebäude als Gelenkpunkt

Durch die Reduzierung des Straßenquerschnitts ergeben sich boulevardhafte Erweiterungen im Stadtraum. Weiterhin entsteht vor der Brenzkirche ein ausgeweiteter Vorplatz. Die größte Baumaßnahme des Projektes stellt der Neubau an der Nordwestecke des Akademiegeländes dar. Ein Gebäuderiegel entlang der Altbauerweiterung wird den bisherigen Keramik- und Bildhauerbau ersetzen. Darüberhinaus dienen mit Glas überdachte Zwischenbereiche als Kommunikationsorte.

Auch der sechsgeschossige Neubau für die Fachgruppe Wissenschaft spielt mit der Kombination aus geschlossen und offenen Räumen. So erhält der Komplex öffentliche sowie halböffentliche Bereiche. Als wichtigstes Gelenk zwischen Stadt, Siedlung und Akademie wird das Empfangsgebäude fungieren. Dafür entsteht ein stufenförmiger, überdachter Eingangsbereich, der zur Stadt hin als Attraktor lockt. Das Gebäude selbst wird mit transparenten Fassaden gestaltet. So wirkt die Weißenhofsiedlung in den Innenraum ein. Vier Aussichtsplateaus dienen zum Aufenthalt und können überdies als Experiemtierflächen genutzt werden. Das Empfangsgebäude dient als offene Anlaufstelle für Besucher*innen, besonders anlässlich der IBA’27. Gleichzeitig gelingt damit ein sanfter Übergang zum intimeren Akademiebereich. 

Der Schnitt zeigt das abgetrennte Empfangsgebäude und den Neubau auf dem Akademiegelände
Schnitt: Empfangsgebäude - Platz Campus - Atrium Neubau © Entwurf: Schmutz & Partner mit Scala und Pfrommer + Roeder, alle Stuttgart

Spannender Prozess zur IBA’27 steht an

Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs war keine einfache. Denn ein respektvoller Umgang mit dem Bestand der Weißenhofsiedlung war gefordert. Darüberhinaus galt es, einen zukunftsweisenden, innovativen Funken zu entfachen. 35 Teams aus acht Ländern stellten sich schließlich der Herausforderung. Folglich hatte das Preisgericht unter Vorsitz von Prof. Dörte Gatermann eine Vielfalt an Arbeiten zu bewerten. Der Entwurf von Schmutz & Partner und Co. reagierte auf die heterogene Bestandssituation selbstbewusst, aber angemessen. Der Arbeitsgemeinschaft gelang es laut Jury, an den richtigen Orten bauliche Akzente zu setzen. Auch die Aufwertung des öffentlichen Raumes durch neue Platzbereiche, inszenierte Aussichtspunkte, Stadtbalkone, Bänke sowie Baumgruppen überzeugte.

Durch den Ideenwettbewerb ist nun die städtebauliche Grundlage für nachfolgende Bauvorhaben geschaffen. 100 Jahre nach Errichtung der Weißenhofsiedlung Stuttgart wird sich diese durch das Wettbewerbsergebnis weiterentwickeln. Als Orientierung dient der historische Geist von damals. Die Implementierung der neuen Ideen stößt einen spannenden Prozess an. 

Ein weiteres IBA’27 Projekt ist übrigens das Postareal Böblingen. Alles was Sie zum Siegerentwurf vom Büro Gutiérrez aus Madrid in Zusammenarbeit mit UTA Architekten und Stadtplaner aus Stuttgart wissen müssen, erfahren Sie hier.

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